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Matschoß und die TH Köln

Vor 150 Jahren wurde Conrad Matschoß geboren. Was verbindet den Wegbereiter der Technikgeschichte mit der TH Köln?

Conrad Matschoß Conrad Matschoss (1871-1942) war Ingenieur, Hochschullehrer, Technikhistoriker, Publizist und Direktor des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI). 1901 erschien seine "Geschichte der Dampfmaschine". (Bild: gemeinfrei)

Am 9. Juni 2021 jährt sich der Geburtstag von Conrad Matschoß zum 150. Mal. Was verbindet den Wegbereiter der Technikgeschichte als wissenschaftlicher Disziplin mit der Technischen Hochschule? Er war fast acht Jahre – vom Wintersemester 1898/99 bis zum Sommersemester 1906 – Lehrer an den Vereinigten Maschinenbauschulen in Köln, den Vorläuferinstituten der TH Köln. In diese Zeit fallen die Arbeiten an seinen beiden Hauptwerken zur Geschichte der Dampfmaschine.

Conrad Matschoß wurde am 9. Juni 1871 in Neutomischel, Provinz Posen, geboren. Sein Vater war dort als lutherischer Pfarrer tätig, seine Mutter war die Tochter eines Dampfmühlenbesitzers. Nach dem Gymnasium absolvierte er ein „Volontariat“ bei einer Maschinenfabrik in Görlitz. In einer Abschrift seines Zeugnisses heißt es: „Der Volontär C. Matschoß war vom 9. April 1890 bis 9. Sept. 1891 in meiner Werkstatt behufs Erlernung der Maschinenschlosserei beschäftigt“. Mit dem Wintersemester 1891/92 begann er das Studium des Maschinenbaus an der Technischen Hochschule Hannover, das er am 5. Dezember 1894 mit der „Diplom-Fach-Prüfung“ abschloss.

Danach war Matschoß vom 15. August 1895 bis zum 1. April 1897 bei der Gebrüder Körting oHG in Hannover in der Gasmotorenabteilung beschäftigt, wobei seine Arbeiten „sowohl technischer wie kaufmännischer Natur“ waren, wie es im Zeugnis heißt. Unmittelbar anschließend ging Matschoß nach Hildburghausen, im südlichen Thüringen, um eine erste Tätigkeit als Lehrer aufzunehmen. Zwei Semester lehrte er am Technikum des Ortes Maschinenbau und Elektrotechnik.

Lehrer an den Maschinenbauschulen in Köln

Ende Mai 1898 bewarb sich Matschoß „auf ein Inserat in der Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure … um die ausgeschriebene Lehrerstelle“ in Köln. Er befand sich zu dieser Zeit in einer ungekündigten Stellung bei Siemens & Halske in Berlin in der Abteilung für elektrische Bahnen und bat um eine entsprechend vertrauliche Behandlung seiner Bewerbung. Da es zu jener Zeit sehr schwierig war, beglaubigte Abschriften seiner Zeugnisse zu erhalten, bot er einige Referenzen an, darunter einen seiner Professoren von der Hochschule Hannover und einen leitenden Ingenieur von Körting.

Die Bewerbung war an Friedrich Romberg gerichtet, den Gründer und Direktor der „Gewerblichen Fachschule der Stadt Köln“, ursprünglich am Kolumbakirchhof. In enger Verbindung mit der Kölner Industrie und den technischen Vereinen, unter anderem dem Verein Deutscher Ingenieure, baute Romberg ab 1879 daraus ein mehrzügiges Institut auf. Ab 1886 erfolgte der Unterricht in einem Gebäude am Salierring in Form einer „Technischen Mittelschule“ und ab 1904 am Ubierring als „Höhere Maschinenbauschule und Maschinenbauschule“, auf der in fünf Semestern Ingenieure und in vier Semestern „mittlere Techniker“ ausgebildet wurden. Darüber hinaus bot das Institut mit weiteren Lehrgängen Fachkurse für verschiedene technische Berufe an.

Bis 1903 war die Stadt Köln der Träger der Maschinenbauschulen. Im selben Jahr erfolgte eine Verstaatlichung, mit der die Schulen dem Ministerium für Handel und Gewerbe in Berlin unterstellt wurden. Unverändert stand der Leitung des Institutes, die Romberg bis 1914 inne hatte, ein Kuratorium zur Seite, das mit namhaften Persönlichkeiten aus der Kölner Industrie besetzt war. Dazu gehörte unter andern der Generaldirektor (Vorsitzender des Vorstandes ab 1919) der Gasmotoren-Fabrik Deutz, Dr. Dr.-Ing. e.h. Arnold Langen (1876 – 1947). Nach der Verstaatlichung wurde das Institut unter der Bezeichnung „Staatliche Vereinigte Maschinenbauschulen“ geführt.

Matschoß erhielt die Anstellung und konnte im Wintersemester 1898/99 seine Lehrtätigkeit an den Gewerblichen Fachschulen in Köln aufnehmen, nachdem der am 20. Oktober 1898 mit dem Oberbürgermeister der Stadt Köln geschlossene Vertrag die Zustimmung des Ministeriums für Handel und Gewerbe in Berlin erhalten hatte. Er war zu wöchentlich bis zu 26 Unterrichtstunden verpflichtet. Zu Überstunden war er ebenfalls grundsätzlich verpflichtet, die jedoch zusätzlich honoriert wurden. Vertretungen für verhinderte Kollegen waren für zwei Wochen unentgeltlich zu übernehmen. Soweit einige Details aus seinem Arbeitsvertrag.

Der Minister für Handel und Gewerbe ernannte Matschoß und vier weitere Lehrer an den inzwischen als „Vereinigte Maschinenbauschulen“ geführten Instituten, wie einem Schreiben des Ministeriums an den Regierungspräsidenten in Köln zu entnehmen ist, 1903 zu Oberlehrern.

Die Geschichte der Dampfmaschine

Wann Matschoß begann, sich mit historischen Fragen der Technik zu beschäftigen, ist nicht überliefert. Während seiner Kindheit standen für mechanische Antriebe außer den atmosphärischen Motoren der Gasmotoren-Fabrik Deutz, die 1867 auf den Markt kamen und einigen weniger verbreiteten Konstruktionen, nur Dampfmaschinen zur Verfügung. Da sein Großvater mütterlicherseits eine dampfbetriebene Mühle hatte, darf man davon ausgehen, dass er schon früh Begegnungen mit deren Technik hatte, die dann auch seinen Berufswunsch beeinflusst haben dürfte, Maschinenbau zu studieren und nicht wie sein Vater, Theologe zu werden. Jedenfalls hatten die Dampfmaschine und ihr Umfeld spätestens in Köln für ihn eine solche Bedeutung erlangt, dass er sich mit ihrer Geschichte beschäftigte und dazu umfassend zu recherchieren begann. Das Ergebnis war die 1901 im Verlag von Julius Springer in Berlin erschienene „Geschichte der Dampfmaschine, Ihre kulturelle Bedeutung, technische Entwicklung und ihre großen Männer“, die bis heute ein Standardwerk zur Entwicklung der Dampfmaschine ist. Das gilt auch wenn Matschoß wenige Jahre später zum selben Thema eine weitaus ausführlichere zweibändige Ausgabe mit dem Titel „Die Entwicklung der Dampfmaschine, Eine Geschichte der ortsfesten Dampfmaschine und der Lokomobile, der Schiffsmaschine und der Lokomotive“ 1908 folgen ließ.

Ob Matschoß für die Veröffentlichung von 1901 schon eine Beurlaubung von seiner Lehrtätigkeit erhalten hatte, geht aus den überlieferten Quellen nicht hervor. Auf jeden Fall muss sie einen erheblichen Eindruck auf maßgebliche Personen gemacht haben, dass er in den folgenden Jahren für seine Recherchen zur ausführlichen zweiten Veröffentlichung mehrfach beurlaubt wurde. Beleg dafür ist ein Schreiben des Regierungspräsidenten von Köln an Conrad Matschoß vom 9. Mai 1905, in dem er ihm mitteilt, dass der Minister für Handel und Gewerbe ihm „zur Fertigstellung der Geschichte der Dampfmaschine einen weiteren Urlaub vom 1. Oktober des Jahres bis dahin 1906 … gewährt.“ Diesen Urlaub schöpfte er allerdings nicht mehr voll aus, da er schon zum 31. März 1906 aus dem Schuldienst der Vereinigten Maschinenbauschulen entlassen wurde.

Die Vorarbeiten für die zweibändige Ausgabe zur Dampfmaschinengeschichte erfolgten alle noch während der Kölner Zeit parallel zu seiner Lehrtätigkeit an den Maschinenbauschulen.

Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI), dessen Mitglied Matschoß vermutlich 1896 wurde (sein Name taucht erstmals im Mitgliederverzeichnis von 1896 auf), hatte schon seine Arbeiten an der „Geschichte der Dampfmaschine“ gefördert. Mit seinem Wechsel zum VDI nach Berlin von 1906, dessen Direktor er 1916 wurde, und dem Lehrauftrag für „Geschichte der Maschinentechnik“ der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg von 1909, bekam sein Einsatz für die Technikgeschichte eine breite Basis.

Am Untertitel der „Geschichte der Dampfmaschine“ ist schon erkennbar, welche Bedeutung technikgeschichtliches Arbeiten für ihn hatte und welche Forderungen er damit verband. Für ihn war die Technik ein Teil der Kultur, sie stand für ihn nicht wie für viele seiner Zeitgenossen in einem Gegensatz dazu. Ein weiterer wichtiger Punkt war in diesem Zusammenhang, dass er die Geschichte der Technik nicht begrenzt sah mit dem Blick auf die technischen Produkte, ihre Anwendungen und ihre Leistungen, sondern auch die Personen betrachtet wissen wollte, die hinter ihnen standen und die damit befassten Unternehmen.

Matschoß beklagt das geringe Interesse an der Technikgeschichte wenn er schreibt; „Die technischen Werkzeuge der Steinzeit werden sorgfältig in unseren Museen gesammelt. Von der Geschichte der Technik des 18. und 19. Jahrhunderts will man nichts wissen. Hier kann nur der Ingenieur selbst Wandel schaffen. Er muß die Geschichte seiner Kunst schreiben. Es gibt niemanden, der ihm das abnehmen kann, weil nur in dem innigsten Zusammenhang mit der Technik sich die Geschichte der Technik schreiben läßt.“ Diese und zahlreiche ähnlich lautende Äußerungen haben ihm von Seiten der Historiker der allgemeinen Geschichte den Vorwurf eingebracht, nur Technikgeschichte im engeren Sinne zu betreiben. Matschoß war jedoch alles andere als ein Autor der Geschichte der „Muttern- und Schraubenkunde“, wie die Technik gelegentlich abfällig bezeichnet wird, wenn es um technische Details geht.

Ihm ging es in allen seinen technikgeschichtlichen Publikationen um die Darstellung der Bedeutung der Technik für die Menschen, die in der allgemeinen Geschichtsschreibung für ihn viel zu wenig erkennbar war. So geht er nicht nur  darauf ein, dass Dampfschiffe und Lokomotiven, Telegraf und Telefon „Raum und Zeit“ in „früher nie gekanntem Maße“ verringern, sondern welche Bedeutung die Technik auch für die geistige Tätigkeit und die tägliche Information hat, wenn er schreibt: „… und das gedruckte Wort wird durch die Verkehrsmittel erst zu größter Wirkung gebracht“.

Dieser Text ist ein Auszug aus einer umfassenden Veröffentlichung von Hans-Jürgen Reuß zum 150. Geburtstag von Conrad Matschoß, nachzulesen unter www.pr-reuss.de, dort unter „Dokumente“.

Mai 2021

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