Cologne Institute of Conservation Sciences

Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft

Prof. Hans Dietmar Portsteffen

Privater Kontakt

Ein Abschied - Professor Hans Portsteffen im Ruhestand

Hans Portsteffen bei der Vorlesung (Bild: Stefan Belishki, Sofia )

Nach 25 Jahren geht meine Zeit an der TH Köln im September zu Ende - Zeit für einen Rückblick.


Seit dem 1.7.1994  begleite ich zunächst als Fachlehrer und ab 2002 als Nachfolger von Prof. Nicolaus auf dem Lehrstuhl Gemälderestaurierung Studierende durch das Studium. Mein erstes Projekt beim Start an der TH (damals noch FH) war der Umzug der Studienrichtung Gemälde/Skulptur von der Claudiusstrasse zum Ubierring mit der damit verbundenen Planung und Einrichtung der neuen Werkstatträume. Dafür musste nicht nur der riesige Vakuumheiztisch zersägt und umgebaut werden, die neuen Räume benötigten auch eine angemessene Ausstattung (Mobiliar, Depoteinrichtung, Spritzraum, Technisches Equipment, Mikroskopie, Fotografie etc.), um mit den Studierenden auf gutem Niveau Restaurierungsprojekte realisieren zu können.

Es war immer mein besonderes Anliegen, die Studierenden zur konkreten Planung und Durchführung  von Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten am Objekt anzuleiten und dabei den wichtigen Schritt von der Untersuchung und Zustandsdokumentation zur praktischen Umsetzung des Behandlungskonzeptes zu realisieren. Dabei konnten im Lauf der Zeit größere Sammlungsbestände aus Privatbesitz restauriert werden, so die Sammlung Waltjen/Bochum mit den großartigen Gemälden von Wilhelm Wöller (1907-1954) und die  Sammlung Willers mit den Gemälde von Grete Willers, einer Künstlerin, die mit Picasso und Braque in Paris arbeitete. Skulpturen und Gemälde aus der Sammlung Reiners sowie Werke von Sigwart Sprotte waren lange Gast in den Ateliers. Ein besonderer Höhepunkt war die Restaurierung der Mumienmasken und -särge der Sammlung des Instituts für Altertumswissenschaft der Universität Rostock. Diese Projekt- und Künstlernamen sind etlichen Studierendengenerationen aus der Atelierpraxis vertraut. Mit der Zeit gelang es auch, zahlreiche Kunstwerke durch Schenkung in den Bestand der Studienrichtung zu übernehmen. Diese „Probierstücke“ erweiterten die Möglichkeiten, Praxis zu realisieren.

Zur eigentlichen Atelierpraxis kamen Leitung und Durchführung von Praxisblöcken in Museen, bei denen unterschiedliche Schwerpunkte vertieft werden konnten, wie die Hängung der Deutschen Barockgalerie in Augsburg, die Vorbereitung der Neuaufstellung von Skulpturen im Maximilianmuseum Augsburg, die Untersuchung von Lackkunst für den Katalog des Lackmuseums in Münster, technologische Kurzcharakterisierung von Gemälden für den Bestandskatalog der Kunsthalle Bremen, Fassungskonservierung im Museum alter Plastik, Eisenach. Neben der Atelier- und Museumserfahrung ist die Arbeit vor Ort in der denkmalpflegerischen Praxis ein wichtiges Anliegen gewesen. Relevante Erfahrung beginnt hier mit der Einrichtung einer Objektbaustelle mit Gerüst, Licht und Equipment. Von der Untersuchung bis hin zur Fertigstellung waren es vor allem Retabel, denen dabei mein besonderes Interesse galt. Hier sind zu nennen die Durchführung der Praxisblöcke zur technologischen Untersuchung und Konservierung des Hochaltares in Klausen (Antwerpener Retabel mit Flügeltafeln des Meisters der Darmstädter Passion), das Retabel aus Treis-Karden, heute im Landesmuseum Trier, die Retabel in St. Mathias, Hohenbudberg, der wandfeste Gemäldezyklus in der Schloßkapelle Myllendonk sowie die Leitung und Durchführung der Praxisblöcke in St. Marien in Bonn. In dieser Kirche konnte im Lauf von 10 Jahren die gesamte polychrome neogotische Ausstattung der Kirche, darunter drei Retabel, die Kanzel, die Kommunionbank und die Kreuzwegstationen restauriert werden.

Zusammen mit Andreas Krupa gründete ich den International Conservation Workshop Lopud (ICWL) mit Kollegen der Hochschulen Antwerpen, Brüssel, Dubrovnik und Split. Im Lauf der Jahre restaurierten Studierendengruppen aus diesen Hochschulen in ca. 20 zweiwöchigen Workshops auf der kroatischen Insel Lopud 4 frühbarocke Retabel mit Gemälden und polychromer Ausgestaltung.
Bei der Nennung dieser Orte oder Objekte wird es den Studierenden sicher in den Ohren klingeln, denn die Mitarbeit bei diesen Projekten und Arbeitsphasen, die Begegnungen und Erfahrungen haben sich sicher eingeprägt und haben vielleicht auch die restauratorische Haltung beeinflusst.
Das „Steckenpferd“ Röntgenuntersuchung von Kunstwerken konnte ich zusammen mit Andreas Krupa ausgehend von der analogen, auf Negativfilm realisierten Durchführung im Lauf der Zeit weiterentwickeln. Nach der zwischenzeitlichen Anschaffung der Festspeichertechnik mit Zeilenscanner konnte mit selbst erwirtschafteten Drittmitteln kürzlich eine topaktuelle, voll digitale mobile Anlage beschafft werden, mit der das Institut weiterhin im „Röntgenkeller“ und vor allem vor Ort Kunstwerke erforschen kann. Von Giacomettis „femme au chariot“ im Duisburger Lehmbruckmuseum über Rubens im Siegerlandmuseum bis zu niedersächsischen Retabelflügeln im Landesmuseum Hannover und der Stuckdecke im Prämonstratenserkloster Park in Löwen/Belgien reicht das Spektrum untersuchter Werke.
Auch in den Forschungsprojekten Ledertapeten (DBU), Maltechnik des Impressionismus (Rheinenergie) und Terahertz (DBU) stand die Einbindung der Studierenden im Vordergrund. Diese Projekte gelangen in fruchtbarer Kooperation mit Partnern, so mit dem großartigen Impressionistenteam mit Iris Schaefer, Caroline von Saint George und Katja Lewerentz vom WRM oder zuletzt bei Terahertz mit der Forschungsgruppe Prof. Dr. Koch von der Philipps-Universität Marburg und Naja Staats.
Zur Lehre gehörte auch die Leitung und Durchführung von Praxisblöcken zur Rekonstruktion historischer Techniken, insbesondere Vergoldungs- und Fasstechniken wie die Rekonstruktion von lackierten Marmorierungen.

Zahlreiche Exkursionen zum Thema Museumskunde, Retusche und Rekonstruktion in Museen der Region und zu Architektur wurden bereichert durch die aktive Bereitschaft von Alumni, Studierende in ihren Werkstätten zu führen und Erfahrungen weiterzugeben. Hier danke ich Iris Schaefer (WRM), Marion Korb (Bundeskunsthalle), Christina Nägler (Kolumba) und Stephanie Lüeersen (Rautenstrauch Joest Museum). Zur Kenntnis der internationalen Restaurierungsszene führten Exkursionen nach London, Antwerpen, Brüssel, Wien, München, sowie zum bayrischen Barock. Viele werden sich an die regelmässigen Erstsemesterexkursionen erinnern: so ging es nach  Büttgenbach/Monschau, Trier, Essen, jeweils zu kulturhistorischen Zielen aber auch zum geselligen Kennenlernen mit gemeinsamem Kochen, Wandern und Party.

Wichtig war mir auch der Ausbau des ERASMUS-Netzwerkes; neu gewonnene Partner besuchten das CICS, mehrfach realisierte eigene teaching mobility in Amsterdam, Helsinki, Ljubljana, Sofia, Dubrovnik und Split vertieften die Kontakte.           
Die Datenbank wirft fast 200 Datensätze für die Betreuung von Diplom- und BA und MA-Arbeiten aus. Diese vielfältigen Abschlußarbeiten haben dazu beigetragen, das noch immer große Gebiet der „Ungewissheiten“ in der Restaurierung zu verkleinern. Wenn ich dazu beitragen konnte, dann kann ich zufrieden auf die Zeit im CICS zurückschauen.
Bei all diesen Tätigkeiten standen mir eine Reihe von Mitarbeiterinnen zur Seite, ohne die die erstrebte praxisnahe und objektzentrierte Lehrsituation nicht denkbar gewesen wäre. Zu nennen sind hier Julia Tholen, Astrid Gielow, Christina Nägler, Katja Lewerentz, Hannah Flock, Naja Anissa Staats, die im Atelier oder in Projekten tatkräftig wirkten und insbesondere Petra Demuth, die mit großer Energie und großem Herz, Erfindungsreichtum und Ausdauer die Arbeit bereichert hat.
Und natürlich ist da auch das Team der Studienrichtung mit Regina Urbanek und Gunnar Heydenreich und aktuell Theresa Neuhoff und Sarah Grimberg, mit denen mich Jahre der gemeinsamen Arbeit verbinden. Zwischenzeitlich hat sich das Team des CICS sehr vergrößert und generationenbedingt verändert und verjüngt; ich schaue gerne zurück auf die frühen Jahre mit Frau Blenkers als Sekretärin, den Professor*innen Jägers, Hellwig, Dasser, Nicolaus, Leisen, Bergmann, Stauffer und Fuchs, aber auch Frau Anheier und Frau Uckermann im Labor. Lange Jahre als Vizedirektor zusammen mit Frau Prof. Dr. Jägers und Prof. Dr. Fuchs und eine Legislatur im neu geschaffenen Direktorat ließen mich teilhaben an der Entwicklung des CICS und an der stürmischen Zeit der Bologna-Reform mit der Modularisierung des Studiums und der Einführung der BA und MA Abschlüsse, der Akkreditierung 2007 und Reakkreditierung 2012/13. Ohne Frau Christian und Herrn Wokurka wäre auch das nicht gelungen.

Was bleibt? Es gibt jetzt den „Kölner Gemäldespanner“ als designgeschütztes tool zum erschütterungsfreien Nachspannen von textilen Bildträgern. Und natürlich eine große Zahl von Absolventen, die mein Gedankengut und meinen restauratorischen Ansatz weitertragen.
Zahlreiche Studierende durfte ich durch das Studium begleiten, es war mir eine besondere Freude, mitzuerleben, wie aus scheuen Erstsemestern selbstbewußte Absolventinnen und Absolventen wurden, die heute aktiv im Beruf stehen und sich zwischen Oslo und New York, Bremen und München in der Restaurierung tummeln.
Ich möchte mich bei allen Weggefährtinnen und –Gefährten des CICS für die gemeinsame Zeit bedanken, bei allen Alumni und den aktuell Studierenden für menschliche Begegnungen und gemeinsames Wachsen.


Hans Portsteffen

August 2021

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