„Auf ein Kränzchen - 11 Fragen, 11 Antworten" – Interview mit Simon Schneider von neoteq ventures

In „Auf ein Kränzchen – 11 Fragen 11 Antworten“ sprechen Unterstützerinnen und Unterstützer über verschiedene Perspektiven zu Entrepreneurship und Gründung in der Region Köln. Prof. Dr. Kai Thürbach und Prof. Dr. Marc Prokop sprechen mit dem Start-up-Investor Simon Schneider, Gründer und Geschäftsführer von neoteq ventures. Die Fragen stammen aus dem »Fit for Invest«-Netzwerk.

Personenportrait Simon Schneider von neoteq ventures zu Gast bei der »Fit for Invest« Interviewreihe „Auf ein Kränzchen – 11 Fragen 11 Antworten“ (Bild: Silviu Guiman)

Die Fragen an Simon Schneider von neoteq ventures stammen aus dem »Fit for Invest«-Netzwerk. Auch Gründerinnen und Gründer der Hochschulen konnten fragen, was sie interessiert und aus den Erfahrungen der Interviewgäste lernen.

1. Frage: Simon, bitte stelle dich vor.

Schneider: Mein Name ist Simon Schneider, ich bin 49 Jahre alt und Start-Up-Investor. Wir haben einen Fond aufgebaut, der sich neoteq ventures nennt. Wir sitzen in Köln und investieren bevorzugt in der Seed-Phase bzw. in der Series A. Und das ist meine Arbeit. Spannende Unternehmen zu finden, die man auf ihrem Weg begleiten darf.

2. Frage: Wie kamst du zu deinem Beruf? Wolltest du schon immer Investor werden und junge Gründerinnen und Gründer unterstützen?

Schneider: Es war purer Zufall, dass ich in diesen Job reingekommen bin. Ich bin von der Ausbildung eigentlich Jurist. Nachdem ich mit dem Studium fertig war, war aber klar, dass ich diesen klassischen Weg einer Juristen-Karriere nicht machen wollte. Und dann hat mir ein Freund empfohlen: „Guck dir mal diese Venture Capital Branche an, die ist spannend, das könnte was für dich sein.“ Und so bin ich am Ende in diesen Beruf reingekommen, der bis heute eine unglaubliche Faszination für mich ausübt und jeden Tag Spaß macht und nach wie vor sehr abwechslungsreich und spannend ist.

3. Frage: Warum warst du Karnevals-Prinz in Bonn und nicht in Köln? War das dein größter Fehler?

Schneider: Ich bin Bonner, da liegt es nahe, dass man – wenn man die Gelegenheit hat, einmal Prinz zu sein – dieses Amt natürlich in seiner Heimatstadt ausübt. Dazu muss man aber vielleicht auch noch wissen: Ich glaube nicht, dass man als Auswärtiger so ohne Weiteres in Kölle am Ring Karnevals-Prinz werden kann. Insofern war ich in meiner Heimatstadt damit schon sehr gut aufgehoben. Und deshalb war es definitiv kein Fehler.

4. Frage: Welche aktuellen Trends gibt es gerade in der Gründerszene?

Schneider: Das ist das Schöne an unserer Arbeit. Dass es sich ständig weiterentwickelt. Trends, die letztes Jahr noch ganz aktuell waren, sind jetzt schon plötzlich gar nicht mehr angesagt. Und seit einiger Zeit sieht man vor allem, dass das Thema Nachhaltigkeit eine sehr große Rolle für viele Unternehmensgründungen spielt. Viele Gründer bauen nicht einfach nur ein Start-up auf, um am Ende wirtschaftlich erfolgreich zu sein, sondern sie wollen mit dem Unternehmen auch etwas bewegen. Sie wollen damit auch Produkte auf den Markt bringen, die im Hinblick darauf, was wir für Herausforderungen auf diesem Planeten haben, ein Stück dazu beitragen können, dass die Welt hoffentlich besser wird. Insofern ist das ein Thema, was sehr viele Sachen aktuell prägt. Auch unser erstes Investment, was wir gerade vor ein paar Wochen gemacht haben, dreht sich um das Thema Nachhaltigkeit. Darüber hinaus gibt es nach wie vor große Megatrends, die nicht nur in Deutschland oder in Europa die Start-up-Szene bewegen, sondern weltweit. Da gehört das Thema Künstliche Intelligenz nach wie vor dazu, wir reden natürlich auch sehr viel über die Themen FinTech und InsurTech, aber auch das Thema E-Health hat natürlich jetzt zuletzt noch mal eine enorme Bedeutung bekommen und wir sehen viele Unternehmen oder auch Teams, die an diesen Themen arbeiten.

5. Frage: Wie innovativ sind Kölner Start-ups?

Schneider: Der Kölner an sich ist ja sehr innovativ, das gilt natürlich auch für die Start-up-Szene. Wir sehen seit ein paar Jahren einen sehr spannenden und schönen Trend, vor allem hier im Rheinland, aber speziell auch in Köln. Nämlich, dass es hier deutlich mehr Unternehmensgründungen gibt. Sehr viel mehr Start-ups bleiben hier in Köln und der Region. Das machen sie nicht ohne Grund. Die Rahmenbedingungen, die sie hier vorfinden, haben sich in den letzten Jahren auch verbessert. Da ist viel passiert. Und insofern finde ich, dass die Start-ups, die hier in Köln gerade entstehen, sich vor dem Rest von Deutschland oder Europa nicht zu verstecken brauchen.

6. Frage: Welche Punkte geben den Ausschlag, damit ihr jemanden zum persönlichen Pitch einladet?

Schneider: Es ist eine schwierige Frage. Es sind immer wieder Kleinigkeiten, die am Ende den Auslöser dafür darstellen, warum wir uns ein Unternehmen anschauen. Wir haben natürlich Kriterien. Jeder Investor hat ein Schema, nach dem er sich im ersten Schritt ein Unternehmen anschaut, um eine Ersteinschätzung treffen zu können: Ist das grundsätzlich spannend oder nicht? Wir gucken uns natürlich im ersten Schritt an, um was für einen Kundenproblem es überhaupt geht. Wenn das Gründerteam nicht beschreiben kann, wo das Kundenproblem liegt, dann ist die Frage, ob es auch einen Kundennutzen gibt. Insofern ist das ein Punkt, auf den wir viel Wert legen. Darüber hinaus ist das Team für uns ein ganz entscheidender Faktor, ob es am Ende zu einem Investment kommt oder nicht. Wir schauen uns sehr genau an, wie das Team aussieht: Wie ist es zusammenstellt? Wer fehlt noch? Wie wird es zukünftig aussehen? Wie wird man es weiterentwickeln? Der nächste Punkt ist natürlich klar der Markt. Wenn es den Markt nicht gibt, ist natürlich die Frage: Was kann daraus werden? Die Wettbewerbssituation ist natürlich relevant. Dann gibt es Themen: Wie sieht das IP aus? Wie sieht es mit der Technologie aus? Wie viel ist davon selbst entwickelt? Wie viel kommt von extern? Und dann wollen wir am Ende wissen: Wie groß kann das Ganze werden? Da geht es um das Stichwort Skalierbarkeit, auf das Investoren schauen. Wir wollen nicht den dritten oder vierten im Markt finanzieren, sondern wir wollen die Marktführer im Portfolio haben. Und insofern ist es für uns wichtig, dass dieses Potenzial gegeben ist. Insofern machen wir eine Gesamtschau, anhand derer wir am Ende entscheiden, ob das Unternehmen für uns spannend sein könnte oder nicht.

7. Frage: Wie sollten sich Gründerinnen und Gründer auf ein erstes Gespräch mit euch  vorbereiten und welche Eigenschaften sollten sie mitbringen?

Schneider: Für uns ist wichtig, dass das Team, das am Ende hinter dem Unternehmen steht, eine entsprechende Leidenschaft und auch eine Leidensfähigkeit mitbringt. Wenn man ein Unternehmen aufbaut, kann man sich sicher sein, dass nicht von vornherein alles klappen wird, was man sich im Businessplan aufgeschrieben hatte. Man muss immer wieder die Bereitschaft haben, sich zu hinterfragen. Insofern gucken wir uns an: Bringt dieses Team diese Voraussetzungen mit und haben sie eine Bereitschaft, sich auch führen zu lassen? Wir haben häufig mit Erst-Gründern zu tun, die zwar eine Idee haben, für die sie brennen, aber es gibt vielleicht auch noch Bereiche, in denen sie sich noch nicht so gut auskennen. An der Stelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen und nicht nur stur an seinem ursprünglichen Plan festzuhalten, ist ein sehr wichtiger Punkt. Und dann ist für uns wichtig, wenn wir in so ein Gespräch reingehen, wollen wir sehen: Sind sie wirklich die Experten auf ihrem Gebiet oder behaupten sie es nur? Das heißt, wir wollen schon verstehen, ob die Teams die entsprechende Expertise mitbringen, um mit ihrem Produkt auch so einen Markt verändern zu können.

8. Frage: Was beeinflusst euren ersten Eindruck? Was sollten Gründerinnen und Gründer auf jeden Fall vermeiden?

Schneider: Vermeiden sollten Sie auf jeden Fall, dass sie im Gespräch Angaben machen, die nicht stimmen. Wir machen ein Geschäft, das auf Vertrauen basiert. Wir investieren teilweise in reine Konzepte und glauben dann an das Team, was dahintersteht. Wenn das Team mit falschen Angaben in Gespräche reingeht, ist das natürlich nicht die beste Ausgangsbasis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Wir arbeiten mit den Unternehmen teilweise über einen langen Zeitraum hinweg zusammen. Da muss die Chemie stimmen. Und insofern ist ein absolutes No-Go, Angaben zu machen, die nicht den Tatsachen entsprechen. Darauf achten wir sehr. Und natürlich ist auch entscheidend für uns: Wie interagieren die Teams mit uns. Wenn wir mit ihnen in einem Due-Diligence-Prozess sind: Dauert es drei Wochen, bis wir eine Antwort auf eine Frage kriegen oder sind sie schnell dabei, was die Unterlagen angeht? Das sind Indikatoren, wo wir abschätzen können, wie die Zusammenarbeit in der Zukunft aussehen wird. Ein Lieblingsthema bei Start-ups ist das verspätet-geschickte Reporting, also sehen wir schon in der Due Diligence: Wenn die Sachen da lange auf sich warten lassen, lässt es zumindest vermuten, dass es zukünftig nicht besser wird. Insofern geht es in dieser ersten Phase, wo die Teams uns kennenlernen und wir die Teams kennenlernen darum, aufrichtig miteinander umzugehen, die Themen anzusprechen, wo man vielleicht auch noch Schwächen im Team hat oder wo das Produkt noch nicht fertig ist. Wir erwarten ja nicht, dass jemand kommt und uns den perfekten Aufschlag macht. Das Ganze muss entwickelt werden. Das geht aber am Ende nur dann, wenn man gut zusammenarbeitet.

9. Frage: Wie kann Köln Gründerinnen und Gründer aus anderen Regionen und dem Ausland gewinnen und welche internationalen Start-up-Veranstaltungen kannst du für Start-ups aus der Region Köln empfehlen?

Schneider: Köln bietet aktuell bereits einen sehr guten Rahmen. Wenn man sich andere Regionen oder Städte anschaut, die sich zu Start-up-Hubs entwickelt haben, ist am Ende eins der Hauptkriterien, warum es geklappt hat, das Netzwerk. Start-ups leben davon, in Netzwerken zu arbeiten. Netzwerke sind entscheidend für den Erfolg von Start-ups. Das heißt, je besser das Netzwerk vor Ort ist, umso besser haben die Start-ups auch eine Möglichkeit, sich zu entwickeln. Insofern ist das ein Punkt, wo Köln schon ein gutes Level hat, aber wo es natürlich nicht stehen bleiben kann und sich weiterentwickeln muss. Wir brauchen einerseits die Gründerinnen und Gründer selber, die vor Ort sind. Wir brauchen auf der anderen Seite Investoren, die auch das Kapital zur Verfügung stellen. Da sind wir jetzt ein Player hier vor Ort. Es gibt eine ganze Reihe anderer Fonds oder auch Business Angels, die sehr aktiv in Köln sind und sich vor Ort um Start-ups kümmern. Aber wir brauchen darüber hinaus Zugang zu Innovation, zu Forschungseinrichtungen, mit denen man gemeinsam kooperieren kann. Die Universitäten spielen eine große Rolle. Und diese einzelnen Player, die so ein Start-up-Ökosystem mitprägen, sind ausschlaggebend dafür, ob sich Start-ups dazu entscheiden, ihren Sitz in Köln zu wählen oder woanders hinzugehen. Und wenn wir auf die Events gucken: Es gibt viele sehr gute Events weltweit. Da gibt es zum Beispiel die VivaTech in Paris oder die Slush-Konferenz in Helsinki, für Insurtech-Start-ups die ITC in Las Vegas oder die DIA in Amsterdam. Das sind Events, die sich über Jahre hinweg zu Branchentreffen entwickelt haben und wenn man sich anschaut, wie sich Pirate Summit hier in Köln entwickelt hat, ist das sehr vielversprechend und zeigt, welches Potenzial wir haben.

10. Frage: Die Deutsche Sporthochschule Köln begleitet in „Starting-Up with Sports Sciences (StarS)“ Gründerinnen und Gründer mit sportbezogenen Aktivitäten. Hieraus ist das Start-up Naturzeit.Club hervorgegangen. Es bietet erlebnispädagogische Natur und Freizeitangebote für Kinder in der Stadt an. Gründer Alexander Root hat folgende Frage: Welchen persönlichen Tipp hast du für junge Gründerinnen und Gründer und aus welchem Fehler hast du gelernt?

Schneider: Den Tipp, den ich geben kann, hatte ich eben schon kurz erwähnt: Sich wirklich mit der Frage auseinanderzusetzen. Welches Kunden-Problem will ich überhaupt lösen? Damit fängt es an. Wenn man kein Kunden-Problem löst, wird man auch nicht erfolgreich werden. Insofern muss man sich genau anschauen: Was will ich meinem Kunden verkaufen und braucht er das überhaupt? Wenn man sich alles angeschaut hat, was relevant ist und zu dem Ergebnis kommt: Ja, hier gibt es ein relevantes Kundenproblem, wo es eine Nachfrage nach meinen Produkten geben gibt, kann man den entscheidenden Schritt Richtung Unternehmensgründung gehen. Die Frage klingt trivial, ist sie aber nicht. Ich habe oft genug Gründer getroffen, die nicht beantworten konnten, welches Problem sie eigentlich lösen wollen.

Aus welchem Fehler habe ich gelernt? Start-ups brauchen Zeit. Nicht ohne Grund geht man davon aus, dass man eine Haltedauer von mindestens fünf bis sieben Jahren haben wird, wenn man in der Frühphase in Unternehmen investiert. Das heißt, man muss den Unternehmen die Zeit lassen, sich zu entwickeln und ihren Weg zu gehen. Denn es bringt nichts, am Anfang zu sehr Zeitdruck aufzubauen und dann im Rahmen dessen Fehler zu machen, die man später nicht mehr korrigieren kann.

11. Frage: Was wünschst du dir für die Kölner Gründerszene und wie können die Hochschulen dabei helfen?

Schneider: Ich wünsche mir, dass wir in ein paar Jahren sagen können: Köln hat nicht nur vorgehabt, der nächste Start-up-Hub in Deutschland oder auch in Europa zu werden, sondern, dass es gelungen ist. Dafür haben wir noch viel Arbeit vor uns. Aber ich denke, auch die Universitäten können sehr viel dazu beitragen, indem sie den Studentinnen und Studenten von Anfang an die Möglichkeit geben, Ideen im Hinblick auf ein Start-up auszuprobieren und die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass die Innovation aus der Uni rauskommt in die Unternehmen und sich dann entsprechend entwickeln kann. Es gibt dazu eine ganze Reihe sehr guter Geschichten, die gestartet sind oder die es schon gibt, die von den Universitäten gepusht werden und an der Stelle können wir in den nächsten Jahren sicher viel erreichen, wenn wir daran gemeinsam arbeiten.

Februar 2022

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