„Auf ein Kränzchen - 11 Fragen, 11 Antworten" – Interview mit Philipp Türoff, CFO des 1. FC Köln

In „Auf ein Kränzchen – 11 Fragen 11 Antworten“ sprechen Unterstützerinnen und Unterstützer über verschiedene Perspektiven zu Entrepreneurship und Gründung in der Region Köln. Prof. Dr. Marc Prokop und Sophia Haski sprechen mit Philipp Türoff, kaufmännischer Geschäftsführer des 1. FC Köln.

Philipp Türoff Philipp Türoff, kaufmännischer Geschäftsführer des 1. FC Köln zu Gast bei der »Fit for Invest« Interviewreihe „Auf ein Kränzchen – 11 Fragen 11 Antworten“ (Bild: Silviu Guiman)

Die Fragen an Philipp Türoff von 1. FC Köln stammen aus dem »Fit for Invest«-Netzwerk. Auch Gründerinnen und Gründer der Hochschulen konnten fragen, was sie interessiert und aus den Erfahrungen der Interviewgäste lernen.

1. Frage: Wir starten mit der typischen Frage aus der Gründerszene. Herr Türoff, wer sind Sie und was machen Sie?

Türoff: Philipp Türoff, 45 Jahre alt, Vater von zwei entzückenden Kindern. Ich sitze hier heute als Geschäftsführer vom 1. FC Köln, im Speziellen verantwortlich für die kaufmännischen Bereiche. Und das mache ich seit Januar dieses Jahres, also sehr frisch und mit vielen ersten Eindrücken von der neuen Aufgabe.

2. Frage: Warum haben Sie sich für den 1. FC Köln und die Region Köln entschieden?

Türoff: Seit einigen Jahren vor dem 1. FC Köln habe ich für das Familienunternehmen Birkenstock gearbeitet, das in der Region ansässig ist. Insofern kenne ich die Region schon ganz gut. Die Entscheidung für den 1.  FC Köln hat auch ganz klar damit zu tun, dass wir uns hier als Familie sehr, sehr wohlfühlen. Warum der 1. FC Köln? Es ist für mich in meiner Laufbahn das vierte Mal, dass ich wieder die Branche wechsle. Eine besondere Herausforderung ist immer der Reiz des Neuen, der mich antreibt. Aber es gibt auch große Gemeinsamkeiten zu solchen Marken-Unternehmen wie Birkenstock, Red Bull oder auch SAP, wo ich vorher in meiner Laufbahn tätig gewesen bin. Der 1. FC Köln ist, abstrakt gesprochen, auch eine sehr starke und vitale Marke. Und aus dieser Stärke einer Marke Potenziale abzuleiten und diese Ergebnisse auch zu organisieren, das ist eigentlich das, was mich antreibt. Dann will ich aber auch nicht verhehlen: Mein ganzes Leben bin ich auch Sportler gewesen, habe immer auch den Fußball geliebt. Aber nur für die Liebe zum Fußball hätte ich nicht so eine berufliche Entscheidung getroffen, ich gucke dann schon weiter dahinter, was will ich mit meiner Arbeit machen und auch bewirken und betrachte besonders auch den unternehmerischen Teil. Trotzdem spielt natürlich eine große Rolle, dass es der Sport ist und das macht sehr viel Freude.

3. Frage: Wie kam der FC dazu, den „HYPE Spin Accelerator“ ins Leben zu rufen?

Türoff: Das ist eine Frage, die etwas weiter jetzt in die Geschichte zurückgeht, in der ich noch nicht Teil des 1. FC Köln war. Aber es ist ein gutes Beispiel für das, was beim 1. FC Köln auf dem Weg ist, den ich mitbegleiten kann. Es ist gewachsen aus der Erkenntnis, dass man sich transformieren muss, dass Veränderungen auf den Verein und auf das Geschäftsmodell Fußball zukommen. Mit dem Accelerator hat man einen Weg geschaffen, der auf der einen Seite das Ziel verfolgt, dass der 1. FC Köln sich auch als innovationskräftig positionieren kann. Es hat was mit dem 1. FC Köln selbst zu tun, aber auch damit, anderen Gründern zu helfen, eine Lernkurve und beiderseitig win win zu erzeugen, also neuen Unternehmen zu helfen und dem 1. FC Köln die richtigen Impulse zuzuführen. Aus diesen Aktivitäten ist auch vieles an Zusammenarbeit erwachsen. Also es gibt Unternehmen aus diesem Accelerator, die dann zu Partnern geworden sind, wo eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit entstanden ist, die den FC besser gemacht hat.

4. Frage:  Was kann ein Profi-Fußballclub konkret für junge Unternehmen in der Region tun?

Türoff: Der 1. FC Köln hat natürlich eine große Reichweite in der Region selbst. Das heißt: Wenn irgendwo gute Ideen sind, kann er kommunizieren und diese Strahlkraft nutzen – auch, um Unternehmern zu helfen. Zweitens das Thema Netzwerk: Bei den Fußball-Festen, die wir organisieren, sind unheimlich viele Unternehmer aus der Region selbst, aber auch Vorsteher von Behörden, Fachleute aller Art, die sich versammeln. Man kann Netzwerken sehr aktiv organisieren. Aber ich sehe auch, dass das Geschäftsmodell 1. FC Köln in einem für alle intuitiv erfassbaren, intensiven Wettbewerb auch immer ein Vorbild ist. Wie behauptet sich eine solche Organisation im Wettbewerb und zwar noch in einem Wettbewerb, wo klar ist, dass nach Abpfiff eines Spiels das nächste wieder bei 0:0 beginnt? Also Wettbewerb, der an jedem neuen Spieltag ganz von vorne anfangen. Wie geht man damit um? Wie geht man mit Krisen um? Jeder weiß es, in Köln wahrscheinlich ganz besonders: Es gibt immer Auf und Ab, und dann ist so ein Verein, die entsprechende Führung und die Organisation ein Orientierungspunkt für neue Gründer, um zu sehen: Wie wage ich mich da raus in meinen Markt, wie behaupte ich mich und welche Fähigkeiten brauche ich? Und da ist beim FC doch ganz viel da, woran die sich orientieren können. Insofern finde ich, der Fit ist sehr passend.

5. Frage: Warum ist die gute Verbindung zu den Kölner Hochschulen insbesondere im Projekt »Fit for Invest« für Sie als Geschäftsführer des 1. FC Köln wichtig?

Türoff: Wenn wir in den Fokus nehmen: Was will diese Initiative? Sie will Gründer unterstützen, sie will auch Erfolg organisieren. Dann spielen die Hochschulen eine entscheidende Rolle dabei, auch diese, diese Potenziale, diese Talente hervorzubringen, die dann diesen Schritt wagen. Also insofern sind die Hochschulen ein wichtiger Spieler. Es ist zweitens immer die Verbindung von Theorie und Praxis, die auch an so einem Beispiel, wenn etwas ganz Neues startet, gelebt wird. Besonders reizvoll finde ich auch noch die Verbindung, dass es hier vier Hochschulen in Köln sind, die sagen, wir haben hier gemeinsam etwas geschaffen, was sinnvoll ist. Das ist eine besondere Stärke. Aber die einfache Antwort ist eher: Theorie und Praxis gehören zusammen, um draußen zu bestehen. Und wenn dann die Hochschulen die jungen Talente hervorbringen, die diesen Schritt wagen müssen, dann ist das ganz klar ein wichtiger Player.

6. Frage:  Sie führen die Geschäfte des 1. FC Köln und wissen daher, welche Eigenschaften ein Unternehmer mitbringen muss. Was müssen denn junge Unternehmer leisten, um ihr Geschäftsmodell erfolgreich am Markt etablieren zu können?

Türoff: Man braucht sehr vielseitige Eigenschaften, weil Erfolg zu haben immer wieder damit zu tun hat, bestimmte Hürden zu überwinden. Und die liegen für einen Unternehmer in völlig unterschiedlichen Bereichen, je nachdem, welches Geschäftsmodell das ist. Da hilft eine gute Ausbildung, um fundierte theoretische Kenntnisse mitzubringen, an denen sie sich orientieren können und die Unterstützung in der Praxis, aber ganz entscheidende Kriterien sind auch die, für die der Sport im Besonderen steht: Wille, Durchhaltevermögen, Disziplin, Beharrlichkeit und ich persönlich würde ich auch sagen ein besonders guter Mix aus wann höre ich zu und stelle auf Empfang und lerne und wann lasse ich mir aber auch nicht von allen Schlauberger dieser Welt reinreden, glaube an mein Geschäftsmodell und gehe einen größeren Schritt, denn nur mit ganz langsamem Vortasten und im riesigen Sicherheitsbedürfnis kann man Unternehmen nicht gründen. So gesehen können wir beim FC viel beitragen. Ich selbst erlebe das in meiner Rolle ganz genauso: Wer Erfolg organisieren will, muss immer im richtigen Moment das richtige Maß finden aus all diesen vielseitigen Eigenschaften.

7. Frage: Für wie wichtig halten Sie es, im eigenen Unternehmen eine eigene Innovationsabteilung und einen Innovationsmanager zu haben?

Türoff: Ich halte es für extrem wichtig, dass dieser Geist im Unternehmen ist, dass diese Haltung da ist, dass die Unternehmenskultur geprägt ist davon, dass Innovation Gewicht hat, Raum und Aufmerksamkeit braucht. Die Abteilung an sich ist für mich an der Stelle nur ein Instrument. Ich halte es nicht per se für wichtig, dass es eine Abteilung sein muss. Das hängt davon ab, welchen Reifegrad die Organisation an sich hat. Und damit möchte ich vor allen Dingen den Gedanken anregen: Bloß, weil jemand eine Abteilung hat, wird er nicht innovativ. Das ist das Entscheidende. Die Abteilung kann ein solches Instrument sein, wenn sie sich entsprechend in der gesamten Haltung des Unternehmens ausprägt. Aber da, wo Entscheidungen getroffen werden, muss Innovation die richtige Rolle spielen, die richtige Stimmung haben, die richtige Aufmerksamkeit bekommen. Und wie man das macht, da werden Unternehmer sehr unterschiedliche Antworten darauf geben. Aber die Wichtigkeit von Innovation im übergeordneten Kontext, dass wir uns auch hier in diesem Land, in dieser Region, in dieser Stadt unseren Wohlstand immer wieder neu werden verdienen müssen, ist eine ganz wichtige Erkenntnis. Und wer das verinnerlicht, erkennt auch die Bedeutung von Innovation. Und der wird sie dann auch richtig organisieren.

8. Frage: Was wünschen Sie sich für die Startup-Region Köln?

Türoff: Ich kann daran anschließen, an das, was ich gerade gesagt habe: Den Wohlstand neu verdienen bedeutet, dass wir erkennen müssen, dass mindestens die Hälfte unserer Kinder bei Firmen arbeiten wird, die es heute noch nicht gibt. Und da wünsche ich mir, dass Köln es schafft. Als Stadt, als Region im kleineren Rahmen, aber auch im Größeren gefasst als Teil der  Metropolregion Rhein und Ruhr gibt es da Aufgaben zu bewältigen und da steht diese Initiative wirklich für ein tiefes Verständnis dieser Notwendigkeit, da werden die Ärmel hochgekrempelt und ich wünsche mir, dass das gelingt, so schnell wie es geht und so erfolgreich, wie es geht.

9. Frage: Welche Rolle spielen die Kölner Hochschulen für Sie in der Gründerszene?

Türoff: Ich selbst bin ja nicht in Köln zur Hochschule gegangen. Aber ich weiß, wie prägend diese Zeit für einzelne Menschen ist, um sich zu orientieren. Insofern spielen die Hochschulen eine sehr bedeutende Rolle. Ein bisschen mehr Bezug habe ich jetzt aus meinen ersten Monaten beim FC zur Sporthochschule, die ja auch in der Nähe des Stadions ist, aber auch inhaltlich mit uns an der einen oder anderen Stelle verwoben ist. Und da kann ich nur sagen, aus dem, was ich sehe und höre, wie fruchtbar diese Zusammenarbeit ist, wie viel man gegenseitig voneinander lernt, wie hier Theorie und Praxis sich wechselseitig befruchten. Und wenn ich diese Energie übertrage auf das, worüber wir hier bei »Fit for Invest« sprechen, also auf die jungen Menschen, die genau diesen Spagat hinkriegen müssen und dazu den Mut und die Disziplin, ein eigenes Geschäftsmodell zu auf die Beine zu stellen, da ist es eine Kooperation von Hochschulen und der Praxis, die man da nicht hoch genug einordnen kann. Und im Übrigen sind Hochschulen natürlich immer auch ein Instrument, um diese vielseitigen Entwicklungen, diese dynamischen Entwicklungen, die hier überall auf der Welt passieren, auch entsprechend einzuordnen. Und deswegen sollten Hochschulen auch gar nicht nur in der Phase, auf die ich mich jetzt in meiner Antwort immer bezogen habe, junge Menschen ausbilden und dann ins Berufsleben oder in das Gründerleben zu entlassen eine Rolle spielen, sondern Hochschulen müssen da heutzutage viel weiter solche Unternehmen begleiten und dieses lebenslange Lernen da organisieren. Und da können solche Initiativen, über die wir hier sprechen und die wir hier gemeinsam bewegen, eine große Rolle spielen.

10. Frage: Welche Rolle hat Ihre eigene Hochschule in Stuttgart für Sie und Ihre berufliche Laufbahn gespielt?

Türoff: Es war eine Lebensphase, in der letztendlich in mir schon angelegt war, was mich, was mich interessiert und was mich umtreibt. Ich habe einen betriebswirtschaftlichen Studiengang gewählt, der aber technisch orientiert war. Das bedeutet, die Hochschule in Stuttgart hat mir schon im Studium unheimlich viel Zugang zu diesen Ingenieurwissenschaften, die da in Stuttgart auch sind, gegeben. Und das hat mir in erster Linie Orientierung gestiftet. Und zwar nicht abstrakt die Hochschule selbst, sondern auch einzelne Professoren. Da geht es auch um Menschen, die senden und von denen man viel Orientierung gewinnen kann. Also Orientierung ist das führende Wort und ich würde auch sagen Grundlagenwissen. Aber aus dieser Freiheit der Lehre, gerade an Universitäten heraus habe ich auch gelernt, dass eigener Antrieb sein muss, um meine Ziele zu erreichen, um zu erkennen, was mich interessiert. Und das war nicht der Lehrplan, der mir vorgab, was mich zu interessieren hat, sondern ich habe auch gelernt: Wenn du was werden willst und was bewegen willst, musst du dich auch selbst organisieren können und deinem eigenen Kompass folgen. Und das habe ich der Hochschule Stuttgart auch zu verdanken. Ich bin mir sehr sicher, dass viele andere das auch leisten. Aber da haben sie mir auf jeden Fall einen deutlichen Schritt weitergeholfen. Ich bin ganz anders aus der Hochschule rausgegangen, als ich reingegangen bin.

11. Frage: Warum unterstützen Sie »Fit for Invest« der Kölner Hochschulen?

Türoff: Weil ich das für richtig halte. Weil ich die Ziele, die sich diese Initiative gesetzt habe, als hoch essenziell ansehe. Man beschäftigt sich wirklich mit Zukunft. Und das darf ich mit diesem sehr tagesgeschäft-geprägten Job, den ich im Fußball auch habe, sagen. Diese Initiative legt den Blick in die weitere Zukunft, setzt genau da an, wo die jungen Leute an einer ganz wichtigen Schwelle stehen, wo es unheimlich viel Mut braucht, den Schritt auch zu gehen. Wir brauchen diese Unternehmen. Und da ist eine ganz tiefe Überzeugung, dass wenn ich die Gelegenheit habe, ein Teil davon sein möchte und meinen Beitrag leisten. Insofern ist das eine ganz klare Antwort: Weil es, weil es richtig ist, weil es wichtig ist. Und deswegen bin ich dabei.

August 2022

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