„Auf ein Kränzchen - 11 Fragen, 11 Antworten" – Interview mit Daniel Wauben von ChemCologne

In der »Fit for Invest« Interviewreihe „Auf ein Kränzchen – 11 Fragen 11 Antworten“ sprechen Unterstützerinnen und Unterstützer über verschiedene Perspektiven zu Entrepreneurship und Gründung in der Region Köln. Prof. Dr. Kai Buehler und Prof. Dr. Mona Mensmann sprechen mit Daniel Wauben, Geschäftsführer bei ChemCologne.

Daniel Wauben Daniel Wauben, Geschäftsführer bei ChemCologne zu Gast bei der »Fit for Invest« Interviewreihe „Auf ein Kränzchen – 11 Fragen 11 Antworten“ (Bild: Silviu Guiman)

Die Fragen an Daniel Wauben von ChemCologen stammen aus dem »Fit for Invest«-Netzwerk. Auch Gründerinnen und Gründer der Hochschulen konnten fragen, was sie interessiert und aus den Erfahrungen der Interviewgäste lernen.

1. Frage: Wir starten mit der typischen Frage aus der Gründerszene. Wer bist du und was machst du?

Wauben: Mein Name ist Daniel Wauben. Ich bin seit sieben Jahren Geschäftsführer bei ChemCologne. Vorher habe ich sechs Jahre bei ChemCologne gearbeitet, also bin ich inzwischen 13 Jahre in Köln und fühle mich hier auch sehr wohl.

2. Frage: Die ChemCologne ist das Netzwerk der chemischen Industrie im Rheinland. Was macht die ChemCologne, um die Wettbewerbsfähigkeit der Chemie-Region Rheinland weiterzuentwickeln und sie bei Investoren bekannter zu machen?

Wauben: Wir machen zwei Dinge: Das erste ist Standortmarketing im In- und Ausland. Wir wollen ausländische, aber auch inländische Investoren in unsere Region bekommen. Wir haben dazu reichlich Fläche in den Chemie-Parks hier in der Region, denn wir sind die stärkste Chemie-Region in Europa. Das weiß der Kölner nicht so, im Kölner Umland ist das vermutlich eher bekannt. Unsere Region erstreckt sich von Aachen bis Wuppertal, Krefeld und Bonn. Wir haben „Cologne“ im Namen, weil man damit im Ausland besser werben kann als mit dem Begriff „Rheinland“. Die zweite Aktivität ist das Netzwerken, was seit Jahren immer mehr zunimmt. Wir wollen unsere Unternehmen wettbewerbsfähig halten, indem wir sie zu bestimmten Themen in verschiedensten Veranstaltungs-Formaten miteinander vernetzen. Das kann technischer Natur sein, beispielsweise zum Thema Energiemanagement oder auch Kommunikationsthemen.

3. Frage: Wie können Unternehmen und Startups voneinander profitieren?

Wauben: Wir vernetzen seit etwa fünf Jahren Startups mit der Chemieindustrie. Dabei haben wir Startups gepuscht, die ihre Idee vorgestellt haben und die dann in Kontakt mit den Chemieunternehmen gekommen sind. Wir haben aber festgestellt, dass die Unternehmen in den Bereichen Nachhaltigkeit, zirkuläre Kreislaufwirtschaft, Digitalisierung oder Energiewende besondere Herausforderungen haben, wo es Sinn macht, sie aus dem eigenen Saft herauszuholen. Mit ChemTelligence haben wir versucht, das aufzulösen. Heißt, wir haben eine Onlineplattform geschaffen, wo Unternehmen ihre Challenges aus den verschiedensten Bereichen von externen Leistungsanbietern lösen lassen. Hier richten wir uns vor allen Dingen auch an die Hochschule, also an Wissenschaftler. Auch Studierende können sich bewerben. Die letzte Gruppe, die wir ansprechen, sind bereits bestehende Industrie-Experten, die auch auf das Format aufmerksam werden. Allerdings wollen wir tatsächlich eher den Draht zu Gründerinnen und Gründern und zu den hochschulnahen Einrichtungen suchen.

4. Frage:  Ergeben sich aus den Challenges denn auch tatsächlich weitere Zusammenarbeiten?

Wauben: Wir haben mit ChemTelligence im letzten Jahr zwölf Challenges online gestellt und begleiten nun den Prozess. Je mehr Interesse an dem Thema der Challenge ist, desto mehr kommt auch raus. Wir wissen ganz genau, dass einige Challenges sehr gut laufen, manche nicht ganz so gut, aber wir sind bei allen in einer gewissen Weise vorangekommen und wissen, dass bei zwei Unternehmen die Arbeiten fortgesetzt werden und es in ein Pilotprojekt übergeht. In dem Fall war es tatsächlich auch ein Kölner Startup, was uns sehr gefreut hat, da wir hier damit in der Region eine Win-Win-Situation geschaffen haben. Also wir screenen nicht im Einzelfall, was aus den Challenges wird, das ist Sache der Unternehmen, die die Challenges geben. Aber wir kriegen am Rande mit, dass da, wo es sehr gut gelaufen ist, die Zusammenarbeit fortgesetzt wird.

5. Frage: Welche neuen Startup-Ideen aus der Chemiebranche sind besonders wichtig für die Zukunft?

Wauben: Wir merken, dass Aktivitäten um das Thema Nachhaltigkeit, Energie-Themen und Kreislaufwirtschaft ganz wichtig sind und diese Gründungen zunehmen. Es gibt immer bestimmte Zyklen. Vor einigen Jahren war das Thema Augmented Reality/Mixed Reality für die Industrie wichtig, für Fernwartung, also um in der Anlage von zu Hause denjenigen anleiten, der die Anlage reparieren kann. Dann war Künstliche Intelligenz das Thema und jetzt habe ich das Gefühl, dass das Thema Nachhaltigkeit, CO2-Reduktion und Kreislaufwirtschaft eine große Rolle spielt.

6. Frage:  Gibt es viele neue Startups im Chemie-Bereich oder gibt es zu wenig neue Gründungen?

Wauben: Ich glaube nicht, dass es zu wenig gibt. Viele Startups haben die Chemieindustrie erst mal gar nicht als Kunde im Visier. Wir stellen immer wieder fest, dass es tolle Ideen gibt, bei denen die Startups aber erst einmal an andere Industrien denken. Bei unserem letzten Kooperationsvertrag hatten wir eine innovative Pumpen-Technologie, die jetzt seit zwei, drei Jahren auf dem Markt ist. Die hatten Klärwerke von städtischen Einrichtungen auf dem Schirm, aber nicht die Chemieindustrie, die ihre Klärwerke selbst betreibt und somit auch eine potenzielle Kundschaft ist. Da stellen wir also immer wieder fest, dass wir da nicht immer im Fokus sind. Es gibt also nicht zu wenig, aber es fehlt das Bewusstsein, dass hier eine starke Chemie-Region existiert. Außerdem braucht man in der Chemiebranche einen langen Atem. Die Chemieindustrie ist sehr sicherheitsbehaftet und da gibt es viele Vorschriften und Normen und muss genau schauen, dass man entsprechend agiert. Da muss man zusammenzufinden und das dauert oftmals. Ich glaube, daher ist die Chemieindustrie für die Startup-Szene ein bisschen langsamer als vielleicht andere Industrien. Aber ich bin der Meinung, dass sich das durchaus öffnet und dass wir zu immer mehr Kooperation kommen.

7. Frage: Einmal im Jahr findet der ChemCologne-Kooperationstag an einer Hochschule der Region statt. Was ist das Ziel dieses Formats?

Wauben: Die ChemCologne hat 2017 an der Uni Köln damit begonnen, die Startup-Szene mit der Chemieindustrie zu vernetzen. Bei den Kooperationstagen steht das Netzwerken im Vordergrund. Es ist besonders für Startups und Business-People unglaublich wichtig, die richtigen Leute zu treffen und kennenzulernen und da wollen wir mit dem Kooperationstag die Plattform sein und den Hochschulen und den Startups und die Möglichkeit geben, mit uns, der Chemieindustrie, in Kontakt zu kommen.

8. Frage: Der Kooperationstag richtet sich auch an Studierende. Wie ist die Resonanz der Studierenden auf dieses Netzwerk?

Wauben: Tatsächlich ausbaufähig. Das merken wir auch in Gesprächen bei ChemTelligence, wo wir auch versuchen, die Studierenden mit einzubeziehen. Ich glaube, viele sehen sich noch etwas weiter weg von den Themen. Chemie ist sehr speziell und nicht ganz so hip. Wir haben schon den einen oder anderen Studenten da, aber nicht in der großen Menge. Man muss aber auch fairerweise sagen, dass sie nicht die Zielgruppe Nummer eins sind bei den Kooperationstagen. Aber wir merken schon, dass die Motivation, dass man durchaus mehr Studierende motivieren könnte, bei uns mitzumachen, weil ich glaube, dass man nicht früh genug damit anfangen kann, Kontakte in die Berufswelt oder zu potenziellen Arbeitgebern zu knüpfen.

9. Frage: Wie schafft es das Rheinland, die stärkste Chemie-Region Europas zu bleiben?

Wauben: Ich glaube, der Vorsprung, den wir haben, hat sehr viel mit euch zu tun, der Hochschullandschaft. Mit der Innovationskraft, die ich erwähnte, glaube ich auch, dass wir hier viele Headquarters haben. Das ist, glaube ich, auch sehr wichtig: Dass Entscheidungen hier getroffen werden, dass Forschungseinrichtungen hier sind, die mit den Hochschulen kooperieren und sich befruchten. Ich glaube, dass das in anderen Regionen nicht so stark ausgeprägt ist, was ein deutlicher Wettbewerbsvorteil ist. Das hat Deutschland immer ausgezeichnet und da funktionieren wir als Innovationsmotor besonders hier im Rheinland und das wird auch so bleiben.

10. Frage: Warum unterstützt du »Fit for Invest« der Kölner Hochschulen?

Wauben: Das hat damit zu tun, dass ChemCologne nicht nur eine Brancheninitiative von Chemieunternehmen ist, sondern wir haben viele weitere Unterstützer: Den Arbeitgeberverband, die chemienahen Dienstleister, die Gewerkschaften, eine Bezirksregierung und natürlich die Hochschulen. Deswegen sind uns gerade auch die Hochschuleinrichtungen in Köln sehr nah und da wollen wir natürlich dranbleiben und zusammenarbeiten. Dadurch ist es für uns ganz klar, dass wir »Fit for Invest« gerne mit unterstützen.

11. Frage: Wie können sich »Fit for Invest« der Kölner Hochschulen und die ChemCologne weiter gemeinschaftlich unterstützen?

Wauben: Wir können uns mit weiteren Formaten und Themen befruchten. Netzwerken ist das A und O und wir wollen ein Netzwerkpartner sein. Ich selbst als ChemCologne versuche unseren Unternehmen, Hochschulen und Partnern eine Tür aufzumachen und zusammenzubringen. Ich finde, das ist enorm wichtig und da gilt es ja auch, nicht parallel zu laufen, sondern wirklich miteinander und zu teilen. Das ist nicht immer einfach, aber man muss Mittel und Wege finden. Und ich glaube, in Köln funktioniert das eigentlich ganz gut.

Juli 2022

M
M