Preisträger aus Kanada zugeschaltet
Steinmüller-Engineering-Preis für Promotions- und Masterarbeiten erstmals am Campus Gummersbach verliehen
17 laufende und neun abgeschlossene Promotionsverfahren kann der Campus Gummersbach der TH Köln vorweisen, das war Anlass genug für die Gummersbacher Firma Steinmüller-Engineering (SE), einen neuen Förderpreis für Promotions- und Masterarbeiten zu sponsern. Derzeit hat die Technische Hochschule Köln als Hochschule für Angewandte Wissenschaften noch kein eigenes Promotionsrecht, alle Arbeiten werden zusammen mit deutschen und ausländischen Universitäten betreut. Dekan Prof. Dr. Christian Averkamp ist aber zuversichtlich, dass die TH Köln bis 2019 ein eigenes Promotionsrecht für ausgewählte Forschungsbereiche bekommen wird.
Thomas Will, Abteilungsleiter bei SE, betonte in seinem Grußwort die langjährige gute Zusammenarbeit zwischen seinem Unternehmen und der TH. Insbesondere mit der Forschungsgruppe „SPOTSeven“ von Prof. Dr. Thomas Bartz-Beielstein wurden bereits mehrere große Forschungsprojekte abgewickelt. Will überreichte die Preise zusammen mit dem japanischen Geschäftsführer von SE, Tetsuya Iwasaki.
Naturähnliche Rechenverfahren
Unter den 17 eingereichten Promotions- und Masterarbeiten hatte die Jury die Doktorarbeit von Oliver Flasch als beste bewertet, sie ist auf hohem wissenschaftlichem Niveau besonders innovativ und gleichzeitig für unterschiedliche Anwendungen praktisch einsetzbar. Dr. Flasch erhielt 1000 Euro für seine Arbeit mit dem Titel „A Modular Genetic Programming System”. Das mathematische Verfahren „Genetic Programming“ ahmt die Wirkungsweise der Mutation nach, die über kleine Veränderungen die Eigenschaften eines Tieres oder eine Pflanze immer weiter verbessert. Es zählt mit evolutionären Algorithmen, Fuzzylogik und neuronalen Netzen zu den naturähnlichen Verfahren der Informatik. Das Verfahren kann effiziente Simulationsmodelle erzeugen und wurde für SE bereits eingesetzt, um eine möglichst schadstoffarme Verbrennung in Kraftwerken zu erzielen.
Die Dissertation von Dr. Oliver Flasch behandelt die Entwicklung einer modular gestalteten Softwareumgebung für Optimierungssysteme. „Wir können – wenn man im Bild der Evolution bleiben will – 100.000 Generationen in wenigen Sekunden Rechenzeit erzeugen, und dabei Millionen von Hypothesen testen, bis diejenigen übrig bleiben, die gut verständlich sind und die Abläufe genau erklären.“, so der Informatiker. Sein System ist eine „Open Source“-Software, also für Interessenten frei zugänglich. Das in der 200seitigen Dissertation vorgestellte System ist erheblich schneller als alle Konkurrenzsysteme und wird schon kommerziell eingesetzt in der Firma „Sourcewerk“ mit Sitz in Dortmund. Dieses Unternehmen, von Dr. Flasch gegründet, hat zur Zeit vier Mitglieder, es beschäftigt sich mit Prognose und Datenanalyse für ganz unterschiedliche Anwendungen und ist Partner der Hochschul-Forschungsgruppe SPOTSeven.
Betreuer von Flaschs Arbeit waren Prof. Dr. Thomas Bartz-Beielstein vom Campus Gummersbach der TH Köln sowie drei Professoren der Technischen Universität Dortmund. Prof. Bartz-Beielstein ist Gründer der Gummersbacher Forschungsgruppe SPOTSeven, die auf inzwischen zwölf Mitglieder (davon drei Doktorandinnen und vier Doktoranden) angewachsen ist und sich international einen guten Ruf aufgebaut hat. Schwerpunkt ihrer Arbeit sind Entwicklungen im Bereich “Computational Intelligence“. Der international renommierte Wissenschaftsverlag Springer wird Flaschs Doktorarbeit als Buch veröffentlichen.
Montagekonzept für die Daimler AG
Michael Wenz M. Sc. aus Pforzheim erreichte den zweiten Platz (750 Euro). Er hat seine Masterarbeit im Studiengang „Produktdesign und Prozessentwicklung“ geschrieben, der vom Campus Gummersbach und der Köln International School of Design (KISD) der TH Köln betrieben wird. In Kooperation mit der Daimler AG entwickelte Wenz ein Konzept für eine automatische Getriebeverschraubung in der Motoren-Endmontage im Rahmen der Mensch-Roboter-Zusammenarbeit.
Er schuf ein völlig neues Konzept der Mensch-Roboter-Zusammenarbeit am Fertigungsband, die Motorenteile schneller, genauer und weniger aufwendig als bisherige Lösungen einbaut. Herr Wenz konnte mit seiner akribischen und reflektierten Bearbeitung des Themas sowohl seine Praxiskooperationspartner als auch die wissenschaftlichen Gutachter begeistern. Der hohe Praxisbezug sowie die Verknüpfung aktuellster Technologien zeichnen diesen Preisträger aus.
Betreuer der Arbeit war Prof. Wolfgang Laubersheimer, Professor für Produktionstechnologie an der Köln International School of Design (KISD) der TH Köln.
Optimierung für Biogasanlagen
Der dritte Preisträger konnte nicht persönlich an der Preisverleihung teilnehmen: Dr. Daniel Gaida wurde per Skype aus Ontario in Kanada zugeschaltet und konnte so seine Arbeit dem Publikum mit einer Projektion per Internet erläutern. Gaida hat in seiner Promotionsarbeit „Dynamische Echtzeit-Optimierung für die Substratzuführung von aneroben Vergärungsanlagen“ ein Optimierungskonzept für die Steuerung der Materialzuführung bei Biogas-Anlagen entwickelt. Für eine bessere Vorhersage der Vergärungsprozesse setzte Gaida evolutionäre Algorithmen ein.
Der Schwerpunkt lag auf Biogas-Anlagen für die Landwirtschaft. Gaida veröffentlichte seinen „Software-Werkzeugkasten“ im Internet, und über 30 Forscher aus aller Welt luden ihn zur eigenen Verwendung herunter.
Neben Prof. Bongards vom Campus Gummersbach der TH Köln betreute Prof. Dr. Thomas Baeck von der Universität Leiden die Promotion. Dr. Gaida ist inzwischen ein international renommierter Wissenschaftler, das erlaubt ihm, zur Zeit eine kleine wissenschaftliche Weltreise zu mehreren Universitäten und Unternehmen in Irland, Abu Dhabi, Australien und Kanada zu unternehmen. Dabei knüpft er Kontakte zu anderen Experten, erweitert sein Wissen und sucht neue Ideen und Herausforderungen.
Informationen zum
Unternehmen als guter Nachbar
Der Geldgeber für den Preis, die Steinmüller Engineering GmbH, verfügt über rund 100 Mitarbeiter und hat einen Schwerpunkt auf dem Gebiet der Feuerung und Abgasreinigung von Kraftwerken. Die Firma gehört seit 2014 der IHI Corporation mit Sitz in Tokio, Japan. Das Unternehmen hat nicht nur fachliche Nähe zur Hochschule, es ist mit dem Firmensitz am Rande des Steinmüllergeländes quasi ein Nachbar. Mit der Finanzierung des Förderpreises erweitert Steinmüller Engineering seine langjährige Kooperation mit dem Campus. Die Zusammenarbeit erstreckte sich in der Vergangenheit bereits auf Abschlussarbeiten, Forschungsprojekte und zuletzt auch auf Hörsaalsponsoring: Im Februar 2015 war der Steinmüller-Engineering-Hörsaal eingeweiht worden.
April 2016