Praxisnah und forschungsstark

Prof. Dr. Sigrid Leitner (Teilprojektleitung der Schwerpunktprofessuren) (Bild: Michael Bause/TH Köln)

Digitalisierung ermöglicht Teilhabe, bringt aber auch Herausforderungen wie die Datenauswertung und eine verantwortliche Technologiegestaltung mit sich. Mit diesem Spannungsfeld beschäftigen sich auch Forschende der TH Köln – zuletzt beim Forschungssymposium des Profilbereichs „Digitale Arbeit und Lebenswelten“.



Teil 1: Bildergalerie zum Forschungssymposium

Ausgerichtet wurde die Veranstaltung von den Schwerpunktprofessor*innen des Projekts PLan_CV Dr. Isabel Zorn und Dr. Philipp Schaer.




Teil 2: Doppelinterview mit Prof. Dr. Sigrid Leitner und Prof. Dr. Stefan Herzig

Wie sie die Vernetzung innerhalb der Hochschule und darüber hinaus prägen, erläutern im Interview Prof. Dr. Sigrid Leitner, Leiterin des Teilprojekts Schwerpunktprofessuren, und Prof. Dr. Stefan Herzig, Präsident der TH Köln.

Prof. Dr. Leitner, Prof. Dr. Herzig, welche Idee steckt hinter den Schwerpunktprofessuren?

Leitner: Sie lehnen sich konzeptionell an die hochschulpolitische Forderung „12 plus 2“ an. Damit ist ein reduziertes Lehrdeputat von 18 auf zwölf Semesterwochenstunden bei gleichzeitiger Unterstützung durch zwei wissenschaftliche Mitarbeiter*innen gemeint. Dadurch wird das Zeitkontingent für Forschung erhöht und gleichzeitig die Qualität der Lehre und der Praxisbezug gestärkt.

Herzig: Das geringere Lehrdeputat, verbunden mit einer inhaltlichen Profilierung, ermöglicht die Entwicklung thematischer Schwerpunkte in der Hochschule. So können Disziplinen vorangetrieben und Kolleg*innen aus dem Umfeld für diese begeistert werden. Dadurch entsteht ein Profil, das zur Hochschule passt und gleichzeitig konkurrenzfähig bespielt werden kann.

Porträtfotos von Prof. Dr. Sigrid Leitner und Prof. Dr. Stefan Herzig Prof. Dr. Sigrid Leitner, Prof. Dr. Stefan Herzig (Bild: TH Köln)

Was zeichnet die Schwerpunktprofessuren aus?

Leitner: Sie sind Leuchttürme für die gelebte Trias von Forschung, Lehre und Praxis. Ausgewählt wurden Kolleg*innen, die bereits seit Jahren innovative, praxisorientierte Forschung auf hohem fachlichen Niveau betreiben und diese in ihrer Lehre sichtbar machen. Sie sind sowohl in der Scientific Community anerkannt als auch in der regionalen Praxislandschaft gut vernetzt.

Herzig: Die Schwerpunktprofessuren leben von der Bereitschaft der Wissenschaftler*innen, interdisziplinär zu arbeiten. Prof. Schaer profitiert in der Data Science beispielsweise vom Austausch mit anderen Fachwissenschaften, die ihre Informationen einspeisen können. Das gilt auch für Prof. Zorn, die sich an der Schnittstelle zwischen Digitalisierung und den Sozial- und Gesundheitswissenschaften bewegt.

Wie profitiert die Hochschule davon?

Herzig: Die TH Köln kann durch die Schwerpunktprofessuren das Forschungsprofil aus der Organisation heraus statt von oben herab prägen. Denn ein solches Profil einer Hochschule ist immer ein Wechselspiel zwischen strategischen Grundsatzüberlegungen und konkreter Arbeit in den Disziplinen.

Leitner: Die Hochschule stärkt damit ein neues Modell der Professur an Hochschulen für angewandte Wissenschaften und nimmt eine Vorreiterposition ein. Die Schwerpunktprofessuren sind außerdem Ankerpunkte für Kolleg*innen an der TH Köln, die zu ähnlichen Themen forschen und lehren, sodass hierdurch die interne Zusammenarbeit in Form von Clusterbildung unterstützt wird.

Und die Vernetzung über die Hochschule hinaus?

Herzig: Ein Ansatzpunkt sind die eben erwähnten Career Cluster, in denen jüngere Forschende sich untereinander über die institutionellen Grenzen hinaus vernetzen können. Denn obwohl viele unserer Forscher*innen sich in der frühen Karriere fachlich gut durch ihre Professor*innen begleitet fühlen, fehlt ihnen auf ihrer eigenen Hierarchieebene der thematische Anschluss.

Leitner: Die Schwerpunktprofessor*innen sind in ihren jeweiligen Fach-Communities gut vernetzt, sei es in den einzelnen Fachgesellschaften oder zum Beispiel auch über das Promotionskolleg NRW. Sie sind außerdem gefragte Netzwerkpartner*innen für die Praxis und befeuern den Forschung-Praxis-Dialog.

Welche Rolle spielen die Postdocs?

Herzig: Für die Verbesserung der Situation künftiger Professor*innen sind Angebote für Wissenschaftler*innen früher Karrierestufen zentral. An der TH Köln ist die Anbindung an Schwerpunktprofessuren eine gute Idee, weil Postdocs in diesem wissenschaftlichen Umfeld wettbewerbsfähige Themen anwendungsnah, interdisziplinär, kooperationsorientiert und gesellschaftlich wirksam bearbeiten können.

Leitner: Die Postdocs werden durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen dazu befähigt, ein individuelles Profil zu entwickeln, das die Trias von Forschung, Lehre und Praxisbezug umfasst. Dadurch können sie sowohl eine akademische Karriere anstreben, bleiben aber auch offen und attraktiv für eine Berufskarriere außerhalb der Hochschule. Darin sehe ich einen großen Vorteil und das ist auch ein Alleinstellungsmerkmal der TH Köln in diesem Bereich.

Über das Personalgewinnungskonzept „PLan_CV“

Die Schwerpunktprofessuren und das von ihnen ausgerichtete Forschungssymposium sind Teil des Projekts „Professur-Laufbahn an Hochschulen für angewandte Wissenschaften neu denken: Collaboration und Vernetzung“ (PLan_CV). Das Programm soll exzellentes Personal für Professuren an der TH Köln gewinnen und eine bessere Durchlässigkeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft erreichen. Das Vorhaben wird im Rahmen des Programms zur Förderung der Gewinnung und Qualifizierung professoralen Personals an Fachhochschulen mit 12,8 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Mai 2023

Das Interview führte:

Carolin Brühl

Team Web-Kommunikation


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