Gib Gas, Spirou!

Warum nicht ein Comic-Auto nachbauen? In den 1950er-Jahren kreierte André Franquin in seiner weltberühmten Comic-Reihe Spirou und Fantasio die Sportwagen Turbot und Turbot 2. An dessen Nachbau 2006 war Prof. Dr. Frank Herrmann beteiligt.

Vielleicht hat die große Zeit des Automobils mit dem Ende des Verbrennungsmotors endgültig ihren Zenit überschritten. Zumindest im Design unterschieden sich bis weit in die 1980er-Jahre Automarken und ihre Modelle noch sehr deutlich voneinander und hatten, wie Fans von Oldtimern gerne betonen, „einen einzigartigen, unverwechselbaren Charakter”. Wer also über Zeit, Geld und am besten handwerkliches Geschick verfügt, kann seine nostalgische Designleidenschaft mit einem Oldtimer zum Ausdruck bringen.

Und wer solvent genug ist, der erfüllt sich auch mal verrückte Träume. Warum nicht ein Comic-Auto nachbauen? In den 1950er-Jahren kreierte André Franquin in seiner weltberühmten Comic-Reihe Spirou und Fantasio die Sportwagen Turbot und Turbot 2, die Kurzform für Turbotraction. So benannt, weil nach der Idee des belgischen Zeichners mit einem Turbinenantrieb ausgestattet. Die Sportwagen beflügelten die Phantasie vieler Fans. Bei einem monegassischen Millionär ging die Begeisterung so weit, dass er sich beide Autos nachbauen ließ. Hier kommt Prof. Dr. Frank Herrmann am Institut für Fahrzeugtechnik ins Spiel, Experte für Karosserieentwicklung und -leichtbau, Automobilhistorie und -restaurierung. Und nebenbei Betreuer des studentischen Rennteams FH Köln Motorsport e. V.

2006 übernahm Herrmann zusammen mit den Studenten Dino Demma, Daniel Justen und Sebastian Zander sowie der Mailänder Karosseriemanufaktur Gran Turismo Milano die Umsetzung des Turbot 2. Was gar nicht so einfach war. „Wochenlang diskutierten wir über die Proportionen”, erinnert sich Herrmann. Denn die Comiczeichnungen haben keine Maßstäblichkeit, es gab außerdem nur Miniatur-Spielmodelle als weitere Hilfestellung. Das Modell entstand zwar in CAD, doch die weitere Umsetzung erfolgte in analoger Handarbeit. Die komplette Karrosserie entstand aus handgedengelten Aluminiumblechen. Von den Scheinwerfern über die Radkappen bis zu den Sitzen und Armaturen entspricht jedes Detail den Zeichnungen Franquins. Den Bau der Innenausstattung übernahm Gran Turismo Milano. Damit der Wagen auch fahrbar ist, wurde die Fahrzeugtechnik eines Porsche 924 verbaut.

Nach zwölf Monaten Arbeit und einem, so schätzt Herrmann, siebenstelligen Betrag an Produktionskosten war der weiß-blaue Sportflitzer 2007 Mittelpunkt der Sonderausstellung Le Monde de Franquin auf der Autoworld Brüssel. Seitdem, so Herrmann, ist der Turbot 2 mit etwas Glück auf den Straßen Monacos zu sehen.

Juli 2021

Ein Artikel aus dem Hochschulmagazin Inside out


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