Gemälderestaurierung: Bedarf und Erfolg messbar machen

Testaufbau im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg (Bild: CICS/TH Köln)

Bei Gemälden lösen sich im Laufe der Zeit Teile der Bildschicht von den hölzernen oder textilen Bildträgern. Um ein Gemälde zu restaurieren, müssen diese gelösten Farbschollen wieder gefestigt werden. Wo genau das notwendig ist und ob ihre Festigung gelungen ist, ist für RestauratorInnen schwierig festzustellen.

In einem Forschungsprojekt am Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft wird überprüft, ob Terahertzstrahlung eine Lösung für dieses Problem bieten kann. Naja-Anissa Staats, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, berichtet im Interview von ihrem Forschungsstand.

Frau Staats, was ist die Fragestellung Ihres Forschungsprojekts?

Wir haben als RestauratorInnen zurzeit keine adäquate Möglichkeit, zwischen die Bildschicht und den Träger eines Gemäldes zu schauen. Das heißt, wir können nicht objektiv prüfen, an welchen Stellen genau sich Bildschichtschollen gelöst haben. Nach der Konservierung wissen wir nicht, ob die Festigung an der richtigen Stelle vorgenommen worden ist. Die Nutzung von UV-, Infrarot- und Röntgenstrahlen ist in den Restaurierungswissenschaften üblich. Sie ermöglichen aber eben nicht den Blick in die Zwischenschicht, die uns interessiert. Inwieweit die Terahertzstrahlung diese Möglichkeit bietet, erforschen wir in unserem Projekt.

Wie stellen RestauratorInnen denn bisher fest, wo Schollen wieder gefestigt werden müssen?

Wir klopfen auf die Bildschicht und hören so Hohlräume. Das ist nicht besonders elegant und auch nicht sehr genau.

Und wie testen Sie nun die Anwendungsmöglichkeiten der Terahertzstrahlung?

Um den Bedarf und den Erfolg einer Festigung mit Terahertzstrahlen sichtbar zu machen, haben wir eine Testreihe mit 36 Prüfkörpern angelegt. Die Prüfkörper haben unterschiedliche Eigenschaften: zum Beispiel sind ihre Bildträger aus Holz oder Leinwand, sie haben verschiedene Bindemittel für die Malschicht und es wurden unterschiedliche Festigungsmittel verwendet.

Die Erfahrungen aus dieser Testreihe sollen jetzt auf ein originales Gemälde übertragen werden. Dafür haben wir im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, den Vorzustand des vermutlich von 1410 stammenden Holztafelgemäldes „Die Apostel Philippus, Andreas, Matthias, Thomas“ vom Kölner Meister von St. Laurenz gemessen. Das Gemälde ist eine Dauerleihgabe der Bayerischen Staatsgemäldesammlung München/Wittelsbacher Ausgleichsfonds. Die Festigung, Nachzustandsmessungen und Ergebnisse folgen im Laufe der nächsten Monate.

Haben Sie schon erste Ergebnisse?

Wir bewegen uns hier im Bereich der Grundlagenforschung. Sagen können wir schon jetzt, dass sich unser Verfahren sowohl eignet, um den Bedarf als auch den Erfolg von Befestigungsmaßnahmen festzustellen.  Konkret: Wir können Hohlräume oder sich ablösende Bildschichtschollen sichtbar machen und wir können belegen, wie sich eine erfolgreiche und oder auch fehlerhaft durchgeführte Festigung äußert.

Forschungsprojekt Terahertzstrahlung
Das Projekt "Terahertz-Strahlung zur Evaluation von restauratorischen Behandlungsschritten - Modellhafte Erarbeitung neuer Verfahren zur Überprüfung des Eindringens und der Ausbreitung von Konsolidierungsmitteln bei der Behandlung von geschädigten Kunstwerken aus organischen Materialien" wird in Kooperation mit der AG Experimentelle Halbleiterphysik der Philipps Universität Marburg durchgeführt und von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördert.

September 2020

M
M