Digital Twin Footprint: Nachhaltiger Bauen

Mit Blick auf den Klimawandel sind innovative Ansätze in der Baubranche gefordert. Im Projekt „Digital Twin Footprint“ befasst sich die TH Köln gemeinsam mit Partnern mit digitalen Gebäudemodellen, die umwelt- und ressourcenschonendes Bauen fördern sollen. Das Forschungsteam untersucht, wie CO2-Analysen anhand digitaler Gebäudemodelle früh in den Planungsprozess integriert werden können.

„Der Bausektor steht vor großen Herausforderungen, da er aufgrund der Treibhausgasemissionen während eines Gebäudelebenszyklus eine Schlüsselrolle in der Bekämpfung des Klimawandels einnimmt. Obwohl der Sektor ein hohes Optimierungspotenzial besitzt, Umweltauswirkungen zu minimieren, mangelt es in der Praxis noch an der Umsetzung von geeigneten Maßnahmen und Vorgaben“, sagt Sebastian Theißen vom Institut für Technische Gebäudeausrüstung (TGA).

Grafi "Digital Twin" Im Projekt "Digital Twin Footprint" untersucht ein Forschungsteam, wie die Gebäudeökobilanzierung (Life Cycle Assessment – LCA) zur Einsparung von CO2-Emissionen in der frühen Planungsphase beitragen kann. (Bild: Sebastian Theißen, Jannick Höper/TH Köln)

In der Regel wird nur der Energieverbrauch betrachtet, der während der Betriebsphase eines Gebäudes entsteht. Zum gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes gehören jedoch auch die Rohstoffgewinnung und -herstellung, der Transport von Material, der Bau sowie das Ende eines Gebäudes, nämlich der Rückbau, die Entsorgung und das Recycling. Allerdings werden die CO2-Emissionen und weitere umweltrelevante Auswirkungen dieser Lebenszyklusphasen bisher weitestgehend außer Acht gelassen. Diese Lücken soll zukünftig die verstärkte Anwendung von Ökobilanzen (engl. Life Cycle Assessment – LCA) schließen.

Mit Hilfe der Gebäudeökobilanzen können neben dem CO2-Beitrag des gesamten Gebäudes auch andere Umweltwirkungen – beispielsweise Ozonabbau und Versauerungspotential – berechnet und deren Bedeutung in einzelnen Lebenszyklusphasen dargelegt werden. Die Methode ist bisher aufwändig und komplex. „Das läuft aktuell noch unstrukturiert und ist mit erheblichem Aufwand verbunden, da viele Informationen über Menge und Maße der Materialien von verschiedenen Beteiligten beschafft werden müssen und es so eher einer Detektivarbeit gleicht. Das ist einer der Hauptgründe, warum die Ökobilanzierung kaum genutzt wird“, so Theißen. In Deutschland ist die Ökobilanzierung nicht verpflichtend, sie erfolgt primär im Rahmen freiwilliger Nachhaltigkeitssiegel, wie zum Beispiel bei der Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB).

Das Projektteam vergleicht Lösungsansätze, wie man schnell und strukturiert an Informationen für die Gebäudeökobilanzierung aus digitalen Gebäudemodellen kommt, um in der frühen Entwurfs- und Planungsphase zu erkennen, wo CO2-Emissionen eingespart werden können. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysieren den Status Quo bei der Verknüpfung der Gebäudeökobilanzierung und den digitalen Gebäudemodellen sowie die Vor- und Nachteile der Ansätze, um die Anpassungsbedarfe bei den technischen und strukturellen Aspekten zu definieren. Dabei wird konkret die Methode „Building Information Modeling (BIM)“ näher betrachtet. Diese ermöglicht, Daten in 3D-Modellen zu integrieren, zu verknüpfen und auszutauschen. Dadurch werden Informationen übersichtlich dargestellt, die ebenfalls im frühen Stadium der Planung als Entscheidungshilfen für ökologische Optimierungen sorgen soll.

In einem interdisziplinären Workshop mit Expertinnen und Experten aus Forschung, Praxis und Politik werden die Ergebnisse in Handlungsempfehlungen überführt. Das übergeordnete Ziel ist es, die Ökobilanzierung als planungsunterstützendes digitales Werkzeug früh im Prozess der Gebäudeplanung zu etablieren und fortlaufend anzuwenden.

Förderung durch „Zukunft Bau“

Das Projekt „Digital Twin Footprint – Erarbeitung eines ganzheitlichen Meilensteinplans mit Handlungsempfehlungen und notwendigen Forschungsbausteinen zur zielführenden Verknüpfung der Lebenszyklusanalyse (Gebäudeökobilanzierung) und BIM-Planungsprozessen mit einem Fokus auf den frühen Planungsphasen“ führt die TH Köln in Kooperation mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT), der Technischen Universität München, dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP und der LIST Digital durch. Projektleiterin an der TH Köln ist Prof. Dr. Michaela Lambertz. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) fördert das Projekt im Innovationsprogramm „Zukunft Bau“. Mit dem Programm werden Forschungs- und Entwicklungsvorhaben gefördert, die Strategien, Konzepte und Verfahren für eine nachhaltige Entwicklung von Bauwesen, Architektur sowie Bau- und Wohnungswirtschaft generieren. Unterstützt wird der Wissenstransfer im Bereich der technischen, baukulturellen und organisatorischen Innovationen sowie die Umsetzung neuer Erkenntnisse in die Planungs- und Baupraxis.

August 2021

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