Zurückgebaute Deponien sparen Kosten

Abfalldeponien stellen europaweit ein großes Problem dar. Auch wenn sie nicht mehr genutzt werden, müssen sie kostenaufwändig über Jahrzehnte überwacht und gewartet werden. Eine Lösung kann der Deponierückbau sein. Prof. Dr. Christian Wolf vom Forschungszentrum :metabolon ist an verschiedenen EU-Projekten zum Thema Deponierückbau beteiligt.

Diese Woche wurde er vom EU-Parlament als Experte zu diesem Thema eingeladen.

Prof. Dr. Christian Wolf Prof. Dr. Christian Wolf (Bild: Thilo Schmülgen/TH Köln)

Herr Wolf, wo liegen für Deponiebetreiber europaweit vergleichbare Probleme?
Wolf:
Derzeit gibt es rund 500.000 sogenannte Siedlungsabfalldeponien in Europa. Ein Großteil ist nicht nach den europäischen Vorschriften angelegt worden, die bestimmte ökologische Standards beinhalten. Wenn alte Deponien unzureichend abgedichtet sind oder Materialien mittlerweile verschlissen sind, können Sickerwasser aus der Deponie ungehindert ins Grundwasser oder Deponiegas in die Atmosphäre gelangen. Diese zum Teil jahrzehntealten Deponien müssen teilweise dringend saniert werden, um größere Umweltschäden zu vermeiden. Dadurch können allerdings hohe Sanierungskosten auf Kommunen zukommen. Eine Möglichkeit wäre der erweiterte Deponierückbau, das heißt das Gelände wird komplett ausgebaggert, das Material recycelt und so das Gelände in den alten Zustand zurückversetzt. Das wäre auf lange Sicht für Kommunen möglicherweise noch die günstigste Variante, denn eine Deponie muss bis zu 100 Jahre nachversorgt werden und kostet je nach Größe bis zu drei Millionen Euro jährlich. Ein Rückbau verursacht hingegen nur einmalige Kosten.

Sie forschen u. a. daran, ob sich ein Rückbau für eine Deponie lohnt und wie dieser funktionieren kann. Welche Ergebnisse gibt es bisher dazu?
Wolf:
Es gibt unterschiedliche Faktoren, die eine Rolle bei der Bewertung spielen, ob sich ein erweiterter Deponierückbau für einen Standort lohnt. An erster Stelle stehen Umweltaspekte. Besteht eine konkrete Gefährdung für das Grundwasser oder treten hohe Gasemissionen in die Atmosphäre auf, muss gehandelt werden. Hier konkurriert der Deponierückbau mit herkömmlichen Sanierungsverfahren, bei denen die Sickerwasserfassung instandgesetzt wird oder Brunnen zum Auffangen von Gas gebohrt werden. Des Weiteren spielen die Standortgröße, das eingelagerte Material und die Höhe der laufenden Kosten eine Rolle. Und es gibt einen weiteren Vorteil: In Nordrhein-Westfalen beispielsweise werden dringend Deponiekapazitäten für Aschen aus der Müllverbrennung gesucht. Durch einen Rückbau können diese zusätzlichen Deponiekapazitäten für anorganische Reststoffe zurückgewonnen werden. Alternativ könnte die zurückgewonnene Fläche nach Abschluss des Rückbaus als Industriegebiet genutzt werden. Außerdem kann der Deponierückbau gegenfinanziert werden, indem man die verbauten Materialien verwertet und Sekundärrohstoffe gewinnt.

Und wie sieht es für die neueren Deponien in Deutschland aus?
Wolf:
Da in Deutschland keine organischen Abfälle mehr deponiert werden, besteht bei neuen Deponien nicht mehr das Umweltproblem der starken Sickerwasserverunreinigung und hohen Gasbildung. Dort werden größtenteils Bauschutt und Aschen aus der Müllverbrennung deponiert. Das wissen viele Menschen aber nicht. Bürgerinnen und Bürgern, die in der Nähe neuer Deponiestandorte leben, sollte vermittelt werden, dass diese Materialien weitestgehend unproblematisch sind und keine hohen Nachsorgekosten anfallen. Wir können und sollten bestehende Deponien sinnvoll nutzen, zum Beispiel als Standorte für Forschungseinrichtungen, Industriegebiete, erneuerbare Energieparks oder auch als Freizeitangebote – wie auf der Deponie Leppe (Projekt :metabolon).

Wie kann die Politik bzw. die EU einen erweiterten Deponierückbau fördern?
Wolf:
Es sollte eine rechtliche Definition für den Rückbau von Siedlungsabfalldeponien auf EU-Ebene geben, um industrielle Prozesse und Pilotprojekte stärker voranzutreiben. Dies könnte auch den Deponierückbau in NRW vorantreiben. In NRW werden dringend neue Deponiestandorte gesucht, aber die Genehmigungsverfahren dauern bis zu zehn Jahre. Somit wird es in den nächsten Jahren zu Entsorgungsengpässen kommen, wenn wir keine Alternativen aufzeigen.

Inwiefern kann die TH Köln das Management von Deponien unterstützen?
Wolf:
Im Bereich der Aufklärung leistet das Projekt :metabolon der TH Köln und des Bergischen Abfallverbandes (BAV) bereits jetzt einen entscheidenden Beitrag, um Menschen aller Altersklassen für die Themen Abfallvermeidung und Reststoffverwertung zu sensibilisieren. Wir steuern und optimieren Verwertungsverfahren, die auf :metabolon für Deponien und Reststoffe entwickelt werden. Außerdem entwickeln wir Tests für Messverfahren zur Online-Prozessüberwachung. Und mit unserem neuen Masterstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen mit der Vertiefungsrichtung Energie- und Ressourcenmanagement bilden wir am Lehr- und Forschungszentrum :metabolon zukünftige Fachkräfte aus.

November 2018

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