Welche Rolle spielt Geld in Krisenzeiten für Sozialunternehmen?

Patrick Schwarz (Bild: privat)

Nehmen soziale und nachhaltige Unternehmen in schwierigen Zeiten eher Aufträge an, die sie sonst ablehnen würden? Mit dieser Frage hat sich Patrick Schwarz vom Schmalenbach Institut für Wirtschaftswissenschaften in seiner kooperativen Promotion an der Universität Trier und der TH Köln beschäftigt. Im Interview spricht er über Inhalte, Ergebnisse und die Betreuung der Arbeit.

Herr Schwarz, worum geht es in Ihrer Promotion?

Börsennotierte Unternehmen wie Google sind mehr oder weniger verpflichtet, als oberstes Ziel ihre Gewinne zu maximieren. In meiner Promotion untersuche ich Unternehmen, die das anders machen – so genannte Sozialunternehmen. Sie verpflichten sich einem sozialen oder nachhaltigen obersten Ziel. Da gibt es beispielsweise die Suchmaschine Ecosia, die mit ihren Einnahmen nicht primär Gewinn macht, sondern Bäume pflanzen will. Doch das gelingt auch bei Sozialunternehmen nicht immer. Manche von ihnen kommen im Laufe der Zeit von ihrer sozialen oder nachhaltigen Mission ab. Dieses Phänomen nennt man „Mission Drift“. Ich untersuche in meiner Forschung, wie es zu einem solchen Drift kommen kann.

Was haben Sie herausgefunden?

Gemeinsam mit Forschenden der Universität Trier und der TH Köln habe ich über mehrere Monate hinweg eine umfangreiche Studie mit 193 Sozialunternehmer*innen durchgeführt. Dabei haben wir sie in einem Online-Experiment in verschiedene Situationen versetzt. In diesen Szenarien haben sie darüber entschieden, wie attraktiv fiktive Aufträge für sie sind. Das Ergebnis: Soziale und nachhaltige Unternehmen nehmen besonders in Krisenzeiten eher Aufträge an, die sie sonst ablehnen würden. Doch nicht nur in schwierigen Zeiten, sondern auch wenn sich die Unternehmen vor Aufträgen kaum retten können, ändern sie ihre Prioritäten: Sobald die Chance auf Wachstum besteht, nimmt die Bedeutung des Sozialen beziehungsweise des Nachhaltigen ebenfalls ab – jedoch nicht so stark wie in der Krise. Diese Ergebnisse geben erste Hinweis auf den „Mission Drift“.

Was begeistert Sie an Ihrem Thema?

Sozialunternehmen finde ich sehr spannend, weil sie eine neue Art des Unternehmer*innentums wagen. Sie brechen mit der lange herrschenden Maxime, vor allem Gewinne nach oben zu treiben. Natürlich müssen auch sie Einnahmen erzielen, um die Gehälter für ihre Mitarbeitenden bezahlen zu können. Aber das Geldverdienen ist nicht das wichtigste. Das passt finde ich gut zum aktuellen Zeitgeist.Damit Sozialunternehmen jedoch ihren Ansprüchen gerecht werden, müssen sie ihren Zielen treu bleiben. Hier kommt der „Mission Drift“ ins Spiel. Das finde ich spannend, weil das Phänomen schon häufiger beobachtet, aber noch nie so richtig belegt werden konnte. Wir haben einen aus unserer Sicht interessanten Weg gefunden, um erste quantitative Belege für einen solchen Drift zu sammeln.

Wie kann es mit Ihren Ergebnissen weitergehen?

Alle Teilnehmenden haben eine Vielzahl von Fragen beantwortet, die wir aktuell auswerten. Die spannendsten Ergebnisse werden wir zusammentragen und versuchen, in einem wissenschaftlichen Fachjournal zu veröffentlichen. Wir hoffen, durch unsere Studie auf der einen Seite einen wichtigen Beitrag zu der Forschung zum „Mission Drift“ leisten zu können. Auf der anderen Seite wollen wir die Ergebnisse auch den Sozialunternehmen zur Verfügung stellen, damit sie sich den Gefahren eines möglichen Drifts besser bewusst werden.

Wie läuft die kooperative Betreuung zwischen Universität Trier und TH Köln?

Die Startbedingungen für meine Promotion waren nicht einfach: Ich habe mitten in der Corona-Zeit begonnen. Doch mein Betreuer an der Universität Trier, Prof. Dr. Jörn Block, war sofort offen für mein Thema und unterstützt mich seitdem mit Postdoc Dr. Mirko Hirschmann hervorragend in vielen Videokonferenzen und persönlichen Gesprächen. Die ganze Zeit stand zudem meine Betreuerin an der TH Köln, Prof. Dr. Annette Blöcher, eng an meiner Seite. Von ihr erhalte ich wertvolle Beratung und tolle Unterstützung. Das gilt übrigens auch für viele weitere Professor*innen der Fakultät für Wirtschafts- und Rechtswissenschaften der TH Köln. Ich kann nur sagen: Ob mit den Kolleg*innen aus Trier oder Köln, das Promovieren macht wirklich viel Freude.

Februar 2023

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Ein Beitrag von

Marcel Hönighausen

Team Presse und Öffentlichkeitsarbeit


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