So kamen Beschäftigte im ersten Lockdown mit dem Arbeiten im Homeoffice zurecht

Prof. Dr. Ivonne Preusser (Bild: privat)

Seit März 2020 arbeiten viele Menschen im Homeoffice. Prof. Dr. Ivonne Preusser und Janine Bunzeck vom Institut für Informationswissenschaft (IWS) der TH Köln und Prof. Dr. Annette Hoxtell von der Victoria International University of Applied Sciences in Berlin wollten wissen, wie es Menschen mit der neuen Arbeitsform ging und haben eine Online-Umfrage durchgeführt.

Stimmungsbild zum Lockdown von Geschlecht und Generation geprägt

Die allgemeine Stimmung während des ersten Corona-Höhepunkts im März und April 2020 wurde von 34 Prozent der Befragten als gut bis sehr gut bewertet. Insgesamt 38,5 Prozent gaben teils/teils und etwas mehr als 27 Prozent schlecht bis weniger gut an. Nach dem ersten Corona-Höhepunkt stieg die positive Stimmung auf 62,7 Prozent deutlich an. „Männer waren besser gestimmt“, sagt Prof. Dr. Ivonne Preusser vom IWS. 41,8 Prozent der Männer gaben ein gutes bis sehr gutes Stimmungsgefühl an, bei den Frauen waren es 29,4 Prozent.

 „Interessant ist, dass die Generationen unterschiedlich zurechtgekommen sind. Fast der Hälfte der Babyboomer, Geburtsjahrgang 1946 bis 1964, erging es während des ersten Lockdowns gut. Sie haben schon viel erlebt, sind in ihrem Leben etabliert und haben Routinen entwickelt, die ihnen helfen, auch schwere Zeiten zu meistern. Bei den 25- bis 40-Jährigen, der Generation Y, war die Stimmung am schlechtesten: nur ein knappes Drittel erging es gut. Sie sind beruflich oftmals noch nicht etabliert und haben am häufigsten kleine Kinder zu versorgen“, so Preusser.

Digitale Arbeitserfahrung: Einflussfaktoren auf Homeoffice

Neben der Stimmung interessierten sich die Forscherinnen auch dafür, wie gut die Menschen im Homeoffice arbeiten konnten – dabei waren Arbeitsumfang, die Größe des Wohnorts und die Anwesenheit von Kindern wesentliche Einflussfaktoren. Teilzeitbeschäftigte kamen häufiger schlecht mit Homeoffice zurecht als Vollzeitbeschäftigte. „Sie verfügen seltener über einen eigenen Arbeitsplatz zu Hause. Auch fühlen sie sich im Homeoffice häufiger sozial isoliert, da sie seltener an digitalen Formaten zum informellen Austausch teilnehmen“, sagt Prof. Dr. Annette Hoxtell. 68,1 Prozent der Vollzeitbeschäftigten gaben an, dass sie gut im Homeoffice zurechtkamen. Bei den Teilzeitbeschäftigten waren es 58,2 Prozent.  

Das Wohnen in kleineren Orten wirkte sich positiv auf die Arbeit im Homeoffice aus. „Menschen steht dort oftmals mehr Wohnraum zur Verfügung als in Großstädten. Darüber hinaus entfiel das Pendeln, das meistens aus längeren Auto- oder Zugfahrten besteht“, erläutert Preusser. Bei den Babyboomern gaben 78,6 Prozent an, gut mit Homeoffice zurechtzukommen, bei der Generation Y waren es nur 62,1 Prozent. Die Anwesenheit von – vor allem kleineren – Kindern, ihre Betreuung sowie Homeschooling wirkten sich negativ auf die Arbeit im Homeoffice aus.  

Auf das Zurechtkommen mit Homeoffice wirkt sich die Vorerfahrung im Homeoffice kaum aus. Jedoch ist die Einschätzung zur Arbeitsleistung unterschiedlich: 47,5 Prozent der Personen, die bereits vor Corona im Homeoffice arbeiteten, gaben an, dass sie produktiver als sonst sind. Bei den Beschäftigten ohne Vorerfahrung waren es 37,5 Prozent. Bei Personen mit Homeoffice-Vorerfahrung gaben 74,9 Prozent an, konzentriert weiterarbeiten zu können, bei Beschäftigen ohne Vorerfahrung waren es 66,3 Prozent.

Virtuelle Zusammenarbeit und Medien

Digitales Arbeiten und technologische Kommunikation veränderte sich während des ersten Lockdowns. 42,1 Prozent der Beschäftigten gaben an, erstmalig digitale Tools für die Zusammenarbeit einzusetzen. Rund ein Drittel nutzte in dieser Zeit auch virtuelle Formate zum informellen Austausch, wie etwa einen virtuellen Lunch. Auch die Arbeitszeit, die mit technischen Kommunikationsmedien verbracht wurde, stieg deutlich an: Während des ersten Corona-Höhepunkts waren es 71,2 Prozent der Arbeitszeit, vor der Pandemie waren es 43,9 Prozent der Arbeitszeit, die mit technischen Kommunikationsmedien verbracht wurde.

Psychologische Sicherheit und Teamzusammenarbeit

„Psychologische Sicherheit ist ein Konstrukt, das angibt, wie stark das Teamklima ausgeprägt ist, ob Fehler und Risiken akzeptiert werden und ob es möglich ist, Ideen einzubringen“, erläutert Preusser. Dieser Aspekt wurde ebenfalls untersucht, da dieses Klima der zwischenmenschlichen Zusammenarbeit in der Forschung als ein wichtiger Einflussfaktor auf die Teamleistung und als Voraussetzung für erfolgreiche Kooperationen und die Produktivität gilt.

Personen, die nach dem ersten Lockdown guter Stimmung waren, empfanden die psychologische Sicherheit in ihrem Team vor dem Lockdown retrospektiv betrachtet höher als Personen, deren Stimmung danach teils/teils oder schlecht war. Personen, die während des ersten Lockdowns schlechterer Laune waren, empfanden die psychologische Sicherheit als niedriger.

Die Studie beschäftigte sich damit, wie es Mitarbeitende im Homeoffice mit der Situation im März und April 2020 ergangenen ist und wie sich dies auf das Arbeiten auswirkt. 662 Probandinnen und Probanden nahmen vom 3. Juli bis 8. September 2020 an der Online-Befragung teil. Der Studienbericht ist unter https://bit.ly/2RFgYrV verfügbar. Die Forscherinnen planen eine Folgestudie, die sich auf die Homeoffice-Erfahrungen und die Arbeitsmodelle in Zukunft beziehen soll.

Juni 2021

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