Neues Risk & Rescue GIS-Lab: Risikobewertung mit Geoinformationen

Einzelne Gefahrenbereiche (Bild: IRG/TH Köln)

Das Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr (IRG) hat mit dem Risk & Rescue GIS-Lab ein neues Labor eingerichtet. Untersucht wird dort der Einsatz von geografischen Informationssystemen (GIS) im Bereich der Risikobewertung. Laborleiter Prof. Dr. Alexander Fekete spricht im Interview über Nutzen, Herausforderungen und das Potenzial von Geoinformationssystemen.

Prof. Fekete, das Risk & Rescue GIS-Lab beschäftigt sich mit geografischen Informationssystemen. Was ist das?

Sogenannte Geoinformationssysteme, kurz GIS, ermöglichen es, verschiedene räumliche Daten zusammenzuführen, zu analysieren und zu präsentieren. So können zum Beispiel Daten zu Hochwasserflächen, Straßen oder zur Landnutzung mit Satellitenbildern verknüpft werden. Die Kombination solcher Geoinformationen soll Einsatzkräften, Verwaltungen, Unternehmen oder der Bevölkerung wichtige Informationen liefern. Welche Zufahrtswege oder Gebäude der kritischen Infrastruktur sind beispielsweise bei Hochwasserereignissen noch erreichbar? Wie gut befahrbar sind einzelne Straßenabschnitte? Mit Hilfe von GIS können im Rettungsingenieurwesen und Risikomanagement verschiedene Gefahren, Bedarfe, Kapazitäten und Resilienz, also Widerstandskraft, dargestellt werden.

Zusammengeführte Gefahrenbereiche Mit Hilfe von Geoinformationssystemen (GIS) können verschiedene räumliche Daten zusammengeführt werden. (Bild: IRG/TH Köln)

Was wird im neuen Labor erforscht?

Das neue Labor soll eine Anlaufstelle für Studierende sein, um sich mit der Software auseinanderzusetzen. Fachliche Kompetenz im Umgang mit solchen Programmen ist für unsere Absolventinnen und Absolventen unumgänglich. Neben der Lehre soll das Labor aber auch stark in der Forschung genutzt und in Projekte zu Themen wie soziale Verwundbarkeit und Resilienz, kritische Infrastrukturen, Organisation im Bevölkerungsschutz, Gefahrenabwehr und Katastrophenschutz eingebunden werden. Ganz konkret befassen wir uns derzeit mit Hochwasserszenarien und kartieren Schäden in den Flutgebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Ziel ist es, mit Hilfe dieser Karten und weiterer Geoinformationen ein Monitoring-System zu entwickeln, um künftige Bedrohungslagen besser einschätzen zu können.

Einzelne Gefahrenbereiche Die mittels GIS erstellten Karten können Gefahrenbereiche aufzeigen. (Bild: IRG/TH Köln)

GIS wurden im Bereich der Risikobewertung bislang eher weniger genutzt. Woran liegt das?

Dass geografische Informationssysteme bisher in Einsatzorganisationen kaum bekannt sind, hat mehrere Gründe. Zum einen ist die Software komplex und anspruchsvoll zu bedienen. Für die Nutzung sind daher personelle Ressourcen, zusätzliche Ausstattung und Schulungen notwendig – und das ist mit Kosten verbunden, die für Städte, die ihre Feuerwehren selbst finanzieren müssen, nicht leicht zu tragen sind. Deshalb werden räumliche Risikobewertungen derzeit häufig analog, also händisch, auf einfachen Karten vollzogen. Ein weiteres Problem ist, dass es an qualitativ hochwertigen und frei verfügbaren Daten für geografische Informationssysteme mangelt. Zudem verfügen Open-Source-Darstellungen häufig über eine geringe Auflösung und hochwertige Satellitenbilder wiederum sind sehr teuer.

Welches Potenzial liegt in der räumlichen Bewertung von Risiken?

Mit Hilfe von Geoinformationssystemen im Bereich Rettungsingenieurwesen und Risikomanagement kann offengelegt werden, in welchen Bereichen Gefahren drohen. Daten über solche Risiken können Einsatzkräfte dabei unterstützen, herauszufinden, wo ihre Hilfe benötigt wird und wie sie sicher dorthin kommen. Zurzeit findet diese Risikoabschätzung vor allem im Bereich der Vorsorge statt – das heißt, es werden unabhängig von Einsatzgeschehen verschiedene Informationen zusammengefügt, um etwaige Gefahren bereits im Vorfeld besser abschätzen und in die Entscheidungsprozesse – zum Beispiel bei Evakuierungsszenarien – einbeziehen zu können. Eine Risikoabschätzung mittels GIS in Echtzeit ist noch schwer umsetzbar, weil etwa Live-Satellitenbilder viel zu spät erst verfügbar wären. Eine Lösung dafür ist die Verknüpfung von geografischen Informationssystemen mit Live-Drohnenaufnahmen. Diese Möglichkeit könnte in Zukunft einen wertvollen Beitrag bei Rettungseinsätzen leisten.

September 2021

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