Neuer Standard für die Sicherheit von Schraubenverbindungen im Bahnwesen

Fahrender Zug (Bild: ollo/iStock.com)

Schrauben, die sicherheitsrelevante Komponenten von Schienenfahrzeugen miteinander verbinden, können sich unter extremen Bedingungen losdrehen oder auch brechen. Um das Risiko dafür zu minimieren, ist nun eine überarbeitete Sicherheitsnorm für Schraubenverbindungen im Bahnwesen erschienen. Neu aufgenommen wurde ein an der TH Köln entwickeltes Berechnungsverfahren.

„Drehgestelle, Wagenkastenstrukturen oder Antriebe von Schienenfahrzeugen werden mit Hilfe von Schrauben miteinander verbunden. Das für den Zusammenbau sowie für die Demontage bei Wartungs- und Reparaturarbeiten wesentliche Merkmal der Lösbarkeit dieser Verbindungen kann sich im Betrieb allerdings zu einem prekären Nachteil entwickeln: Bei übermäßigen Vibrationen durch außergewöhnliche Belastungszustände im Bahnbetrieb lösen sich Schrauben, so dass die Komponenten auseinanderfallen können“, sagt Prof. Dr. Maximilian Klöcker vom Institut für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik.

Um die Sicherheit von Schraubenverbindungen bei Schienenfahrzeugen zu erhöhen, ist nun eine überarbeitete Sicherheitsrichtlinie erschienen – die Norm DIN 25201-4. Diese soll Konstrukteurinnen und Konstrukteuren bei der grundlegenden Auswahl und Dimensionierung von sicheren Schraubenverbindungen unterstützen sowie gewisse Systematiken und Begriffe näherbringen. Teil der Norm ist nun auch ein von Prof. Klöcker und seinem Team entwickeltes Berechnungsverfahren. Mit diesem kann die Festigkeit von Verbindungen in Schienenfahrzeugen nachgewiesen werden.

Neues Verfahren ermöglicht Gewichtseinsparung

In einem informativen Teil der Norm wird mit Blick auf die Sicherung gegen Losdrehen der Lösemechanismus nach neuesten Erkenntnissen beschrieben. Zudem werden Empfehlungen zu den Anwendungsbereichen der Sicherungsmaßnahmen gegeben. In einem weiteren Teil der Norm werden die Prüfvorgaben zum Nachweis der Funktion von Sicherungselementen anhand der so genannten Rüttelprüfung präzisiert. Bei der Rüttelprüfung werden Schraubenverbindungen durch Vibrationen zum Losdrehen gebracht. Dadurch lassen sich Erkenntnisse über die Verlässlichkeit der Verbindung treffen. Das Team der TH Köln hat dieses Testverfahren nun präzisiert, indem es unter anderem die Streuung der Einflussgrößen – also die so genannte Messunsicherheit – angepasst hat und neue Materialzusammensetzungen in die Berechnung mit aufgenommen hat.

„Die Rüttelprüfung ermöglicht es, beim Nachweisverfahren auch die außerordentlichen Belastungszustände von Schienenfahrzeugen angemessen zu berücksichtigen“, so Klöcker. „Mit Hilfe des nun optimierten Verfahrens können Schraubenverbindungen besser an die Anforderungen der Umgebung angepasst werden. Dadurch können Überdimensionierungen der Schraubenverbindungen, die ansonsten zur Erhöhung der Sicherheit üblich sind, vermieden und Gewichtseinsparungen als Beitrag zur Ressourcenschonung ermöglicht werden.“ Das präzisierte Testverfahren sei darüber hinaus nicht nur bei Schraubenverbindungen im Bahnwesen, sondern im gesamten Fahrzeug- und Maschinenbau sowie im Bauwesen anwendbar, so Klöcker.

Mehrjährige Forschungsarbeiten

Die Grundlagen der in die Norm DIN 25201-4 neu aufgenommenen Standards wurden in mehrjähriger Forschungsarbeit im Auftrag von Unternehmen des Schienenfahrzeugbaus im Institut für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik in Kooperation mit der IMA Materialforschung und Anwendungstechnik Dresden geschaffen. Das Team um Prof. Dr. Maximilian Klöcker hat dabei mehr als 3.000 Versuche konzipiert und durchgeführt. Für diese Versuche wurden Prüfstände genutzt, die am Institut entwickelt wurden. Die Prüfstände ermöglichen es, Querbelastungen zur Untersuchung des Tragverhaltens und der Losdrehzustände von Schraubenverbindungen zu generieren. Zudem können damit Sicherungselemente geprüft werden.

März 2022

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