Neue Vertrauenspersonen und Konfliktberater*innen

Der Senat der TH Köln hat eine überarbeitete Ordnung zur guten wissenschaftlichen Praxis verabschiedet. Dabei wurden Prof. Dr. Wilma Eleonore Castro-Lesching und Prof. Dr. Christoph Haag zu neuen Ombudspersonen ernannt. Im Interview geben sie unter anderem Auskunft über ihre Tätigkeit und darüber, wie sie bei Konflikten helfen können.

Porträtfotos von Prof. Dr. Wilma Eleonore Castro-Lesching und Prof. Dr. Christoph Haag Als neue Ombudspersonen wurden Prof. Dr. Wilma Eleonore Castro-Lesching und Prof. Dr. Christoph Haag ernannt. Alle Mitglieder und Angehörigen der TH Köln können sich bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten und Konflikten an die beiden Vertrauenspersonen wenden. (Bild: Castro-Lesching: Privat; Haag: Eva Backes)

Welche Aufgaben nehmen Sie als Ombudspersonen wahr?

Prof. Castro-Lesching: Als Ombudspersonen beraten wir die Mitglieder und Angehörigen der Hochschule zu Fragen der Forschungsintegrität und der Einhaltung der guten wissenschaftlichen Praxis (GWP). Grundlage unseres Handelns ist die „Ordnung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ der TH Köln in Verbindung mit dem Kodex „Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). In diesen Schriften werden die Grundsätze der GWP erläutert, vor allem die Verpflichtung zur Einhaltung der allgemeinen Prinzipien, die Verantwortung der Leitung wissenschaftlicher Einrichtungen und die Betreuung von Wissenschaftler*innen früher Karrierestufen. Es finden sich auch Bestimmungen zu Qualitätssicherung, Autor*innenschaft und Forschungsdaten. Wichtig sind zudem die Vorschriften zur Nichtbeachtung der GWP, in denen die Rolle der Ombudspersonen und die Vorgehensweise bei einem wissenschaftlichen Fehlverhalten festgelegt sind.

Prof. Haag: Wir bemühen uns, Konflikte zu lösen und zwischen den Beteiligten zu vermitteln. Dabei beachten wir die Grundsätze der Vertraulichkeit und der Fairness, immer unter Berücksichtigung der Unschuldsvermutung für die involvierten Parteien.

Wie sieht das konkret in der Praxis aus?

Castro-Lesching: Wer eine Frage oder ein Anliegen zur guten wissenschaftlichen Praxis hat, kann uns gerne kontaktieren. Beispielsweise stellt sich in Forschungsprojekten mit mehreren Projektbeteiligten häufig die Frage, wer aufgrund eines wissenschaftlichen Beitrags Autor*in bzw. Koautor*in einer Publikation ist. Auch Plagiatsvorwürfe gehören in den Zuständigkeitsbereich der Ombudspersonen. Eine Beratung zu solchen Themen kann telefonisch, per Zoom-Sitzung oder vor Ort stattfinden. Auf Wunsch führen wir auch ein Gespräch mit der anderen beteiligten Partei. Zudem nehmen wir an Veranstaltungen des Graduiertenzentrums teil, damit die Promovierenden uns persönlich kennenlernen.

Haag: Wenn ein*e wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in etwa im Rahmen eines Forschungsprojekts oder eines Veröffentlichungsprozesses einen Sachverhalt bemerkt, der fragwürdig erscheint, bei dem die Person also ein ungutes Gefühl mit Blick auf die gute wissenschaftliche Praxis hat, dann kann sie sich jederzeit an uns wenden. Solche Sachverhalte könnten zum Beispiel den Umgang mit fremdem geistigem Eigentum, ethische Standards bei der Durchführung von wissenschaftlichen Erhebungen oder auch die adäquate Betreuung im Rahmen von Promotionsprozessen betreffen. Und dabei ist es unerheblich, ob sie von diesem möglichen Missstand persönlich betroffen ist oder ob sie ihn gewissermaßen als „neutrale*r Beobachter*in“ erkennt.

Warum haben Sie sich für Ihre neue Aufgabe entschieden? Was reizt Sie an Ihrer Arbeit?

Castro-Lesching: Ich habe mich für diese Aufgabe entschieden, weil sie mir die Möglichkeit gibt, Forschende in einer schwierigen Situation zu begleiten. Manchmal ist es für die Betroffenen schon hilfreich, über ihr Anliegen zu sprechen. Außerdem ist es für alle Seiten von Vorteil, Konflikte einvernehmlich zu lösen. Dabei können wir als Ombudspersonen helfen.

Haag: Bei der Ausübung unseres Amtes ist uns sehr daran gelegen, insbesondere dem wissenschaftlichen Nachwuchs unserer Hochschule als Vertrauenspersonen zu dienen. Unsere Türen stehen jederzeit offen, gerade in solchen Fällen, bei denen die Hemmschwelle zu groß ist, die Dinge gegenüber den Vorgesetzten offen anzusprechen.

Können Sie eigene Schwerpunkte setzen? Wenn ja, welche?

Castro-Lesching: Grundsätzlich sind wir an das in der neuen Ordnung vorgeschriebene Verfahren gebunden. Aufgrund unseres fachlichen Hintergrunds werden wir aber sicherlich gewisse Schwerpunkte setzen und unterschiedliche Perspektiven einnehmen. Auch im Rahmen von Fortbildungen können wir uns auf bestimmte Themen konzentrieren. So bietet die DFG Workshops für Ombudspersonen zu Mediation und Konfliktmanagement an. Auch Fortbildungsangebote zum Forschungsdatenmanagement oder zum Einsatz von KI in der Forschung sind für unseren Aufgabenbereich von Interesse.

Haag: Unsere Arbeit wird natürlich wesentlich durch die konkreten Fälle bestimmt, die von den Hochschulangehörigen an uns herangetragen werden. Daraus ergibt sich eine gewisse thematische Vielfalt, mit der wir uns im Alltag beschäftigen. Gleichzeitig werden wir aber auch die Möglichkeit haben, uns mit bestimmten Schlüsselthemen, die für GWP zunehmend an Bedeutung gewinnen, intensiver zu beschäftigen und für unsere Hochschule gültige Positionen und Leitlinien zu erarbeiten.

Künstliche Intelligenz, z. B. in Form von text- und bildverarbeitenden Chatbots wie ChatGPT, wird sich zunehmend auf Lehre und Forschung auswirken. Welche Herausforderungen sehen Sie für die gute wissenschaftliche Praxis?

Castro-Lesching: Schon jetzt stellt der Umgang mit Quellen in wissenschaftlichen Arbeiten eine Herausforderung dar, wenn KI-generierte Inhalte eingebunden werden. Diese Problematik wird sich in Zukunft sicherlich noch verschärfen. Daher wird es wichtiger denn je sein, das in der „Ordnung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ verankerte Prinzip der Ehrlichkeit sich selbst und anderen gegenüber zu berücksichtigen.

Haag: Werte wie Ehrlichkeit und Redlichkeit sowie die Forderung nach Ausweisung von Quellen verlieren durch die Einbeziehung neuer Technologien ja grundsätzlich nicht an Gültigkeit. Es besteht aber die Notwendigkeit, bestimmte Praktiken an die neuen Gegebenheiten anzupassen, bestehende Richtlinien gegebenenfalls umzuformulieren oder durch Klarstellungen zu ergänzen, etwa im Hinblick auf die Ausweisung von KI-generierten Fremdleistungen. Seitens der DFG finden in diesem Zusammenhang bereits Diskussionen und Beratungen statt, inwieweit der von ihr bereitgestellte Kodex ergänzt werden sollte. Wir werden diese Entwicklungen aufmerksam verfolgen und – soweit erforderlich und sinnvoll – auch für die TH Köln adaptieren.

November 2023

Ein Beitrag von

Daniel Schäfer

Team Presse und Öffentlichkeitsarbeit


M
M