Mobilität von morgen

Wie bewegen sich Menschen zukünftig in Städten fort? Darüber diskutieren internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beim Symposium „Science meets City“ der Kölner Wissenschaftsrunde und der TH Köln am Freitag, 20. Mai, von 12 bis 17 Uhr.

Im Interview geben Prof. Dr. Michael Frantzen vom Institut für Fahrzeugtechnik und Prof. Jochen Siegemund von der Fakultät für Architektur vorab einen Einblick in die Zukunft der Mobilität im städtischen Raum.

Porträt von Prof. Dr. Michael Frantzen Prof. Dr. Michael Frantzen (Bild: Michael Frantzen)

Wie sieht die Mobilität in Zukunft aus? Welches Fortbewegungsmittel wird in Städten dominieren?

Frantzen: Vielfältiger und deutlich sauberer sowie intermodaler. Letzteres bedeutet, dass verschiedene Verkehrsmittel in einer Reisekette miteinander verknüpft werden. In den Innenstädten wird man wieder mehr zu Fuß gehen sowie Fahrrad und eScooter fahren. Zudem wird es zum Teil automatisiert fahrenden öffentlichen Personennahverkehr – ÖPNV – geben. Das ist effizienter als das momentan kaum fahrende, im Stau stehende oder parkende Auto. Auch wenn ich dieses – wohl in der Anzahl reduziert und kleiner dimensioniert – weiterhin sehe.

Siegemund: Klima- und umweltgerechte Konzepte werden im Fokus stehen. Beispielsweise die 15-Minuten-Stadt, in der sich alltägliche Wege in maximal einer Viertelstunde zurücklegen lassen. Überwiegen wird das Rad oder das zu Fuß laufen.

Was muss sich in Städten ändern? 

Frantzen: Städte sind zunächst an Häfen oder Flüssen, Thermalquellen, Handelswegen und schließlich Eisenbahnknoten entstanden. In den letzten hundert Jahren hat der Automobilverkehr in erheblichem Maße Anteil an der Stadt- und Mobilitätsentwicklung. Die Städte sind diesbezüglich inzwischen weit über ihre Kapazitätsgrenzen hinaus belastet. Vielerorts herrscht weitgehender Konsens, dass die Innenstädte entlastet werden müssen. Einfahrverbote sind aber nicht die alleinige Lösung. Neue, intelligente Konzepte müssen her und für eine Akzeptanz auch gut funktionieren.

Siegemund: Die heutige Gesellschaft verbindet städtische Mobilität zunehmend mit negativen Erfahrungen und Gedanken: Unsicherheit, Stau, Stress und Baustellen. Urbaner Raum ist zu wertvoll, um hier Fahrzeuge zu parken. Wege und Orte einer Stadt müssen wieder lebenswert, sicher, schön, sinnstiftend, kommunikativ, gesund und resilient gestaltet sein und damit Identität, Partizipation, Vielfalt an Service-Nutzungsangeboten sowie positive Erlebnisse für Bürgerinnen und Bürger bieten.

Porträt von Prof. Jochen Siegemund Prof. Jochen Siegemund (Bild: Jochen Siegemund)

Wie trägt nachhaltige Mobilitätsplanung zum Klimaschutz bei?

Frantzen: Für den Klimaschutz muss unter anderem das Treibhausgas CO2 reduziert werden. Elektromobilität alleine ist noch nicht zielführend und verlagert das Problem nur zu den Kraftwerken, die aktuell noch viel Kohle und Gas verbrennen. Wir benötigen eine schlaue Kombination aus: Wege vermeiden, geändertem Mobilitätsverhalten, sauberen Technologien und effektiverem Umgang damit.

Siegemund: Nachhaltige Mobilitätsplanung erfordert nicht nur fachliche Kenntnis von Ingenieurinnen und Ingenieuren, sondern in erster Linie das Wissen über inter- und transdisziplinäre Entwurfs- und Planungsmethoden von nachhaltigen, lebenswerten, klima- und CO2-neutralen Städten und Architektur, beziehungsweise in Europa über nachhaltigen Stadtumbau.

In welcher Form können Wissenschaft und Städte in dieser Hinsicht näher zusammenarbeiten?

Frantzen: Die Wissenschaft kann neue Technologien, Konzepte und Lösungen vorschlagen und bei der Umsetzung in enger Zusammenarbeit mit Städten, Kommunen, der lokalen Wirtschaft und der Industrie helfen. Dabei sollten auch die jungen Generationen eingebunden werden. Deshalb sehe ich hier auch eine besondere Verantwortung der Hochschulen.

Siegemund: Rohstoffe der Zukunft sind Wissen, Kreativität und Kommunikation. Dieses globale, netzwerkartige Ineinandergreifen von materiellen und immateriellen Produktionen wirkt sich auf unsere Lebens- und Arbeitswelten aus. Vor diesem Hintergrund tun Städte, Regionen und Wissenschaft sehr gut daran, in Lehre, Forschung und in Form von Kooperationen eng zusammenzuarbeiten und sich weiterzuentwickeln.

Was ist das Ziel des Symposiums „Science meets City“ am 20. Mai?

Frantzen: Ziel der Veranstaltung ist der Austausch und ein nachhaltiger Dialog mit internationalen Partnern. Außerdem sind Kooperationen und zunächst unterschiedliche Sichtweisen bei der Ideenfindung, in Kreativprozessen und der Ausarbeitung von ganz neuen Ansätzen sehr zielführend. Die TH Köln ist, zusammen mit ihren Hochschulpartnern bestrebt, die Zusammenarbeit in Forschung und Lehre zu verstetigen.

Siegemund: Wir von der Fakultät für Architektur treffen hier auch Kolleginnen und Kollegen einiger unserer internationalen Partnerhochschulen, wie zum Beispiel der Université Gustave Eiffel aus Paris.

Das Symposium findet im Rahmen der polisMOBILTY statt. Auf der Messe zur Zukunft von Mobilität und urbanem Leben präsentiert sich vom 18. bis zum 21. Mai 2022 außerdem der interdisziplinäre Studierendenwettbewerb „Smart Mobility Challenge“ der Fakultät für Architektur sowie der Fakultät für Fahrzeugsysteme und Produktion. Dabei entwickeln Studierende kreative Ideen für die Lösung von Problemen der städtischen Mobilität. Mit einem eigenen Messestand werden Projekte und Start-ups vorgestellt, die im Wettbewerb entstanden sind.

polisMOBILTY

Mai 2022

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