Mediensymposium „Im Zweifel auch für den Hass?“

Prof. Dr. Thomas von Danwitz, Prof. Dr. Rolf Schwartmann, Prof. Dr. Günter Krings, Dr. Christian-Henner Hentsch, Marie-Teresa Weber, Dr. Arnd Haller, Dr. Tobias Schmid  (Bild: Thilo Schmülgen/TH Köln)

Expertinnen und Experten diskutierten beim 8. Kölner Mediensymposium „Im Zweifel auch für den Hass?“ das Netzdurchsetzungsgesetz und wie es mit der Meinungsfreiheit und ihren Grenzen im Netz bestellt ist.


Mit dem „Netzdurchsetzungsgesetz“ (NetzDG) möchte die Bundesregierung der zunehmenden Verbreitung von Hass und Falschnachrichten im Internet und besonders in den Sozialen Medien begegnen. Unter anderem sollen Plattformbetreiber rechtswidrige Inhalte innerhalb von sieben Tagen löschen, offensichtlich rechtswidrige Inhalte sogar innerhalb von 24 Stunden.

Kommen Betreiber dem nicht nach, sind Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro vorgesehen. Ob dieses Gesetz der richtige Weg ist und wie es mit der Meinungsfreiheit und ihren Grenzen im Netz bestellt ist, diskutierten Expertinnen und Experten beim 8. Kölner Mediensymposium der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht der TH Köln unter dem Titel „Im Zweifel auch für den Hass?“. Die Forschungsstelle organisierte das Symposium gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Gesetzgebung e. V. (DGG) und der Landesanstalt für Medien NRW (LfM).

Prof. Dr. Günter Krings, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern und Vorsitzender der DGG betonte in seiner Begrüßung die Bedeutung einer entsprechenden Gesetzgebung. Allerdings teile er einige Kritikpunkte am aktuellen Entwurf, etwa den engen Zeitrahmen für die Beratungen. „Keine Regelung ist aber nicht die bessere Alternative“, so Krings. Er gehe davon aus, dass das NetzDG bereits kurz nach seiner Verabschiedung optimiert werden muss.

Auch Prof. Dr. Rolf Schwartmann, Leiter der Forschungsstelle, hält ein „gesetzgeberisches Unterlassen“ für keine Option. Der Entwurf des NetzDG könnte allerdings künftig ein „Over-Blocking“ auslösen: Aus Angst vor hohen Bußgeldern löschen Plattformbetreiber dann bei jeder Beschwerde die entsprechenden Beiträge, darunter auch nicht-rechtwidrige Meinungsäußerungen. Zudem sei es problematisch, wenn privatwirtschaftliche Unternehmen darüber entscheiden, ob eine Meinungsäußerung rechtswidrig ist.

Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW sind zwei Drittel aller Befragten schon mit Hate Speech in Kontakt gekommen, unter den 14- bis 24-Jährigen sogar 94 Prozent. Dies verdeutliche das gesellschaftliche Problem, so LfM-Direktor Dr. Tobias Schmid. Er hält ein reines Löschen von Hasskommentaren für nicht ausreichend. Denn so könnten sich die Strafverfolgungsbehörden kein Bild von der Gesamtlage machen. Zudem wüssten die Täter nicht, warum sie gelöscht werden und würden nicht mit ihrer potentiellen Straftat konfrontiert.

„Wir begrüßen das Ziel des Netzdurchsetzungsgesetzes und die Debatte über das Thema“, betonte Dr. Arnd Haller, Leiter Recht von Google Nordeuropa. Aber der aktuelle Entwurf sei handwerklich schlecht gemacht und habe katastrophale Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit. Auch er sieht die Gefahr des Over-Blockings: „Die Kombination aus einem extrem hohen Bußgeld und einer rigiden Frist wird dafür sorgen, dass sehr viel gelöscht wird.“

Prof. Dr. Thomas von Danwitz, Kammerpräsident am Gerichtshof der Europäischen Union, und Marie-Teresa Weber, Bereichsleiterin Verbraucherrecht & Medienpolitik des Branchenverbandes bitkom, ergänzten anschließend die Podiumsdiskussion.

Juni 2017

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