Ein Artikel aus dem Hochschulmagazin inside out #60 (2022)

Kreativ gestalten mit KI

Künstliche Intelligenz und Design? Auch hier halten KI-Technologien zunehmend Einzug. Sie finden bereits in Lehrprojekten an der Köln International School of Design (KISD) statt. Mit „KI greifbar machen und begreifen: Technologie und Gesellschaft verbinden durch Gestaltung“ wird die Integration von KI ins Designstudium sukzessive ausgeweitet. Die Studierenden lernen den Umgang mit KI als Werkzeug.

Ein Insekt mit buntem Wuschelfell und niedlichen Pokémon-Augen, das andere hat Ohren, die einem Schmetterling gleichen. Bilder von Mensch-Tier-Hybriden zeigen die KISD-Studentinnen Laura Wagner und Lisa Marleen Mantel in ihrer Arbeit Entomon. Dazu wurde ein Generative Adversarial Network – ein neuronales Netz, das eigentlich für die Erzeugung realistisch anmutender Portraitbilder trainiert wurde – mit einem Datensatz aus Bildern von Insekten neu trainiert. Die daraus resultierenden Chimären-Bilder stellen grundsätzliche Fragen nach dem Status essentieller Körperlichkeit und Normalität.

Im Kurzfilm Paeonia / Paeonai präsentiert KISD- Student Matthias Grund Bilder aus dem Lernprozess eines neuronalen Netzes. Der Fokus liegt hier auf der Erzeugung von Datensätzen für das Training Künstlicher Intelligenz. Das Generative Adversarial Network wurde mit 2.200 Fotos einer einzigen Pfingstrose (Paeonia) – von der Knospe bis zum Verblühen – zur Bilderzeugung trainiert. Das resultierende Bildmaterial spiegelt den Bildgegenstand, den Lebenszyklus der Pflanze sowie die technischen Eigenschaften des Systems wider, das ihn zu repräsentieren versucht. Initiiert haben das Lehrprojekt zum KI-Einsatz Prof. Dr. Laura Popplow und Prof. Dr. Lasse Scherffig. Die Ergebnisse stellten die Studierenden auf der internationalen Konferenz „Politics of the Machines: Rogue Research“ vor.

Intro-Bild Kurzfilm Paeonia / Paeonai (Bild: Matthias Grund)

Mit 2.200 Fotos einer Pfingstrose trainierte KISD-Student Matthias Grund ein Generative Adversarial Network zur Bilderzeugung. Entstanden ist daraus sein Kurzfilm Paeonia / Paeonai über den Lernprozess eines neuronalen Netzes.

zum Film auf der Videoplattform vimeo


KI in der Hochschullehre

Jetzt soll das Verbundvorhaben KITeGG die Einbettung von KI-Methoden in die Hochschullehre von Design in Zukunft intensivieren: „Wir werden einen Verbund gestalterischer Fachbereiche und Hochschulen aufbauen, um die Lehre von KI-Themen und -Methoden nachhaltig in der gesamten Breite der Gestaltung zu verankern“, sagt Scherffig, der den Projektteil der TH Köln koordiniert. Ziel ist es, die Lehre von KI-Methoden so in die (Aus-)Bildung einzubinden, dass Designstudierende in der Lage sind, diese reflektiert in der Gestaltung einzusetzen. Sie sollen über Wissen zu aktuell und zukünftig relevanten Technologien der Künstlichen Intelligenz sowie über grundsätzliche technische Kenntnisse verfügen. Zugleich sind auch ethische und rechtliche Fragestellungen bezüglich KI systematisch zu berücksichtigen. Neben der KISD sind die Hochschule Mainz, die Hochschule für Gestaltung Offenbach, die Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd und die Hochschule Trier Teil des Verbunds.

Aber welchen Vorteil hat es, eine KI in den Gestaltungsprozess mit einzubeziehen? „Die Rolle von KI in der Gestaltung ist zweierlei“, erklärt Lasse Scherffig: „Einerseits beginnen Methoden der Künstlichen Intelligenz bereits jetzt die gestalterische Arbeit zu transformieren – durch Automatisierung von Arbeitsschritten und die Erzeugung neuer ästhetischer Handlungsfelder in Gebieten wie Bildbearbeitung und Bildsynthese, aber auch in Bereichen wie dem Webdesign. Andererseits werden Interaktions-, Interface-, Produkt- und Service-Design zunehmend mit der Aufgabe konfrontiert sein, Benutzerschnittstellen und Anwendungskontexte zu gestalten, in denen KI-Systeme eine Rolle spielen, von der Automatisierung in Industrie und Verwaltung bis zu ,smarten‘ Produkten und Apps. Das Projekt KITeGG zielt daher darauf ab, KI-Methoden als Werkzeug und Gegenstand von Gestaltung zu etablieren.“

Das Forschungsteam erstellt eine cloudbasierte Infrastruktur, mit der die angehenden Gestalterinnen und Gestalter beim Erlernen von KI-Methoden unterstützt werden und die über das Projekt hinaus das Bewusstsein für KI im Design stärken soll. „Im Bereich der Programmierung haben sich in den vergangenen Jahren mit dem Creative Coding und der generativen Gestaltung Arbeitsfelder eines gestalterischen Umgangs mit Technologie herausgebildet, einschließlich eigener Studiengänge und Lehrbücher. Für das Feld der KI steht diese Entwicklung aus und soll im Projekt vorangetrieben werden“, sagt Scherffig. Zudem steht die Entwicklung neuer kompetenzorientierter Lehreinheiten mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten und methodischen Herangehensweisen der Gestaltung an das Thema KI im Mittelpunkt. Interdisziplinäre Labore als Lernumgebungen für forschendes Lernen sollen die Studierenden mit Künstlicher Intelligenz und deren verantwortungsbewusstem Einsatz vertraut machen.

Neues Lab an der TH Köln

Die Projekt-Schwerpunkte der KISD liegen im Bereich Co-Design und der Gestaltung„intelligenter“ Objekte. Dafür wird seit Dezember 2021 das „Living Objects Lab“ eingerichtet. Als Labor für die Integration „intelligenten“ Verhaltens in Objekte und Produkte wird es in Kooperation mit den bestehenden Laboren und Werkstätten der KISD arbeiten und verschiedene Designdisziplinen – von Interaction Design und Interface Design bis zu Motion- und Produktdesign – interdisziplinär miteinander verbinden.

Darüber hinaus beschaffen alle Projektpartner gemeinsam einen Großrechner. Im Hochleistungsrechenzentrum der Universität Mainz soll so die bisher erste gemeinsame IT-Infrastruktur für Gestaltungsdisziplinen in Deutschland aufgebaut werden. „Es entsteht ein flexibles System für den Einsatz unterschiedlichster KI-Modelle, das die Lehrenden und Studierenden aller Partnerinstitutionen verwenden können und das ihnen ermöglicht, Rechenkapazitäten jenseits dessen zu nutzen, was in der hochschulischen Designlehre normalerweise zur Verfügung steht“, so Scherffig.

Juli 2022

Ein Artikel aus dem Hochschulmagazin inside out #60 (2022)


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