Forschung an der TH Köln im Wandel

Porträt (Bild: Thilo Schmülgen/TH Köln)

Am 1. August 1971 wurde in Nordrhein-Westfalen die Fachhochschule als neuer Hochschultyp eingeführt. Im Fokus standen zunächst kurze Studienzeiten und ein hoher Praxisbezug – Forschung war dabei nicht vorgesehen. Prof. Dr. Gerhard Braun blickt im Interview auf seine Studienzeit an der damaligen FH Köln zurück und beschreibt, wie sich die Hochschule zu einem Innovationsmotor entwickelt hat.

Prof. Braun, Sie haben 1971/72 Ihr Studium in Verfahrenstechnik an der frisch gegründeten FH Köln begonnen. Welche Rolle hat Forschung damals gespielt?

Forschung war nicht immer schon Ziel der Fachhochschulen, das hat sich erst nach und nach entwickelt. Ursprünglich stand der Ausbildungsgedanke mehr im Mittelpunkt. Labore zum Beispiel waren bei weitem nicht so gut ausgestattet und wurden nicht so intensiv genutzt, wie das heute der Fall ist – seinerzeit wurden sie eigentlich nur für studentische Praktika genutzt. Von Forschung in einem solchen Umfang, wie das mittlerweile Standard an der Hochschule ist, konnte da noch keine Rede sein.

Seit 1997 sind Sie Professor am Institut für Anlagen- und Verfahrenstechnik. Wie stand es bei Ihrer Rückkehr an die Hochschule um die Forschung?

Es gab sicherlich schon mehr Möglichkeiten, Forschungsreisen wurden akzeptiert und es gab spezielle Forschungsprogramme für Fachhochschulen, um Projekte voranzubringen. Trotzdem stand die Lehre immer noch im Vordergrund. Das wird insbesondere mit Blick auf Forschungsanträge deutlich: Wer aktiv Forschung betreiben wollte, hatte noch einige Hürden zu nehmen wie den nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand. Mittlerweile haben sich diese Strukturen zum Glück geändert – viele Mechanismen haben sich eingespielt und Forschung ist Teil des Selbstverständnisses der Hochschule geworden. Im Rahmen meines ersten Projekts "Verfahrensentwicklung zur biologischen Entfärbung von Reaktivfarbstoffen in Restflotten und Konzentraten" haben wir beispielsweise eine kooperative Promotion umgesetzt. Für den Antrag war das damals noch ein starkes Argument und echtes Highlight – heute ist das ein Muss. Das verdeutlicht, wie sich die Forschung an der Hochschule gewandelt hat.

Wie konnte sich die Hochschule zu einem forschungsstarken Innovationsmotor entwickeln?

Dazu haben mehrere Faktoren beigetragen. Zunächst haben sich die Strukturen innerhalb der Hochschule verändert. Wir haben mit Prof. Dr. Klaus Becker einen sehr engagierten Vizepräsidenten für Forschung und Wissenstransfer und in der Verwaltung mittlerweile zahlreiche Spezialistinnen und Spezialisten für Forschungsprogramme unterschiedlicher Art – das erleichtert die Antragstellung und -abwicklung enorm. Darüber hinaus hat auch die Umstellung auf Bachelor und Master viel verändert: Dadurch können wir längerfristig mit Studierenden arbeiten und die Ergebnisse dieser Arbeit für Projektanträge nutzen. Es gab aber auch weitere bedeutsame Meilensteine wie die Gründung des ersten Forschungsinstituts der TH Köln im Jahr 2013, welche die Forschung an der Hochschule auf ein neues Level gebracht haben. Das STEPs – das steht für Sustainable Technologies and Computational Services for Enviromental and Production Processes – wurde zunächst als Kompetenzplattform gegründet. Ziel war und ist die Entwicklung von nachhaltigen Verfahren und informationstechnischen Diensten für Umwelt und Produktion. Innerhalb von fünf Jahren konnten dort zwölf Promotionen umgesetzt werden und die Kompetenzplattform STEPs wurde als Forschungsinstitut weitergeführt.

Wie hat sich Ihre Forschung im Laufe der Zeit verändert?

Als ich vor mehr als 20 Jahren an die Hochschule zurückgekehrt bin, habe ich einige Themen aus meiner Zeit im Industrieanlagenbau mitgenommen, da ging es im Wesentlichen um Wasseraufbereitung. Bei der Umsetzung meines ersten Projekts hat mir damals sehr geholfen, dass ich schon konkrete Forschungsideen hatte. Nach und nach konnte ich dann mein Labor aufbauen und Strukturen festigen. Im Laufe der Zeit hat sich mein Forschungsschwerpunkt mehr in Richtung Membranprozesse verschoben. Das ist auch ein gutes Zeugnis für einen funktionierenden Forschungsbetrieb: wenn die Strukturen so gefestigt sind, dass man frei an wichtigen Themen forschen kann.

August 2021

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