Das Interview führte:

Marcel Hönighausen

Team Presse und Öffentlichkeitsarbeit

Erneuerbare Energien im Fokus: Wasserkraft

Wasserfall (Bild: TH Köln)

Vom Wasser zum Strom: Wasserkraft, also die Umwandlung der Strömungsenergie von fließendem Wasser in elektrische Energie, ist unter den erneuerbaren Energien global betrachtet am weitesten verbreitet. Prof. Dr. Christian Jokiel vom Institut für Baustoffe, Geotechnik, Verkehr und Wasser spricht über die Technologie, ihr Potenzial und darüber, wie das Thema an der Hochschule behandelt wird.

Energie durch Wasserkraft – wie geht das?

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie Energie aus Wasser gewonnen werden kann: Zum einen kann die Bewegungsenergie des Wassers, also die Strömung, in nutzbare Energie umgesetzt werden. Das ist zum Beispiel ganz klassisch bei Wassermühlen der Fall. Hier treibt ein von der Strömung in Drehung versetztes Rad zum Beispiel ein Mahlwerk an. Darüber hinaus gibt es die potenzielle Energie des Wassers, die so genannte Lage- oder Höhenenergie, die sich Wasserkraftwerke zunutze machen. In Stauanlagen wird Wasser zurückgehalten und kontrolliert durch eine oder mehrere Turbinen geleitet. Diese Turbinen treiben Generatoren an, die aus der mechanischen Rotationsenergie elektrischen Strom erzeugen. Je größer nun die gespeicherte Wassermenge und je größer der Höhenunterschied der Staustufe, mit desto mehr Geschwindigkeit und Druck durchfließt das Wasser die Turbinen und desto mehr elektrische Energie kann das Kraftwerk liefern.

Prof. Dr.-Ing. Christian Jokiel, Institut für Baustoffe, Geotechnik, Verkehr und Wasser Prof. Dr.-Ing. Christian Jokiel, Institut für Baustoffe, Geotechnik, Verkehr und Wasser (Bild: TH Köln)

Wie wird dieses Thema in Lehre und Studium vermittelt?

Im Studiengang Bauingenieurwesen wird das Modul „Konstruktiver Wasserbau“ angeboten, in dem das Thema Wasserkraft aufgegriffen wird. Dabei geht es um die Funktionsweise von Wasserkraftanlagen und verschiedenen Turbinenarten, die je nach Stauhöhe und Wassermenge eingesetzt werden. Wie eine solche Turbine grundsätzlich funktioniert, wenn Wasser durch sie hindurchfließt, lässt sich anhand des Modells eines Kraftwerks in unserem Wasserbaulabor am Campus Deutz nachvollziehen. Darüber hinaus erhalten Studierende im Rahmen von Exkursionen zu Wasserkraftanlagen in der Eifel tiefergehende Einblicke in die Praxis.

Was leistet die Hochschule in der Forschung in diesem Bereich?

Im Wasserbaulabor beraten wir aktuell das Team des Start-ups RheinSharing bei der Gestaltung einer Turbine. Das Start-up, das von Studierenden der Hochschule gegründet wurde, möchte die Strömung des Rheins mit Hilfe von kleinen dezentralen Wasserkraftwerken zur Energiegewinnung nutzen. Darüber hinaus erforschen wir sehr intensiv ein Thema, das indirekt mit Wasserkraft zusammenhängt: In Stauseen, die für Wasserkraftwerke angelegt werden, wird nämlich der natürliche Sedimenttransport unterbunden. Dadurch lagern sich dort vermehrt organische Stoffe an, durch deren Abbau erhebliche Mengen des Treibhausgases Methan entstehen. In mehreren Forschungsprojekten haben wir einen Prototyp entwickelt, mit dem Methangas geerntet und gleichzeitig der Sedimenttransport gefördert werden kann.

Wie sieht die Zukunft der Wasserkraft aus?

In Deutschland hat die Wasserkraft derzeit einen Anteil von drei Prozent am gesamten Strommix. Bezogen auf die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien liegt der Anteil bei etwa acht Prozent. Daran wird sich perspektivisch nur geringfügig etwas ändern, da das Land einfach nicht die optimalen geographischen Bedingungen für diese Energieform hat. Allerdings ermöglicht Wasserkraft auch hierzulande, Energie verlustfrei in Stauräumen von Talsperren zu speichern. So kann mithilfe von Strom aus anderen erneuerbaren Energiequellen wie Windkraft oder Photovoltaik Wasser in ein hochgelegenes Speicherbecken gepumpt werden. Die Energie lässt sich dann wieder nutzen, wenn der Bedarf hoch ist oder mit Wind und Sonne keine Energie erzeugt werden kann. Was in Deutschland ebenfalls möglich und sinnvoll ist, ist der Ausbau von dezentralen Kraftwerken wie das RheinSharing plant. Solche Anlagen könnten zum Beispiel den Energiebedarf einer kleinen Siedlung decken oder Stromanschlüsse für E-Autos ermöglichen.

Global betrachtet sieht das wieder etwas anders aus: Hier beträgt der Anteil von Wasserkraft am gesamten Strommix 17 Prozent und könnte auch noch weiter steigen. Zum einen durch weitere große Wasserkraftanlagen, zum anderen aber auch durch Strömungs-, Wellen- oder Gezeitenkraftwerke im Meer. Letztere wandeln die Energie aus dem Tidenhub des Meeres, den gezeitenabhängigen Hebungen und Senkungen des Wasserstandes, in elektrischen Strom um. In Deutschland ist der Tidenhub recht gering, aber in anderen Ländern bietet er viel Potenzial für die Stromerzeugung. Während diese Technologie schon recht ausgreift ist, bedarf es bei Strömungs- und Wellenkraftwerken noch weiterer Forschung, um das Ganze zu optimieren.

April 2023

Das Interview führte:

Marcel Hönighausen

Team Presse und Öffentlichkeitsarbeit


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