Erneuerbare Energien im Fokus: Biomasse

Anlage für Biomasse (Bild: TH Köln)

Strom aus Zuckerrüben, Mais oder Bioabfall? Das geht! Im Interview erläutert Prof. Dr. Peter Stenzel vom Cologne Institute for Renewable Energy (CIRE), wie aus Biomasse Energie gewonnen wird, wo man in der Hochschule daran arbeitet und was uns in Zukunft erwartet.

Energie durch Biomasse – wie geht das?

Die Nutzung von Biomasse zur Energieerzeugung ist sehr vielfältig: Angefangen vom klassischen Scheitholzkamin in Einfamilienhäusern bis hin zu hochmodernen Holzhackschnitzel-Heizkraftwerken in der Versorgung von Nahwärmenetzen spielt erneuerbare Raumwärme aus Biomasse aktuell eine überaus wichtige Rolle. Darüber hinaus kann durch Vergärung von organischen Materialien Biogas erzeugt werden. Das lässt sich entweder direkt in Blockheizkraftwerken zur gekoppelten Strom- und Wärmeerzeugung nutzen oder kann aufbereitet und in Erdgasnetze eingespeist werden – und so fossiles Erdgas ersetzen. Weiterhin ist es zum Beispiel möglich, Biomethan zu verflüssigen und als Bio-LNG zu nutzen, vor allem im Schwerlastverkehr.

Prof. Dr.  Peter Stenzel Prof. Dr. Peter Stenzel vom Cologne Institute for Renewable Energy (CIRE) (Bild: Peter Stenzel)

Wie wird dieses Thema in Lehre und Studium vermittelt?

Das Thema Bioenergie ist fester Bestandteil unseres Studiengangs Erneuerbare Energien. Im Bachelor wird das Thema erstmals im Grundlagenmodul „Einführung in die Erneuerbaren Energien“ aufgegriffen. Hier wird ein breiter Überblick zur energetischen Biomassenutzung gegeben. Im projektbasierten Modul „Bioenergie und regenerative Gastechnik“ wird das bisherige Wissen dann im Hauptstudium vertieft. Hier steht die Erzeugung und Nutzung regenerativer Gase im Fokus. In Praktika und studentischen Projekt- und Abschlussarbeiten besteht zudem die Möglichkeit der weiteren Spezialisierung und der Arbeit an aktuellen wissenschaftlichen Fragestellungen aus dem Bereich Bioenergie.

Was leistet die Hochschule in der Forschung in diesem Bereich?

Ein Forschungsschwerpunkt ist die Nutzung von Biomasse, Abfall- und Reststoffen für die Herstellung von Wasserstoff und anderen regenerativen Gasen. Die Technikumsanlagen am Standort :metabolon zur Methanpyrolyse, Feststoff-Vergasung und -Pyrolyse nutzen wir für eine Vielzahl aktueller Fragestellungen, von der Synthesegasproduktion für die chemische Grundstoffindustrie bis zur dezentralen Wasserstoffproduktion für den Verkehrssektor. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Erforschung von synergistischen Nutzungskaskaden, also der Mehrfachnutzung von Abfall- und Reststoffen durch die Kopplung vorhandener Anlagen zur Bioenergiegewinnung. Solche Bioraffinerien nutzen Biomasse als mehrstufiges Rohmaterial für die nachhaltige Erzeugung verschiedener Zwischen- und Endprodukte wie Arzneimittel, Chemikalien, Materialien, Kraftstoffe, Strom und Wärme.

Wie sieht die Zukunft der Biomasse aus?

Die Rolle der Bioenergie wird sich in Zukunft stark verändern. Bioenergie hat den großen Vorteil, dass sie relativ gut speicherbar ist und somit bedarfsorientiert eingesetzt werden kann. So ergänzt sie andere erneuerbare Energieträger. Biogene Gase könnten in Salzkavernen, die aktuell noch für Erdgas genutzt werden, gespeichert werden und damit zur Sicherstellung der Energieversorgung während Dunkelflauten mit niedriger Erzeugung aus Wind und Photovoltaik beitragen. Biogene Energieträger könnten außerdem in der Bereitstellung von Hochtemperaturprozesswärme in der Industrie zum Einsatz kommen und fossiles Erdgas ersetzen. Darüber hinaus kann biogener Kohlenstoff in Verbindung mit grünem Wasserstoff ein wichtiger Ausgangsstoff für Industrieprozesse werden, zum Beispiel in der Stahlerzeugung oder bei der Herstellung synthetischer Kraftstoffe.

April 2023

Das Interview führte:

Carolin Brühl

Team Web-Kommunikation


M
M