Digitale Medienbildung und Teilhabe in Heimen und Internaten
Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert Forschungsprojekt der TH Köln und der Universität Hildesheim
In Deutschland leben rund 110.000 Kinder und Jugendliche in Wohnheimen der Kinder-, Jugend-, bzw. Behindertenhilfe und eine nicht nähere bekannte Zahl von Kindern und Jugendlichen in rund 300 Internaten. Im Unterschied zu den meisten jungen Menschen, die in privaten Haushalten leben, stehen ihnen oftmals weder Smartphones, Computer noch ein Internetzugang zur Verfügung. Sozial- und Rechtswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften der TH Köln und vom Institut für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim untersuchen gemeinsam, wie in Internaten und Heimen Medienbildung und digitale Teilhabe gelingen können.
Digitale Teilhabe im Schutzraum Heim
"Teilhabe bedeutet heute immer auch digitale Teilhabe. Wer nicht online ist, kann nur bedingt partizipieren und hat somit auch keine Möglichkeit, die digitale Welt mitzugestalten. Und wer nicht teilhaben kann, kann auch die neuen digitalen Bildungs- bzw. Möglichkeitsräume nicht für sich nutzen und damit auch keine Medienkompetenz entwickeln", sagt Prof. Dr. Angela Tillmann vom Institut für Medienforschung und Medienpädagogik, die zusammen mit dem Sozial- und Medienpädagogen André Weßel und Prof. Dr. Julia Zinsmeister vom Institut für Soziales Recht das Projekt am Standort Köln betreut.
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Die Pressemitteilung vom 18. März 2019 als PDF lesen.
Warum Kinder und Jugendliche in Heimen und Internaten oftmals keinen Zugang zu digitalen Medien haben, hat rechtliche, finanzielle und fachliche Gründe. In den Heimen der Erziehungshilfe leben auch Kinder, die in einem problematischen Umfeld aufgewachsen sind und Leid erfahren haben. Heime sollen ihnen Schutzräume bieten. Digitale Medien ermöglichen jedoch den zeit- und ortsunabhängigen Zugang zu Kontakten, auch zu solchen, die belastend sein können. "Pädagogische Fachkräfte in Heimen und Internaten befinden sich deshalb in einem schwierigen Spannungsverhältnis. Einerseits wollen sie Kindern und Jugendlichen den Zugang zu digitalen Medien ermöglichen, gleichzeitig sehen sie sich dazu aufgefordert, sie vor Risiken zu schützen, mit der Folge, dass sie den Umgang mit den neuen Medien streng reglementieren", sagt Zinsmeister.
Wie verändern sich Bildungsprozesse durch Medien?
Ziel des Projektes "24/7 – Pädagogik – digital: Gelingende Digitalisierung in Heimen und Internaten" ist es, herauszuarbeiten, welche Relevanz digitale Medien in Bildungsinstitutionen, in denen sich Kinder und Jugendliche rund um die Uhr aufhalten, haben. "Gemeinsam mit den Kindern, Jugendlichen und pädagogischen Fachleuten beleuchten wir, wie sich Bildungsprozesse und Erziehungspartnerschaften zwischen Kindern, Eltern und pädagogischen Fachkräften durch Medien und das Medienhandeln verändern", sagt Dr. Tanja Rusack, die mit Prof. Dr. Wolfgang Schröer im Hildesheimer Team das Projekt initiiert hat.
Über einen begrenzten Zeitraum werden die Sozialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler des Teams Kinder, Jugendliche und Fachkräfte aus vier verschiedenen Einrichtungen in ihrem alltäglichen Medienhandeln begleiten. Welche Formen digitaler Mediennutzung zugelassen, befördert, ignoriert oder verhindert werden und welche Auswirkungen dies für die Bildung von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung hat, wird ebenfalls erhoben und analysiert.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Darüber hinaus untersucht die Kölner Juristin Zinsmeister zusammen mit dem Kooperationspartner iRights Lab erstmals die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Mediennutzung in den Einrichtungen. Dabei berücksichtigen sie die Persönlichkeitsrechte der Kinder und Jugendlichen, die Aufsichtspflicht der Eltern und pädagogischen Fachkräfte sowie die Verantwortung des Einrichtungspersonals, beispielsweise im Bereich des Jugendmedienschutzes. Damit sollen rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten für die Mediennutzung aufgezeigt werden, die auch den pädagogischen Anforderungen Rechnung tragen.
Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse werden in Orientierungsrichtlinien und Handlungsempfehlungen, wie zum Beispiel in einen Leitfaden, FAQs oder Informationsangebote, einfließen.
Die Studie wird von der TH Köln in Kooperation mit der Universität Hildesheim durchgeführt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt mit insgesamt 570.000 Euro.
März 2019