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Andreas Krupa

Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft (CICS)

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Koreanische Gastwissenschaftler*innen restaurieren bedeutende Lackarbeit am CICS

Die Restaurierung eines bedeutenden koreanischen Kastens aus der Sammlung des Museum für Lackkunst Münster stand im Fokus des Besuchs zweier koreanischer Lackspezialist*innen am CICS. Der einmonatige Aufenthalt von Herrn Yang Seog Joong und Frau Lee Yun Seong wurde durch die Overseas Korean Cultural Heritage Foundation finanziert.

Im Oktober 2021 hatte das CICS die Ehre zwei koreanische Spezialist*innen für die Restaurierung von Objekten der Lackkunst zu Gast zu haben. Im Mittelpunkt des vierwöchigen Aufenthalts stand die Bearbeitung eines koreanischen Kleiderkastens (verm. 17./18. Jh.) der Joseon-Dynastie aus dem Museum für Lackkunst Münster, der zu diesem Anlass in die Ateliers der Studienrichtung Objekte aus Holz und Werkstoffen der Moderne nach Köln gebracht wurde. Das Museum hatte im Vorfeld die Studienrichtung angefragt, ob die Restaurierung in den Kölner Ateliers stattfinden könne, da das Lackmuseum keine eigene Restaurierungswerkstätte unterhält.

Bedeutende, vergleichbare Objekte mit Perlmutteinlagen in Lack sind in Korea eine Rarität. Der Korea-Expertin des Münsteraner Lackmuseums Dr. Patricia Frick gelang es für die Restaurierung finanzielle Mittel der Overseas Korean Cultural Heritage Foundation (OKCHF) einzuwerben, die für die Reise von Herrn Yang Seog Joong und Frau Lee Yun Jeong nach Deutschland eingesetzt wurden. Die OKCHF versteht Kunst und Kunsthandwerk aus Korea als Botschafter der koreanischen Kultur in der Welt und unterstützt daher Projekte zur Erhaltung des Kulturguts im Ausland.

Fachlicher Austausch

Im Grunde handelt es sich bei dem Kasten um ein für uns Europäer unbekanntes Möbel und auch die Dekoration mit den in den Lackfond eingelegten Motiven aus Perlmutt entspringt einer uns fremden Kultur. Der fachliche Austausch mit Herrn Yang und Frau Lee war eine einmalige Chance das Objekt und seine Bedeutung besser zu verstehen.

Der nur 24,7 x 65,7 x 34,8 cm messende Kasten ("Ostanga") eignet sich offenbar zur Aufnahme nur eines oder weniger besonderer Gewänder - eine bei uns im 17./18. Jh. nicht bekannte Möbelgattung. Die Motive auf der Deckeloberseite zeigen mittig ein stilisiertes Schriftsymbol ("shou"), welches Gesundheit und Glück verheißen soll. Das Schriftmedaillon wird durch schwebende Phönix- und Kranichpaare eingefasst, die symbolisch auch die beiden genannten Sinnbilder aufgreifen. Die Gestaltung erfolgte in der Technik des "Najeon Chilgi", einer über Jahrhunderte bis heute andauernden kunsthandwerklichen Lacktradition. Dabei werden Motive aus Perlmutter ausgeschnitten und in einen Lackgrund flächenbündig eingelegt.

Der Kasten wurde 1960 vom Museum erworben. Offenbar wurde das Objekt zuvor in konservatorischer Absicht mit einer Schellackschicht überfangen, die mittlerweile negative mechanische Auswirkungen auf die ursprüngliche Dekoration gezeitigt hat. Das den beiden koreanischen Gästen bereits aus anderen Restaurierungen bekannte Phänomen, dass die Perlmuttteile durch den Einfluss des spannungsreichen Schellacks auf den Lackgrund von jenem gelöst werden, hatte zu einer gefährlichen Destabilisierung der Lackarbeiten geführt. In der Konsolidierung des Dekorationsgefüges lag somit eine Hauptaufgabenstellung für die Restaurierung. Einzelne alte Reparaturbereiche konnten identifiziert werden und weisen darauf hin, dass die empfindlichen Oberflächen schon zuvor Verluste erlitten haben.

Die Restaurierung umfasste neben der Reinigung der verschiedenen Oberflächen die Beseitigung des spannungsreichen Schellackfilms auf den Perlmuttelementen und die Festigung gefährdeter Perlmutt- und Lackbereiche. Für die Konsolidierung der Lackarbeit wurde koreanischer Lack ("Ottchil") und tierischer Leim eingesetzt. Mit der Freilegung der ursprünglich nicht weiter bedeckten Perlmuttflächen kommen nun auch die als meisterhaft eingestuften Gravuren ("Mojobeop") und Füllungen ("Jureumiil") besser zum Vorschein.

Herr Yang und Frau Lee standen jederzeit bereit über den koreanischen Kleiderkasten und den Stand der Restaurierung zu informieren und das haben die Studierenden und Lehrenden der Studienrichtung intensiv genutzt. Der Aufenthalt endete mit einer Präsentation der Ergebnisse durch Herrn Yang, die schließlich in einer Fragen- und Diskussionsrunde endete.

Masterprojekt Alma Ben Yossef

Seitens des Museums für Lackkunst Münster besteht über die nun bereits vollzogene Restaurierung hinaus ein erweitertes Interesse am technologischen Aufbau des bedeutenden Sammlungsstücks. An dieser Stelle rückt die Studentin am CICS Alma Ben Yossef und ihr Masterprojekt in den Fokus. Sie führte bereits im Vorfeld des koreanischen Besuchs wesentliche Schritte der Dokumentation und der Voruntersuchung durch, sodass Herr Yang und Frau Lee ihre Restaurierungsarbeiten bereits auf den ersten Ergebnissen aufbauen konnten.

Es mag widersprüchlich klingen, aber es ist trotz der langen Geschichte des Najeon Chilgi nur wenig über die Entwicklung der Technik bekannt. Hier setzt das engere Masterprojekt von Frau Ben Yossef an. Wenn im März 2022 der koreanische Kasten die Werkstätten des CICS verlässt, dann wird Frau Ben Yossef im Nachgang zum Besuch der zwei Spezialist*innen weitere Untersuchungen zur Technologie angestoßen bzw. ausgeführt haben. In enger Zusammenarbeit mit den von Professorin Dr. Ester Ferreira geleiteten, naturwissenschaftlichen Labors des CICS werden vielfältige Untersuchungen (Licht- und Fluoreszenzmikroskopie, Röntgen, FTIR, PyGCMS und SEM-EDS) durchgeführt. Ziel dieser Aktivitäten ist es den Kasten kunsttechnologisch genaust zu erfassen, um damit einen Beitrag zur Erforschung des Najeon Chilgi zu leisten.

Die Ergebnisse sowohl der Restaurierungsmaßnahmen als auch der technologischen Untersuchungen werden in Kürze auf einer eigenen Seite zum Masterprojekt nachzulesen sein, wenn dieses abgeschlossen wurde.

Danksagung

Den Aufenthalt von Herrn Yang und Frau Lee werden wir in sehr guter Erinnerung behalten. Sowohl der fachliche Austausch als auch die fast freundschaftlichen Bande, die sich zu den koreanischen Gästen entwickelt haben, haben die Studienrichtung Objekte aus Holz und Werkstoffen der Moderne mit ihren Studierenden und Lehrenden sehr bereichert. Für unsere Masterstudierende Alma Ben Yossef war der Besuch eine wunderbare Gelegenheit in die Welt koreanischer Lackkunst "abzutauchen". Sie hat die Gäste beinahe Tag und Nacht begleitet und den beiden nicht nur fachlich geholfen. Vielen Dank dafür!

Zustandekommen konnte dieses unbedingt wiederholenswerte Projekt nur durch die seit vielen Jahren bewährte Kooperation des CICS mit dem Museum für Lackkunst in Münster. Unser besonderer Dank gilt daher auch der Direktorin des Museums Dr. Gudrun Bühl und der Kuratorin Dr. Patricia Frick für diese tolle Idee und die Implementierung des Projekts.

Literatur:

  • Monika Kopplin, Museum für Lackkunst. Band 1: Ostasiatische Lackkunst. Verlag BASF, Münster 1998.
  • Patricia Frick, Soon-Chim Jung, Jihyun Hwang, Kōji Kobayashi, Margarete Prüch, und Kyuhee Wahlen, Korean Lacquer Art: Aesthetic Perfection. Hirmer Verlag, München 2013.

Februar 2022

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