Auf den Punkt gebracht
Am Institut für Bau- und Landmaschinentechnik arbeiten Forscher an einem punktgenauen Düngeverfahren für Mais – damit nur jede Pflanze so viel Dünger bekommt, wie sie tatsächlich braucht. So gelangen am Ende weniger Nitrat und Phosphor ins Grundwasser. Auch finanziell können Landwirte von dem neuen Verfahren profitieren.
"An der Gülle kommt man mittelfristig nicht vorbei", sagt Prof. Dr. Till Meinel und schüttelt dabei den Kopf. Zwar könnte man durchaus mehr des tierischen Abfallproduktes in Biogasanlagen verwerten, aber in unserer industrialisierten Landwirtschaft mit dem enormen Bedarf an Fleisch- und Milchprodukten – irgendwie müssen die Unmengen Urin und Kot der Schweine und Rinder schließlich entsorgt werden.
Als natürlicher Dünger verfügt Gülle zudem über hohe Gehalte an Stickstoff, Phosphor, Kalium und andere für Pflanzen wichtige Nährstoffe, die man sonst über Kunstdünger abdecken muss. Deshalb landen jährlich Millionen Kubikmeter flüssiger Gülle auf rund der Hälfte der deutschen Äcker. Hinzu kommt dann noch der Kunstdünger für die verschiedenen Getreide- und Gemüsearten. Sehr zum Ärger der EU, denn gerade bei den Nitratwerten schaut sie besonders genau hin: Laut einer Richtlinie versprühen deutsche Landwirte zu viel Gülle und Kunstdünger.
(Bild: Max Bouten/TH Köln)
18 Prozent der deutschen Ackerfläche
Dabei könnte man bis zu 25 Prozent des Mineraldüngers einsparen, meinen Till Meinel und sein Kollege Prof. Dr. Wolfgang Kath-Petersen. Zumindest beim Mais. Aktuell beträgt die Anbaufläche von Silo- und Grünmais in Deutschland 2,1 Millionen Hektar, das sind immerhin knapp 18 Prozent der bewirtschafteten Ackerfläche. Zum Wachstum benötigen junge Maispflanzen vor allem Phosphor und Stickstoff, der als Nitrat aus dem Boden aufgenommen wird.
Die Düngemethoden sind weltweit unterschiedlich. In Deutschland gängig ist die sogenannte Unterfußdüngung: Bei der Aussaat wird kontinuierlich ein Düngeband unterhalb der Maiskörner ausgelegt. Die Körner selbst werden im Abstand von 13 bis 14 Zentimetern platziert. Meinel und Kath-Petersen vermuten, dass ein Großteil des zwischen den Körnern ausgebrachten Düngers ungenutzt bleibt, ausgewaschen wird und ins Grundwasser gelangt.
"Die jungen Keimwurzeln haben gar keine Chance, diesen Dünger zu verwerten, weil die Wurzeln in der frühen Phase, in der sie die Nährstoffe benötigen, nur schwach ausgebildet sind", sagt Wolfgang Kath-Petersen. Um den kontinuierlichen Düngestrom zu unterbrechen, wollen die beiden Professoren am Institut für Bau- und Landmaschinentechnik gemeinsam mit Doktorand Max Bouten die bauliche Systematik der Sämaschinen analysieren und ein neues technisches Verfahren entwickeln. Ihr Forschungsprojekt "Punktgenaue Düngerapplikation bei der Maisaussaat" (PuDaMa) wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mit 444.000 Euro gefördert. Kooperationspartnerin ist die Kverneland Group Soest GmbH.
Die Sämaschine neu durchdenken
"Was erst einmal simpel klingt, ist technisch sehr anspruchsvoll, denn es werden pro Sekunde über 20 Saatportionen auf dem Acker ausgebracht", erklärt Meinel. Bisher ist für die mineralische Unterfußdüngung in der Landwirtschaft noch kein punktgenaues Verfahren entwickelt worden. Dazu muss der gesamte Prozess einer Sämaschine noch einmal neu durchdacht werden: zum Beispiel der Transport vom Tank zur Düngeschar. Soll das Düngemittel weiterhin luftbefördert werden oder doch besser mit Wasser? Und ändert sich dadurch der Bauraum der Maschine? Welche Ansätze aus der Lebensmittelportionierung kann man übertragen; wäre es nicht das einfachste, den Dünger in Tablettenform zu pressen?
Neben den technischen Komponenten beinhaltet das Forschungsprojekt aber auch pflanzenbauliche Fragestellungen: In Feldversuchen wird nun der Mais in unterschiedlichen Szenarien ausgesät, um die Auswirkungen des unterbrochenen Düngerbandes auf den Pflanzenwuchs zu untersuchen. Welcher Abstand zum Korn ist der beste, und sollte man den Dünger vor und hinter der Saat platzieren?
Rund 30 Millionen Euro Ersparnis pro Jahr
Außerdem sollen unterschiedliche Bodenverhältnisse und Regionen untersucht werden. Vor allem auf schwierige Böden haben es die Landmaschinentechniker abgesehen: leichte und sandige, die bei starkem Regen schnell ausgewaschen werden, sowie schwere tonhaltige. "Der Mais wird dort intensiv angebaut, wo ohnehin sehr viel Viehhaltung und viele Biogasanlagen betrieben und deshalb intensiv Gülle und große Mengen an Biogassubstrat ausgebracht werden. Also stark gedüngte Areale mit überwiegend sandigen Böden", so Kath-Petersen.
Das Forscherteam erwartet, dass die reduzierte Düngermenge keinen Einfluss auf den Ertrag haben wird, sondern vor allem finanzielle Vorteile für die Landwirte. "Bei konservativer Schätzung lassen sich mit einem punktgenauen Verfahren 60.000 bis 75.000 Tonnen Dünger im Jahr einsparen", sagt Max Bouten, der in einem kooperativen Verfahren mit dem Institut für Landtechnik der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn zum Forschungsthema promoviert.
Ausgehend vom Kombinationsdünger Diammoniumphosphat (DAP), der zu 18 Prozent aus reinem Stickstoff und zu 46 Prozent aus Phosphor besteht, könnten so 13.500 Tonnen Stickstoff und 34.500 Tonnen Phosphor jährlich gespart werden. Bei aktuellen Preisen von circa 400 Euro je Tonne DAP könnten die Landwirte so rund 30 Millionen Euro sparen. Ein weiterer Kostenvorteil: "Je weniger Dünger benötigt wird, umso kürzere Stillstandzeiten braucht man für das Nachfüllen der Düngertanks in den Maschinen", so Bouten. "Außerdem entfallen weitere Kosten durch den damit geringeren Bedarf an Transport und Umschlag."
Jetzt gilt es, diese Annahmen auch empirisch zu belegen. Drei Jahre lang werden die Untersuchungen dauern. Die erste Maisaussaat auf den Feldern hat gerade begonnen.
Text: Monika Probst
Juli 2017