Prof. Dr. Dominikus Enste

Schmalenbach Institut für Wirtschaftswissenschaften (WI)

  • Telefon+49 221-8275-3181

Warum Menschen glücklich sind und wie Lebenszufriedenheit gefördert werden kann

Glück ist schwer zu fassen – und doch ein zentrales Lebensziel vieler Menschen. Prof. Dr. Dominik Enste vom Schmalenbach Institut für Wirtschaftswissenschaften forscht unter anderem zu den Themen Glück und Lebenszufriedenheit. Im Interview spricht er darüber, was Glück eigentlich ist, wo die Menschen am zufriedensten sind und welche Faktoren Menschen mehr Lebenszufriedenheit bringen können.

Porträtfoto von Prof. Dr. Dominik Enste Prof. Dr. Dominik Enste (Bild: IW Akademie)

Prof. Enste, was ist Glück?

Glück ist zunächst einmal etwas sehr Individuelles. Zudem ist das, was wir darunter verstehen, auch kultur- und gesellschaftsabhängig. Um Glück trotzdem wissenschaftlich zugänglich zu machen, wurde der Begriff des subjektiven Wohlbefindens eingeführt. Dieser umfasst zum einen eine emotionale Komponente, welche auf die momentane gefühlsmäßige Zufriedenheit abzielt. Es geht also um das Wohlbefinden, das Menschen in ihrem Alltag erleben. Zum anderen beinhaltet der Begriff eine kognitive Komponente. Bei dieser steht eher eine Abwägung im Mittelpunkt: Bin ich mit dem Erreichten in meinem Leben zufrieden? Entsprechen meine Ziele, Erwartungen und Wünsche dem, was momentan ist?

Wie lässt sich das messen?

In der Sozialwissenschaft wird Lebenszufriedenheit häufig mit einer sehr einfachen Frage gemessen: ,Wie zufrieden sind Sie insgesamt gesehen mit Ihrem Leben?‘ Darauf antwortet man dann auf einer Skala von eins bis zehn. Es gibt darüber hinaus spezifischere Fragebögen, die Wohlbefinden weiter ausdifferenzieren; in der empirischen Sozialforschung hat sich aber gezeigt, dass man mit dieser einfachen Frage die allgemeine Lebenszufriedenheit relativ gut und vor allem schnell sowie im internationalen Vergleich erfassen kann. Die Fragestellung lässt sich aber auch noch weiter spezifizieren: So habe ich gemeinsam mit Theresa Eyerund, Lena Suling und Anna-Carina Tschörner mit Hilfe entsprechender Datenanalysen ermittelt, welche Faktoren die Lebenszufriedenheit beeinflussen und in eine ,Glücksformel‘ einfließen sollten. Diese Zusammenhänge haben wir in unserem Buch ,Glück für alle? – Eine interdisziplinäre Analyse der Lebenszufriedenheit‘ zusammengefasst. Dort steht auch, in welchem Land, in welcher Region oder in welcher Stadt die Menschen am glücklichsten sind.

Und wo sind die Menschen am glücklichsten?

Wenn wir auf die Weltkarte des Glücks schauen, dann landen typischerweise die skandinavischen Staaten weit oben im Ranking. Die Menschen in Dänemark, Finnland oder Schweden sind in der Regel am glücklichsten. Das europäische Land, in dem die wenigsten Menschen angeben, mit ihrem Leben insgesamt zufrieden zu sein, ist Portugal – und das tatsächlich schon über mehrere Jahrzehnte hinweg. In Deutschland leben die glücklichsten Menschen in Hamburg und Schleswig-Holstein. Allerdings ist die Lebenszufriedenheit während der Pandemie überall deutlich zurückgegangen – vor allem die Zufriedenheit mit der Freizeitgestaltung.

Welche Faktoren begünstigen die Lebenszufriedenheit?

Das ist vor allem eine stabile Demokratie. Menschen, die in demokratischen Staaten leben, sind im Durchschnitt besonders glücklich. Außerdem spielt Freiheit auch eine große Rolle, also beispielsweise die freie Meinungsäußerung oder die Chance, sein Leben nach den eigenen Vorstellungen führen zu können. Darüber hinaus fördern Faktoren wie ein gutes Gesundheitssystem oder ein relativ guter sozialer Ausgleich die Lebenszufriedenheit. Es zeigt sich zudem ein positiver Zusammenhang zwischen Bruttosozialprodukt und Glück. Also Menschen, die in wohlhabenderen Staaten leben, geben grundsätzlich eine höhere Zufriedenheit mit ihrem Leben an. Dabei gibt es allerdings auch eine Grenze, ab der diese trotz steigendem Einkommen nicht weiter zunimmt. In den Wirtschaftswissenschaften spricht man in diesem Zusammenhang von einem abnehmenden Grenznutzen, der sich auch beim Einkommen einstellt. Übrigens: Der größte Unglücksfaktor für Menschen ist die Arbeitslosigkeit. Menschen, die ihre Arbeit verloren haben, sind dauerhaft unzufriedener mit ihrem Leben und gewöhnen sich auch nicht daran.

Welche wirtschafts- und sozialpolitischen Maßnahmen können die Lebenszufriedenheit nachhaltig fördern?

Das zentrale Ziel sollte die Vermeidung von Arbeitslosigkeit sein. Darüber hinaus hilft es, die Demokratie zu stärken und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Dies gelingt in Deutschland durch die ordnungspolitische Ausgestaltung der Sozialen Marktwirtschaft im internationalen Vergleich schon sehr gut – unter anderem zeigt dies die drittniedrigste Jugendarbeitslosigkeitsquote weltweit und die recht stabile Demokratie. Weitere Maßnahmen, welche die Lebenszufriedenheit stärken können, sind ein gutes Gesundheitssystem, kulturelle Angebote und Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, die Stärkung von ehrenamtlichem Engagement und soziale Sicherheit. Menschen sind zudem durch Pendeln von einem weiter entfernten Ort zur Arbeitsstelle dauerhaft unzufriedener mit ihrem Leben – und das unabhängig vom genutzten Verkehrsmittel. Indem Arbeits- und Wohnort entweder möglichst nah zusammengelegt werden, auf eine besser dotierte Stelle weiter vom Wohnort entfernt verzichtet, oder die Nutzung des Homeoffices erleichtert wird, kann deshalb die Lebenszufriedenheit gesteigert werden.

Mai 2022

Prof. Dr. Dominikus Enste

Schmalenbach Institut für Wirtschaftswissenschaften (WI)

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