Videotutorials zeigen Methode der Pergament-Restaurierung
Pergament ist ein spezieller Werkstoff, der sich nur aufwendig restaurieren lässt. Das Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft (CICS) hat daher ein georgisches Handschriftenzentrum bei der Restaurierung eines mehr als tausend Jahre alten Pergaments unterstützt. Zudem sind auf Basis einer Masterarbeit mehrere Lehr- und Lernvideos entstanden.
In dem Vorhaben wurde in Kooperation mit dem National Center of Manuscripts in Tiflis (Georgien) eine Pergamenthandschrift aus dem 10. Jahrhundert – das KALA Lektionar – restauriert. Das Buch, das liturgische Schriften beinhaltet, war stark von Schimmel befallen und wies großflächige Fehlstellen auf. „Pergament ist eine nicht gegerbte, nur leicht bearbeitete Tierhaut und dadurch ein sehr spezieller Werkstoff. In Kombination mit dem Schimmelbefall und dem beachtlichen Alter des Objekts war das ein sehr schwieriger Schadensfall“, erklärt Prof. Dr. Andrea Pataki-Hundt vom Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft.
Ein Team des CICS hat das georgische Handschriftenzentrum daher bei der Restaurierung unterstützt. „Ursprünglich war vorgesehen, dass wir mehrere Male in Tiflis sind, uns dort mit den Kolleginnen und Kollegen des Zentrums austauschen und die Handschrift gemeinsam restaurieren – das hat Corona leider verhindert“, so Pataki-Hundt. Stattdessen arbeitete das internationale Projektteam über eine digitale Plattform miteinander. „Es ist natürlich etwas Anderes, wenn man vor Ort sein kann. Aber durch den digitalen Austausch konnten wir das weitestgehend kompensieren und aus der Ferne beim Vorgehen beziehungsweise bei der Restaurierung unterstützen.“
Bilder
Beim KALA Lektionar handelt es sich um eine Pergamenthandschrift auf dem 10. Jahrhundert, die liturgische Schriften beinhaltet. (Bild: National Center of Manuscripts/Tbilisi)
Videotutorials vermitteln Restaurierungsmethode
Ein weiteres Ergebnis des Projekts sind mehrere Videotutorials. Diese zeigen eine Methode zur Ergänzung von Fehlstellen in Pergament, die so genannte Technik des Anfaserns. Die Studentin Charlotte Bretzendorfer hat diese Methoden innerhalb des Vorhabens und im Rahmen ihrer Masterarbeit weiterentwickelt. „Beim Anfasern wird aus geschreddertem Pergament oder besser gesagt aus Proteinfasern ein neues Faservlies hergestellt, mit dem Fehlstellen ergänzt werden können. Derzeit gibt es dafür verschiedene Rezepturen, von denen viele toxische Stoffe wie Formaldehyd beinhalten. In meiner Masterarbeit habe ich daher ein Rezept entwickelt, das ohne toxisches Material auskommt und trotzdem sehr effektiv ist“, so Bretzendorfer. Dieses Rezept soll der wissenschaftlichen Community zur Verfügung gestellt werden.
Die insgesamt vier Tutorials zeigen alle relevanten Schritte zur Erstellung von Faservlies sowie dessen Anwendung an beschädigtem Pergament. Die Videos sollen sowohl in Studium und Lehre als auch in Folgeprojekten eingesetzt werden. Zudem wurden sie dem Handschriftenzentrum in Tiflis zur Verfügung gestellt. „Wir konnten die von Frau Bretzendorfer optimierte Methode zwar nicht wie ursprünglich geplant am KALA Lektionar anwenden, dank des digitalen Austauschs und der erstellten Videotutorials ist das Projekt aber ein sehr schönes Beispiel dafür, wie projektbasiertes Lernen und Wissenstransfer auch unter erschwerten Bedingungen und mit Hilfe digitaler Methoden funktionieren kann“, sagt Pataki-Hundt.
Das Vorhaben
Das Kooperationsforschungsprojekt „Restaurierung des KALA Lektionars aus dem 10. Jh.“ wurde am Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft (CICS) von Prof. Dr. Andrea-Pataki-Hundt geleitet. Neben Charlotte Bretzendorfer waren auch die wissenschaftlichen Mitarbeitenden Marlen Börngen und Bert Jacek sowie die Bachelorstudentinnen Kerstin Merz und Mairid Schleinschock beteiligt. Kooperationspartner war das National Center of Manuscripts in Tiflis. Das Vorhaben wurde vom Auswärtigen Amt im Rahmen des Programms „Kulturerhalt“ gefördert.
März 2022