Nachgefragt bei Prof. Dr. Gunnar Lühr
Prof. Dr. Gunnar Lühr ist im Wintersemester 2021/22 für das Lehr- und Forschungsgebiet Baubetrieb und Bauprojektmanagement an die Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik berufen worden.
Studium Bauingenieurwesen mit Studienrichtung Geotechnik an der Fachhochschule Köln (heute TH Köln); Master of Business Administration in International Business an der University of East London
Promotion an der Alma Mater Europaea, Maribor/Slowenien und Delft/Niederlande mit dem Thema „The Impact of the Last-Planner-System on Project Culture“
Berufliche Stationen (Auszug)
- Leiter Projektmanagement bei der ZECH Integrale Planung GmbH, Köln und Berlin
- Prozessmanager bei ZECH Bau SE, Niederlassung Köln
- Bauleiter, Lean Coach, Kalkulator und Key-User RIB iTWO bei der Wayss & Freytag Spezialtiefbau GmbH, Düsseldorf
- Projektingenieur und Statiker bei der ThyssenKrupp GfT Bautechnik GmbH, Essen
Als Kind bin ich auf dem Grundstück des Familienbetriebs, einer Zimmerei und Bautischlerei, aufgewachsen. Meine Freunde und ich sind auf Holzstapeln, Gabelstaplern oder Lieferwagen rumgeklettert. Wir haben ständig Baumaterialien gefunden und kleine Häuser gezimmert und haben somit unsere ersten Bauprojekte geleitet.
Das Beste an meinem Studium war die Vielfalt der verschiedenen Studiengänge, durch deren Kombination ich immer detaillierter mein ganz eigenes Aufgaben- und Forschungsfeld definieren konnte. Durch die verschiedenen internationalen und industrieübergreifenden Studiengänge konnte ich viel über andere Kulturen und Industrien und spannende Menschen kennenlernen.
Die Bauindustrie in Deutschland befindet sich spürbar in einem großen Wandel, was meiner Meinung nach vor allem an der Unzufriedenheit der verschiedenen Beteiligten und gesellschaftlichen Entwicklungen liegt. Zu den Veränderungen gehören zum einen Lean-Construction-Methoden, welche bei großen Projekten mittlerweile kaum noch wegzudenken sind. Weiterhin gibt es immer mehr Pilotprojekte, bei denen Vertragsmodelle wie Integrierte Projektabwicklungsverträge (IPD) zur Anwendung kommen, die versuchen, partnerschaftliche Beziehungen zwischen den verschiedenen Parteien durch wirtschaftliche Anreize zu ermöglichen. Zusätzlich gibt es immer mehr Bauprojekte, bei denen versucht wird, vorgefertigte und nachhaltige Komponenten oder Module zu verbauen, um die Ausführungsqualität zu steigern und die Bauzeit auf den Baustellen zu verkürzen. Hierbei helfen die Entwicklungen der Digitalisierung und der immer besser werdenden Anwendung der Building-Information-Methode.
Mein fachliches Steckenpferd sind Projektkulturen. Ich untersuche, welche kulturellen Eigenschaften bei Bauprojekten aus spezifischen Sichtweisen erstrebenswert sind und welche Projektmanagement-Methoden angewandt werden können, um diese zu erreichen. Hierbei verbinde ich meine akademischen und beruflichen Erfahrungen aus dem Bereich Bauingenieurwesen und International Business mit dem Schwerpunkt interkultureller Zusammenarbeit und Projektmanagement.
Ich möchte einen Schwerpunkt setzen bei der Erforschung von Projektmanagement-Methoden, und wie diese gezielt eingesetzt werden können, um Projektkulturen zu schaffen, welche den Interessen der einzelnen Stakeholder entsprechen. Weiterhin interessiert mich, wie Change-Management-Methoden innerhalb von Bauprojekten angewandt werden können, um durch Controlling festgestellte Herausforderungen zu meistern, wobei mich auch hierbei der kulturelle Aspekt des Projektteams interessiert.
In der Lehre möchte ich meinen Schwerpunkt so setzen, dass die Studierenden darauf vorbereitet sind, dass es bei Bauprojekten viele verschiedene Interessenlagen gibt, die sich jeweils beeinflussen und beim Managen des eigenen Projekts berücksichtigt werden müssen.
Ich würde gerne herausfinden, wie sich gesellschaftliche Veränderungen auf Projekte und das Projektmanagement auswirken.
Der beste Ort für gute Ideen sind große Zeichenflächen, auf denen ich mich möglichst bunt austoben kann.
Das letzte gute Buch, das ich gelesen habe, ist Van Gogh: Sämtliche Gemälde von Walther und Metzger. Dieses Buch war nach meinem Promotionsstudium das erste Nicht-Fachbuch und ich fand es sehr beeindruckend, mich mit den Hintergründen von Vincent (er hätte sich wohl nie „Van Gogh“ genannt) und deren Einflüssen auf seine Gemälde zu beschäftigen.
April 2022