Medienkompetenz im Kindergarten
Wissenschaft ins Klassenzimmer oder die Kita zu bringen, ist die Aufgabe des Portals www.forschungsboerse.de des Bundesbildungsministeriums. Lehrerinnen und Erzieher finden hier Fachleute aus der Wissenschaft, die im Unterricht aktuelle Themen aus ihren Forschungsgebieten vorstellen. Prof. Dr. Isabel Zorn, Institut für Medienforschung und Medienpädagogik, hat sich der Herausforderung gestellt.
Sie besuchte einen Elternabend des integrativen Lebenshilfe Kindergartens in Neustadt an der Weinstraße und berichtete in einem interaktiven Vortrag „Kinderwelten – Medienwelten“ über ihre Forschungsaktivitäten.
Was war ihre Motivation, an der Initiative „Forschungsbörse“ teilzunehmen?
Zum einen ging es darum, den Elfenbeinturm zu verlassen und meine Forschungsergebnisse in die Praxis zu bringen. Andererseits ist es aber auch inspirierend für meine Arbeit, etwas aus der Praxis zu erfahren.
Kinderwelten – Medienwelten: Worum ging es in Ihrem Vortrag?
Im Kern ging es darum, wie Eltern ihre Kinder darin unterstützen können, mit den unzähligen medialen Reizen umzugehen, denen sie tagtäglich ausgesetzt sind. Ich hatte dazu einen Vortrag mit unterschiedlichen Themen vorbereitet – z.B. Apps oder Fernsehen – und die Eltern konnten auswählen, was sie besonders interessiert. Ein Format, das mein Kollege Jürgen Sleegers am Institut Spielraum entwickelt hat. Das hat sehr gut funktioniert – ich hatte allerdings auch eine Kiste mit Geschenken für die Eltern, die sich getraut haben, eine Frage zu stellen.
Und was beschäftigt die Eltern?
Die Eltern haben anhand vieler Anekdoten aus ihrem Alltag den Umgang ihrer Kinder mit Medien geschildert. Sie haben Orientierungsbedarf zum Ausdruck gebracht – wie eine Mutter, deren Tochter nach dem Schauen von Youtubeclips immer „in einem Loch versinkt“ – oder von kreativen Umgangs- und Verhandlungslösungen berichtet – wie zwei Brüdern, die so lange Computer spielen dürfen wie der jeweils andere sein Musikinstrument übt, danach wird gewechselt. Solche Geschichten sind bereichernd für mich, sie bieten mir Einblicke in die Lebenswelten der Familien. Insgesamt wurde in dem Gespräch sehr deutlich: Es gibt einen enormen Informationsbedarf, die Eltern suchen nach Orientierung im Umgang mit den maßlos erscheinenden Mediennutzungswünschen der Kinder und Jugendlichen. Die Entwicklung der medialen Welten, in denen Kinder sich bewegen, ist nicht nur relativ neu, es ist eine ständig fortschreitende Entwicklung. Da sind viele Erwachsene längst abgehängt. Am nächsten dran an den Kindern sind die 18-jährigen Praktikanten.
Die Erzieherinnen und Erzieher haben Interesse an medienspezifischer Weiterbildung?
Das Personal hat einen großen Bedarf an Information und Schulung im Umgang mit digitalen Medien und bei ihrer kreativen Nutzung. Für den schulischen Bereich ist es längst Konsens, dass die Kinder in ihrer Medienkompetenz unterstützt und gefördert werden müssen. Im Kita-Bereich ist das nicht so. Dabei haben natürlich auch die kleineren Kinder einen „medialen Alltag“ und benötigen Raum zur Verarbeitung und Anleitung. Eine wichtige Initiative in NRW ist zum Beispiel „Medienkompetenz-Kitas NRW“.
Welche Forschungsmöglichkeiten sehen Sie für die Fachhochschule Köln?
Deutlich wurde mir, wie groß der Bedarf der Eltern an Unterstützung ist. Besonders schwierig erscheint es mir, die weniger mediensensiblen Eltern zu erreichen. Dort könnte man ansetzen und Angebote entwickeln. Die Einsatzmöglichkeiten für digitale Medien zur Förderung von Kindern z.B. im Bereich der Sprachentwicklung oder der Sehfrühförderung sind groß und wenig erforscht. Im Zuge der Inklusion an NRW-KiTas gilt es, auch das Potenzial der Förderung behinderter Kinder durch innovative Medien zu erforschen.
November 2014