"Man wird auf uns schauen"

Strukturwandel bedeutet auch einen Wandel in den Qualifikationen der Arbeitnehmer*innen. Doch welche Kompetenzen sind künftig gefragt und welche Weiterbildungen werden benötigt? Das erkundet die TH Köln gemeinsam mit Partner*innen aus der Region im Projekt „Qualifiziert. Vernetzt. Innovativ. Wirksam. – Weiterbilden im Rheinischen Revier“, das im Mai 2023 gestartet ist.

Prof. Dr. Sylvia Heuchemer, Vizepräsidentin für Lehre und Studium, und Ilona Arcaro, Leiterin der Wissenschaftlichen Weiterbildung Prof. Dr. Sylvia Heuchemer, Vizepräsidentin für Lehre und Studium, und Ilona Arcaro, Leiterin der Wissenschaftlichen Weiterbildung (Bild: TH Köln)

Frau Prof. Heuchemer, Frau Arcaro, was sind die Ziele des Vorhabens?

Prof. Dr. Sylvia Heuchemer: Wir wollen Weiterbildungen für Transformationsregionen entwickeln – zunächst für das Rheinische Revier, perspektivisch aber übertragbar auf andere Regionen. Die Herausforderung dabei ist, dass wir heute noch nicht wissen, welche Qualifikations- oder Kompetenzprofile zukünftig in welchen Branchen benötigt werden. Im ersten Schritt erstellen wir also mit Partner*innen aus Unternehmen, Wirtschaftsförderung, Verbänden, Bildung und Wissenschaft zukunftsorientierte Berufsprofile. Im zweiten Schritt entstehen dazu passende Weiterbildungsformate, Lerninfrastrukturen und digitale Angebote. Dabei konzentrieren wir uns auf die Zukunftsfelder „Energie und Industrie“, „Raum und Infrastruktur“ sowie „Ressourcen und Agrobusiness“ aus dem Wirtschafts- und Strukturprogramm für das Rheinische Revier. Zudem nehmen wir die sogenannten Future Skills wie technologische und transformative Kompetenzen und Fachsprachenausbildung für ausländische Fachkräfte in den Blick.

Welche Schritte stehen jetzt an?

Ilona Arcaro: Wir haben zunächst einen Kickoff-Workshop mit der Zukunftsagentur Rheinisches Revier und weiteren Bildungspartner*innen durchgeführt, in dem wir über Zusammenarbeit, Vernetzung und Zukunftsszenarien gesprochen haben. Parallel bauen wir unser 15-köpfiges Projektteam hier an der Hochschule auf und stellen dafür Mitarbeitende für Netzwerk-Management, Weiterbildungsentwicklung, Mediendidaktik und -technik oder Öffentlichkeitsarbeit ein. Ab Juni starten wir mit der ersten Programmlinie zu „Energie und Industrie“.

Was steht am Ende des Vorhabens?

Arcaro: Insgesamt haben wir dreieinhalb Jahre Zeit, an deren Ende wir für jedes Zukunftsfeld ein Weiterbildungsportfolio mit mehreren Komponenten entwickelt haben wollen. Dieses bildet die Basis für die künftige Qualifizierung im Rheinischen Revier. Welche Angebote wir genau schaffen werden, hängt natürlich von den Bedarfen ab, die wir gemeinsam mit unseren Partner*innen identifizieren. Sicher ist, dass wir möglichst flexible Formate aufsetzen wollen, die individuelle Lernpfade ermöglichen. Auch digitale Settings oder der Einsatz von Mixed oder Virtual Reality sind angedacht, um etwa Wissen über Gefahrenbereiche realitätsnah zu vermitteln.

Heuchemer: Nach Ablauf der Projektzeit wollen wir mit den neuen Weiterbildungen am Markt erfolgreich sein. Wobei nicht jede Maßnahme künftig unbedingt von der TH Köln durchgeführt werden muss. Es ist sehr gut möglich, dass auch kooperierende Bildungseinrichtungen die hier erarbeiteten Angebote aufgreifen, anbieten und weiterentwickeln. Im Idealfall leistet unser Vorhaben damit einen Beitrag dazu, dass im Rheinischen Revier eine vielfältige, innovative und durchlässige Bildungslandschaft für den Weiterbildungs- und Qualifizierungsbereich entsteht.

Es fällt auf, dass jetzt zum Start noch relativ offen ist, wohin Sie das Projekt führen wird…

Heuchemer: Unser explorativer Ansatz ist in der Tat ein Novum in der Weiterbildungslandschaft. Wir begeben uns auf unbekanntes Terrain und versuchen, Methoden und Formate für Bedarfe zu entwickeln, die es noch gar nicht gibt. Daher haben wir im Weiterbildungsaudit des Stifterverbandes bewusst von externen Expert*innen untersuchen lassen, ob dies der richtige Weg ist. Aber unabhängig davon, ob wir mit Vertreter*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft oder Politik gesprochen haben: Wir sind durchweg ermuntert worden. Man wird auf uns und dieses Projekt mit großem Interesse schauen.

Der Fokus unserer Arbeit liegt dabei natürlich auf der Transformation des Rheinischen Reviers im Zuge des Strukturwandels. Aber wir transformieren dazu auch unsere Forschung, Lehre und Didaktik – das ist das Spannende und Innovative an unserem Vorhaben. Gemeinsam mit den anderen Akteur*innen verschaffen wir uns Systemwissen dazu, wo wir stehen; Zielwissen dazu, wohin wir wollen; und Transformationswissen dazu, wie wir dorthin kommen. Die Ergebnisse dieses Prozesses werden dann wiederum die Weiterbildung an unserer Hochschule verändern.

Über das Projekt

Das Projekt „Qualifiziert. Vernetzt. Innovativ. Wirksam. – Weiterbilden im Rheinischen Revier“ wird über 3,5 Jahre aus dem Programm „STARK – Stärkung der Transformationsdynamik und Aufbruch in den Revieren und an den Kohlekraftwerkstandorten“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz mit 3,4 Millionen Euro gefördert.

Mai 2023

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Das Interview führte

Christian Sander

Team Presse und Öffentlichkeitsarbeit


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