Katastrophen, Krisen und Einsätze effizient bewältigen

Stabsarbeit von Zivil- und Katastrophenschutz, Polizei und Feuerwehr auf neue Weise betrachten: Das ist die Intention des OPTSAL-Labs des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, der TH Köln und der Akkon Hochschule in der Forschungsinitiative „Stabsarbeit der Zukunft_Experiment“ (SDZ_E).

Gruppenbild Das Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt mit OPTSAL sowie die Akkon Hochschule für Humanwissenschaften haben das Ziel, die Führungsarbeit von Stäben zu evaluieren. (Bild: Optsal)

Da es sich bei der Einsatzführung um ein bislang wenig unter Laborbedingungen betrachtetes Gebiet handelt, identifizieren die Wissenschaftler*innen Einflüsse und Stellschrauben, um so die Stabsarbeit zu verbessern. Prof. Dr. Ompe Aimé Mudimu und Lennart Landsberg vom Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr sprechen im Interview über das Vorhaben.

Was versteht man unter Stabsarbeit?

Mudimu: Damit ist die Arbeitsteilung in einem Führungsgremium gemeint. In der Gefahrenabwehr kann man sich das so vorstellen: Einsatzleitende Personen sind für alle Maßnahmen und den Einsatz verantwortlich. Je nach Größe des Einsatzes kann diese Person jedoch nicht mehr alles alleine führen, also Informationen sammeln, Entscheidungen vorbereiten und Maßnahmen für die Umsetzung einleiten sowie koordinieren. In diesem Fall unterstützt ein Führungsstab, beispielsweise in den Bereichen Erkundung und Darstellung der Einsatzlage, Planung und Durchführung von Maßnahmen sowie Logistik und Kommunikation.

Worum geht es bei OPTSAL und dem Labor für Großschadensereignisse?

Landsberg: Das Optical Technologies for Situational Awareness Lab, kurz OPTSAL, ist ein Innovation-Lab des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Berlin. Es beschäftigt sich damit, neue Technologien effizient in Lagebilder von Feuerwehr, Polizei oder des Technischen Hilfswerks einfließen zu lassen –  beispielsweise in Form von in Echtzeit erzeugten Karten und 3D-Geoinformationen mittels Luftbildbefliegungen, für die hochauflösende Kameras an Flugzeugen und Hubschraubern oder unbemannten Drohnen eingesetzt werden. Dazu wurde ein eigener Simulations-Stabsraum eingerichtet, in welchem Führungsstäbe unter Laborbedingungen arbeiten und beobachtet werden können. Zur wissenschaftlichen Beobachtung steht das Labor für Großschadensereignisse der TH Köln zur Verfügung. Mit diesem Labor kann das Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr die Arbeiten der einzelnen Stabsmitglieder sowie die Verarbeitung von ein- und ausgehenden Informationen nachverfolgen. Dies geschieht hauptsächlich mit Video- und Tonaufnahmen. Eine entsprechende Software unterstützt uns bei der Auswertung und Analyse der erhobenen Daten.

Workshopszene Akteur*innen aus den Bereichen Gefahrenabwehr, Sicherheit, Katastrophenschutz und Forschung haben im Rahmen eines Workshops eine Experimentalwoche zur Stabsarbeit geplant. (Bild: Optsal)

Wer verbirgt sich hinter der Forschungsinitiative „Stabsarbeit der Zukunft_Experiment“?

Mudimu: Das Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt mit OPTSAL sowie die Akkon Hochschule für Humanwissenschaften haben aus dem gemeinsamen Interesse heraus, die Führungsarbeit von Stäben zu evaluieren, die Initiative ergriffen und das Projekt ins Leben gerufen. Wir untersuchen zunächst, wie die Stabsarbeit beobachtet und ausgewertet werden kann, damit später möglicherweise Vorschläge für Verbesserungen gemacht werden können und die Stabsarbeit in der Gefahrenabwehr effizienter werden kann. Im September hat ein Workshop mit Akteur*innen aus den Bereichen Gefahrenabwehr, Sicherheit, Katastrophenschutz und Forschung stattgefunden. Dabei wurde in Arbeitsgruppen eine Experimentalwoche geplant.

Was passiert beim Experiment?

Landsberg: Vom 30. Januar bis zum 3. Februar 2023 wird in Berlin der erste Versuchsdurchlauf starten, in welchem mehrere Stäbe mit jeweils neun Personen drei verschiedene Szenarien mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden bewältigen müssen. Die Szenarien werden eine fiktive Kommune betreffen, welche in eine Notlage oder Krise gerät. Durch die Arbeit im Stab soll dieser Notfall bewältigt werden. International wird diese Simulation auch als „Micro World“ bezeichnet, da die fiktive Kommune auf die Stabsarbeit reagiert und eine eigene kleine, vereinfachte Welt darstellt.

Welche Expertise bringt die TH Köln ein?

Mudimu: Das Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr besitzt mit dem Labor für Großschadensereignisse und dessen mobilen Labor, kurz Lab2Go, die notwendige Hard- sowie Software, um während Übungen von Einsatzkräften und Führungsstäben Daten sammeln und auswerten zu können. Zudem haben wir mit den Jahren eine Expertise angesammelt, da wir bereits viele Einsatzübungen begleitet und evaluiert haben. Darüber hinaus beschäftigt sich das Institut bereits lange in der Lehre und Forschung mit der Führungswissenschaft. In drei Modulen können Studierende lernen, welche Hintergründe Führungsarbeit in der Gefahrenabwehr hat, worauf sie aufbaut und wie sie sich weltweit entwickelt hat. Dieses Wissen hilft uns dabei, Führungsarbeit gezielt beobachten und analysieren zu können.

Für den konkreten Fall werden Aufnahmegeräte des Labors in dem Stabsraum installiert, welche eine genaue Beobachtung der Abläufe und Maßnahmen im Stab zulassen. So kann die Verarbeitung einer Information von ihrem Eingang in den Stab bis hin zu ihrer Nutzung als beispielsweise Maßnahmenumsetzung beobachtet werden.

Dezember 2022

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