Inklusion: Wandel in den Köpfen

Prof. Dr. Stefan Herzig, Präsident der TH Köln, Annette Storsberg, Staatssekretärin im NRW-Wissenschaftsministerium, Dr. Jan Wulf-Schnabel, Geschäftsführer des Instituts für Inklusive Bildung (v.l.) (Bild: Costa Belibasakis/TH Köln)

Inklusion im Hochschulalltag konkret – auf diese Formel lässt sich das Projekt Inklusive Bildung NRW bringen. Das Institut für Inklusive Bildung NRW gGmbH qualifiziert sieben Menschen mit Behinderungen zu Bildungsfachkräften. Ihr Einsatzgebiet: die Hochschulen des Landes. Ihr praktisches Erprobungsfeld: die TH Köln.

Vor mehr als zehn Jahren ist die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft getreten, die das Recht auf Teilhabe von Menschen mit Behinderungen garantiert. Seither wird über Inklusion viel diskutiert – meist steht die theoretische Auseinandersetzung im Vordergrund, auch und gerade an Hochschulen. Damit Teilhabe auf allen Ebenen im Alltag verwirklicht werden kann, braucht es aber Information und Wissen aus erster Hand. Das ist der Ansatz des Projekts Inklusive Bildung NRW des Instituts für Inklusive Bildung Nordrhein-Westfalen gemeinnützige GmbH. Ab 1. April werden im Rahmen des Projekts sieben Menschen mit geistigen Behinderungen für die inklusive Bildungsarbeit an Hochschulen in Nordrhein-Westfalen qualifiziert. Als Bildungsfachkräfte sollen sie dafür sorgen, dass Inklusion in der akademischen Ausbildung konsequent verankert wird.

Drei Jahre wird die Qualifizierung zur Bildungsfachkraft dauern; dabei geht es für die Behinderten vor allem darum, praktische Erfahrung in der Vermittlung von Expertise in eigener Sache zu sammeln. Plattform für den Praxistest und damit quasi Co-Ausbildungsbetrieb ist die TH Köln. Insbesondere in der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften sollen die angehenden Bildungsfachkräfte in eigenen Veranstaltungen, Vorträgen etc. das Handwerk der Wissensvermittlung lernen.

„‘Chancengerechtigkeit in einer pluralistischen Gesellschaft‘, ‚offene Geisteshaltung‘, ‚offenes Denken‘ – es fällt leicht, Sätze mit diesen Inhalten zu formulieren. Viel schwerer ist es, diese Denkweise ‚auf die Straße zu bringen‘ . Genau das ist aber unser Anspruch als Hochschule für angewandte Wissenschaften“, betont der Präsident der TH Köln, Prof. Dr. Stefan Herzig beim ersten Vernetzungsforum für AkteurInnen aus Hochschulen, Politik, Verwaltung und Verbänden. Einen breiten Austausch zu suchen, entspreche dem Transferverständnis der TH Köln.

Als Best Practice kann vor diesem Hintergrund das Projekt per se gelten: „Nicht ohne uns über uns“, ist die Botschaft, die die angehenden Bildungsfachkräfte aussenden. In einer dreijährigen Qualifizierungsphase werden sie eigene Bildungsveranstaltungen an Hochschulen durchführen. Zudem werden mit ihrer Hilfe Fragestellungen bearbeitet, etwa wie ein inklusiver Arbeitsplatz gestaltet sein soll.

Das Projekt ist auf große Resonanz gestoßen: „Das Institut für Inklusive Bildung trägt langfristig und äußerst innovativ zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bei, und zwar in vielerlei Hinsicht. Es sensibilisiert an den Hochschulen für die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen. Vor allem aber bedeutet es für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass sie das in der Konvention geforderte Recht auf Bildung und das Recht auf Arbeit und Beschäftigung bekommen“, betonte Annette Storsberg, Staatssekretärin im Ministerium für Kultur und Wissenschaft. Auch Dr. Angela Faber, die beim Landschaftsverband Rheinland das Dezernat für Schulen, Inklusionsamt und Soziale Entschädigung führt, ist sich sicher, dass die Bildungsfachkräfte als Multiplikatoren einiges bewegen können: „Sie werden einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass sich die Zahl der Menschen mit Behinderungen in den Hörsälen verändert“, ermutigte sie die sieben angehenden Bildungsfachkräfte, die aus 50 Bewerberinnen und Bewerbern für das Projekt ausgewählt worden sind.

Welche Ziele diese selbst haben? Teilnehmer Florian Lintz hat darauf eine klare Antwort: "Mehr aus dem eigenen Leben machen zu können, und zwar als gleichberechtigter Kollege auf dem ersten Arbeitsmarkt."

März 2019

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