Ein Beitrag von

Marcel Hönighausen

Team Presse und Öffentlichkeitsarbeit

Games-Standort Deutschland: Prof. Bartholdy über die Gamescom und aktuelle Herausforderungen

Mehr als 1.220 Ausstellende aus 63 Ländern: Die jetzt gestartete Gamescom ist die weltweit größte Messe für digitale Spiele. Prof. Björn Bartholdy, Direktor des Cologne Game Lab (CGL), blickt zum Auftakt der Veranstaltung auf die aktuelle Lage der Branche, die Bedeutung der Messe für den Games-Standort Deutschland und die Herausforderungen, vor denen die Branche hierzulande steht.

Prof. Bartholdy, wie hat sich die Games-Branche seit Beginn der Corona-Pandemie entwickelt? Gibt es einen anhaltenden Boom?

Prof. Björn Bartholdy Prof. Björn Bartholdy (Bild: Costa Belibasakis/TH Köln)

Während der Pandemie erlebte die Branche einen starken Aufschwung mit beeindruckenden Wachstumsraten zwischen 15 und 20 Prozent. Nach der Krise gingen die Umsätze jedoch wieder zurück. Diese Entwicklung hat innerhalb der Branche eine gewisse Besorgnis ausgelöst, allerdings muss man diese Veränderung im Verhältnis betrachten. Insgesamt haben sich die Zahlen nämlich wieder dem Vorkrisenniveau angenähert. So setzt die Spieleindustrie allein in Deutschland jährlich etwa zehn Milliarden Euro um. Damit ist Deutschland einer der größten Konsument*innenmärkte für digitale Spiele weltweit.

Wohin entwickelt sich die Branche?

Neben den etablierten Studios, die aufwändige Double- oder Triple-A-Titel, also Blockbuster, produzieren, hat sich in den letzten Jahrzehnten ein zweiter Zweig entwickelt: die Independent-Szene. Zu dieser gehören Studios, die mit kleineren Budgets kreative Indie-Spiele entwickeln. Diese sind häufig experimentierfreudiger und innovativer als die teuren Titel, da das finanzielle Risiko entsprechend geringer ist. Ein weiteres Feld, mit dem wir uns am CGL intensiv beschäftigen, sind Serious Games. Diese wollen nicht nur unterhalten, sondern auch Informationen und Bildung vermitteln.

Wie wird die Gamescom dieser Entwicklung gerecht?

Auf der Gamescom zeigen nicht nur die großen Studios ihre Titel. In der „indie area“ präsentieren kleine Studios oder Solo-Entwickler*innen ihre Projekte. Oft sind dort auch Teams vertreten, die aus unserer Hochschule ausgegründet wurden oder noch im CGL-Inkubator arbeiten. In diesem Jahr sind dort die Projekte „Super Catboy“ und „Tiny Bookshop“ von ehemaligen Studierenden zu sehen. Für sie ist das eine tolle Gelegenheit, sich unmittelbar mit Spieler*innen auseinanderzusetzen und mit dem Fachpublikum und der internationalen Presse ins Gespräch zu kommen.

Welche Bedeutung hat die Gamescom für den Spielestandort Deutschland?

Die Gamescom ist die weltweit größte Messe für digitale Spiele und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Sie zieht globale Aufmerksamkeit auf sich und bietet nicht nur Konsument*innen eine Plattform, sondern auch Fachpublikum und Brancheninsidern, die dort Projekte vorstellen und Geschäfte abschließen können. Auf dem Gamescom Congress sind beispielsweise gleich mehrere Professorinnen und wissenschaftliche Mitarbeitende des CGL mit Talks und Workshops vertreten. Für Spielefans aus aller Welt wiederum ist die Messe das Herzstück der Gaming-Welt. Denn sie bietet nicht nur Einblicke in die neuesten Titel, sondern beleuchtet auch die eSport-Szene und gibt der Fankultur eine Bühne. Zudem wird die mediale Aufbereitung rund um Games, etwa durch YouTuber*innen, ebenfalls auf der Messe abgebildet. Mit all diesen Faktoren stärkt die Gamescom den Spielestandort Deutschland enorm. Dennoch gibt es noch viel zu tun, damit die Branche hierzulande weiter wächst.

Vor welchen zentralen Herausforderungen steht die deutsche Games-Branche?

Deutschland hat derzeit im weltweiten Vergleich nur einen Anteil von rund fünf Prozent an der Spieleentwicklung. Es fehlen hierzulande einfach die großen Studios, die Double- oder Triple-A-Titel produzieren. Im Gegensatz zu Ländern wie Kanada, England oder Frankreich gibt es in Deutschland kaum Anreize wie Förder- oder Steuersparmodelle. Zwar wurde eine Bundesförderung eingeführt, von der die Branche auch stark profitiert hat. Allerdings übersteigt die Nachfrage die zur Verfügung stehenden Mittel. Ein weiteres Problem ist der Fachkräftemangel, insbesondere bei Senior-Entwickler*innen.

Welchen Beitrag leistet die Region zu einer positiven Entwicklung?

Nordrhein-Westfalen ist der wirtschaftlich stärkste Standort der deutschen Games-Branche. Neben der Gamescom ist auch der Deutsche Entwicklerpreis, der jährlich in Köln verliehen wird, ein wichtiger Faktor für die Bedeutung und den Einfluss der Region. Einen großen Anteil daran hat auch das Cologne Game Lab. Seit seiner Gründung vor mehr als zwölf Jahren hat das CGL viele Entwickler*innen hervorgebracht. Gemeinsam mit dem Institut für Medien- und Phototechnik unserer Hochschule, der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, der RWTH Aachen und der Hochschule Düsseldorf arbeiten wir im Projekt „Games Technology Network“ zudem daran, den Standort NRW weiter zu stärken. Unser langfristiges Ziel ist es, ein Forschungs- und Innovationszentrum für digitale Spiele zu etablieren.

August 2023

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Marcel Hönighausen

Team Presse und Öffentlichkeitsarbeit


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