Freiraumförderung: Mehr Offenheit und Kreativität in der Lehre

Die Förderlinie „Freiraum 2022“ der Stiftung Innovation in der Hochschullehre unterstützt Lehrende dabei, Ideen für die Lehre zu erproben. Zwei Projekte der TH Köln konnten durch ihr Innovationspotenzial überzeugen: Ein Konzept zur Puzzle-Lehre in der Restaurierung und eine gamifizierte Lern-App für die höhere Mathematik gehen mit ihren Ansätzen über bestehende Lehr- und Lernsettings hinaus.

Studieren als „Puzzle“ mit Hilfe von Lehrvideos

Das Studium und die Lehre der Konservierung und Restaurierung von Kunst und Kulturgütern arbeitet nur mit Originalobjekten. Dies verlangt eine hohe Verantwortung, Aufmerksamkeit und ein enges Betreuungsverhältnis. Um das Lernverständnis zu erweitern und eine höhere Eigenverantwortung auf die Studierenden zu übertragen, wurde der Förderantrag eingereicht. Im Vorhaben „Neu gedacht! – ,Puzzle‘-Lehre in der Restaurierung“ entwickeln Marlen Börngen , M.A. und Prof. Dr. Andrea Pataki-Hundt vom Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft (CICS) digitale Lehreinheiten, die das bisherige System ergänzen und eine hohe Wahlmöglichkeit an Inhalten für die Studierenden bereit hält, um die  Restaurierung in Theorie und Praxis  zu vermitteln.

Vor der Erstellung der Lehreinheiten werden die Vorkenntnisse der Studierenden im ersten Semester abgefragt. Basierend auf diesen Ergebnissen sollen 30 Lehrvideos, Präsentationen und bebilderte Lehreinheiten für Abläufe von Restaurierungsmethoden entstehen. Diese greifen grundlegende praktische Anwendungen der Restaurierung, Geräteanwendungen oder die Formulierung von Forschungsfragen auf.

„Dabei werden wir beispielsweise Papieroberflächen und Cellulosefasern detailliert aufnehmen, um die Auswirkungen von Restaurierungstechniken am originalen Material zu verdeutlichen. Ebenso sind Aufnahmen in verschiedenen Lichtsituationen geplant, Ultaviolett- und Infrarot-Licht, um ein tieferes Verständnis für den Aufbau von Restaurierungsobjekten zu gewinnen“, sagt Börngen. Die Einheiten werden schrittweise in den Lehrbetrieb integriert. „Das Projekt schafft Raum und Zeit für Kreativität, stärkt die intrinsischen Fähigkeiten der Studierenden und bereitet sie adäquat auf das Berufsleben vor. Der Fokus liegt auf einem individuellen Lernprozess in einer offenen Umgebung“, ergänzt Pataki-Hundt.

Darüber hinaus sollen die Puzzle-Lehreinheiten als Open Source öffentlich zur Verfügung stehen. So können auch Berufstätige diese zur Auffrischung nutzen oder Auszubildende sowie Praktikantinnen und Praktikanten das Lehrmaterial nachvollziehen. Eine Übersetzung in verschiedene Sprachen ermöglicht den Transfer in andere Länder.

Höhere Mathematik per App lernen

Die Abbruchsquote in MINT-Studiengängen ist oft auf Mathematik-Module zurückzuführen. Prof. Dr. Heiko Knospe, Patricia Graf und Andreas Schwenk vom Institut für Nachrichtentechnik möchten dies mittels einer gamifizierten App zur höheren Mathematik ändern. Gamifizierung meint die Übertragung von spielerischen Elementen in spielfremde Kontexte. „Die interaktive Lern-App für die höhere Mathematik soll Studierende in der Online- und Präsenzlehre begleiten und vor allem den Lernprozess von Studierenden im ersten Studienjahr unterstützen“, sagt Projektleiter Knospe.

Logo mathe:buddy Das Logo der App mathe:buddy (Bild: mathe:buddy)

Die App führt in die Themen der höheren Mathematik mittels prägnanter Texte ein und enthält Beispiele, Abbildungen und Verweise zum Praxisbezug. Die Userinnen und User sollen damit Trainingsaufgaben mit aufbauendem Schwierigkeitsgrad lösen können. Abgerundet wird die Lernphase durch Schnellabfragen, Sudokus und Kreuzworträtsel. Das Erreichen von Meilensteinen wird durch Awards und Highscores belohnt, um die Selbstmotivation zu stimulieren. Ein integrierter Chatbot erklärt Begriffe und stellt automatisiert Aufgaben gemäß dem aktuellen Lernstand. Neben den im Rahmen des Projekts entwickelten Kursbestandteilen können Dozierende und Tutorinnen und Tutoren auch eigene Lehrinhalte erstellen. Die App soll Open Source für iOS- und Android verfügbar sein und als Web-Tool im Browser zur Verfügung stehen.

„Bislang gibt es keine gamifizierte Mathematik-Apps, die sowohl quelloffen, als auch durch Lehrende inhaltlich anpassbar sind. Außerdem werden die bisherigen Angebote fast immer kommerziell vertrieben und sind damit nicht kostenfrei oder datenschutzrechtlich bedenklich. Darüber hinaus richten sie sich häufig ausschließlich an Schülerinnen und Schüler“, so Knospe.

Über Freiraum 2022

Mit der Ausschreibung „Freiraum 2022“ fördert die Stiftung Innovation in der Hochschullehre experimentelle und kreative Lehrkonzepte, die den Lernprozess von Studierenden in den Mittelpunkt stellen. Insgesamt wurden 204 Projekte in einem wettbewerblichen, wissenschaftsgeleiteten Verfahren ausgewählt. Der Ausschuss besteht aus Expertinnen und Experten aus Hochschulen, inklusive Studierenden, und Wissenschaft sowie Vertreterinnen und Vertreter der Länder und des Bundes. Das gesamte Fördervolumen für die ausgewählten Projekte beträgt rund 46 Millionen Euro.

August 2022

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