Digitale Abiturzeugnisse
Das Land NRW startet einen Test mit digitalen Abiturzeugnissen: Mit Blockchain-Technologie sollen sie fälschungssicher werden. Die TH Köln ist als eine von drei Pilothochschulen im Projekt dabei. Prof. Dr. Sylvia Heuchemer, Vizepräsidentin für Lehre und Studium und Jan Rathjen, Leiter des Referats für Studium und Lehre, erläutern im Interview die Hintergründe.
Pressemitteilung des MWIDE
Die TH Köln ist eine von drei Pilothochschulen im Projekt DIGIZ NRW. Warum war es Ihnen wichtig, in dieser Form als Pilot dabei zu sein? Welche Chancen bieten sich dadurch?
Sylvia Heuchemer: Wir wollen Digitalisierung im Hochschulbereich mitgestalten, auch in den Unterstützungsprozessen, damit sie den Hochschulen und insbesondere den Studierenden wirklich hilft. Bewerber*innen sollen schneller zum Studienplatz kommen, der Aufwand für alle Beteiligten sinken. Deshalb sind wir gern der Einladung zum Projekt gefolgt, das das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit Schul- und Wissenschaftsministerium initiiert hat.
Welche Vorteile bieten digitale Zeugnisse im Management des Zulassungsverfahrens?
Jan Rathjen: Aktuell müssen die teilnehmenden Bewerber*innen keine beglaubigte Zeugniskopie mehr einschicken. Das ist eher eine symbolische Erleichterung, im Vordergrund steht noch der Test des Konzepts. Mittelfristig wird es für alle Beteiligten einfacher und schneller, weil Behördengänge zur Beglaubigung entfallen und unsere Kolleg*innen weniger prüfen müssen. Denn gerade an Fachhochschulen gibt es nicht nur „das Abitur“, sondern auch eine Vielzahl von Fachhochschulreifen, die zum Teil nur in bestimmten Bundesländern gelten. Mit dem digitalen Zeugnis werden solche Prüfungen direkt im System abgebildet; die Automatisierung wird mittelfristig also eine große Erleichterung sein und zu kürzeren Bearbeitungszeiten führen können.
Welche besonderen Herausforderungen in der Arbeitsorganisation bringt die Testphase mit sich?
Jan Rathjen: Wir sind die erste Hochschule in Deutschland, die digitale Zeugnisse automatisiert im Bewerbungsportal prüft, und die Vorbereitungen dafür waren aufwändig, weil es naturgemäß noch keine Standardlösung gibt. Unser Dienstleister, die HIS eG, hat sich mit uns sehr engagiert. Auf die Praxis für die Bewerber*innen und die Sachbearbeiter*innen sind wir gespannt. Eine Agentur wird sie im Auftrag des Landes auswerten, und die Ergebnisse fließen in die Weiterentwicklung des Dienstes ein.
Nicht immer schließt sich ein Studium zeitlich an die Schulzeit an. Welche Lösungen kann es für Bewerber*innen geben, deren Zeugnisse schon älteren Datums sind?
Jan Rathjen: Im Moment erhalten nur Absolvent*innen des aktuellen Jahrgangs einiger Schulen in NRW „digitale Zeugnisse“. Sie können die Zeugnisse im Bewerbungsportal hochladen, das ist freiwillig. Im Übrigen gilt der übliche Weg: Bewerber*innen beantworten im Bewerbungsformular Fragen zum Schulabschluss, und wenn sie sich nach einer Zulassung einschreiben, schicken sie uns eine beglaubigte Zeugniskopie, die wir prüfen. Die Zulassungschancen ändern sich nicht.
Wie sieht der Zeithorizont für das gesamte Projekt DIGIZ aus? Und wie lange wird es dauern, bis dieses Verfahren an den Schulen in NRW und den Hochschulen Standard ist?
Sylvia Heuchemer: Wir erproben hier ein Konzept, das sehr wahrscheinlich bundesweit ausgerollt und an europäische Lösungen angeschlossen wird. Es wird dann Teil der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes, die im kommenden Jahr abgeschlossen sein sollte, aber zweifellos länger dauern wird. Der aktuelle Dienst der Bundesdruckerei, der unter anderem Blockchaintechnologie nutzt, wird dafür weiterentwickelt, und die Länder müssen weitere Standards für bundesweit gültige Zeugnisdaten schaffen. Im Herbst wird unser Feldtest abgeschlossen und die Planung von Bund und Ländern weiter gediehen sein, dann wird über den Fortgang des Projekts entschieden.
Juni 2021