„Das weltweit leistungsfähigste System“
04.12.2020 - Der Weltmarktführer für Radar- und Lasermess-Systeme suchte den geeigneten Forschungspartner und fand ihn am Campus Gummersbach der TH Köln – Internationales Interesse am Prototyp
Am Campus Gummersbach der TH Köln hat ein Forscherteam gemeinsam mit Unternehmen ein Laser-Messgerät für Luftturbulenzen entwickelt, das von Flughäfen international nachgefragt wird. Zwei Förderungen durch das Programm „FHProfUnt“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) mit einer Gesamthöhe von 620.000 Euro ermöglichten die Durchführung des aufwändigen Projekts. Im Rahmen des Vorhabens entstanden neun Bachelor- und Masterarbeiten, davon eine preisgekrönte, und eine Promotion. Der Promovend arbeitet inzwischen als Projektleiter beim Kooperationsunternehmen. Das entwickelte Messgerät ist derzeit konkurrenzlos in Bezug auf Leistung und Preis. Das Transferprojekt ist herausragend, denn es vereint alle erwünschten Komponenten: Praxisnähe, Kooperation mit Unternehmen, Einbindung von Studierenden, kooperative Promotion, Personaltransfer aus der Hochschule in die Industrie und ein einsatzfähiges Produkt für den internationalen Markt. Im Frühjahr 2020 hat die Hochschule einen weiteren Antrag in Höhe von 460.000 Euro an das BMBF gestellt. Das Folgeprojekt hat aus Sicht der Antragsteller gute Aussichten auf Bewilligung.
Schleppwirbel bei Flugzeugen sind ein Sicherheitsrisiko
Im Jahr 2010 begann das Forschungsvorhaben „Entwicklung eines neuartigen Doppler LIDARs (Light Detection and Ranging) für die Überwachung von Turbulenzen in An- und Abflugschneisen von Verkehrsflughäfen“ unter Federführung von Prof. Dr. Alfred Kurtz vom Campus Gummersbach der TH Köln. Ausgangspunkt war die Frage der Flugsicherheitsbehörden, wie sich die Staffelungsabstände bei Start und Landung von Flugzeugen ohne Einbußen bei der Sicherheit verringern lassen. Wenn zum Beispiel ein einmotoriges Sportflugzeug nach einem Jumbojet landet, muss es ausreichend Abstand haben, weil ein Großflugzeug einen kilometerlangen Schleppwirbel hinter sich herzieht. Wie gefährlich die Turbulenzen hinter einem Großflugzeug sein können, zeigte ein Beinahe-Absturz im 2017: Ein kleiner Business-Jet flog über dem Mittelmeer unter einem Airbus 370 in Gegenrichtung durch, der Schleppwirbel erfasste das Geschäftsflugzeug, ließ es drei Mal um die eigene Achse rotieren und 9000 Meter tief stürzen, bis der Pilot die Maschine abfangen konnte. Es gab Schwerverletzte, die Maschine konnte noch heil landen, war aber schrottreif.
Um sogenannte „Microbursts“ und Luftwirbel exakt messtechnisch zu erfassen, die bei Starts und Landungen entstehen, sind die bislang eingesetzten LIDAR-Systeme nicht empfindlich genug. Dr. Frank Gekat, der technische Leiter der Leonardo Germany GmbH, suchte einen kompetenten Kooperationspartner für die Weiterentwicklung der Lidar-Technik und fand sie im Forschungsteam von Prof. Kurtz. Das Neusser Unternehmen ist die deutsche Niederlassung des Weltmarktführers im Bereich der Radar/Lidar-Systeme, ein wichtiger Kunde ist der Deutsche Wetterdienst, der u.a. auch lokale Wetterdaten und Strömungsmessungen für Flughafen bereitstellt. Dritter Partner wurde der Flughafen Köln-Bonn, damit wurden auch Tests unter operationellen Bedingungen möglich. Derzeit steht der Prototyp für mehrere Monate auf dem Gelände des Flughafens Frankfurt, um die Messverfahren im Dauerbetrieb zu testen.
„Weltweit das leistungsfähigste System“
Besonders innovativ beim Gummersbacher Projekt ist die Entwicklung eines faserbasierten Mehrwellenlängen-Laser Systems in Kooperation mit einem Thüringer Spezialunternehmen. Das Lidar System ist modular, mit zum großen Teil herkömmlichen Komponenten aufgebaut, sodass es besonders robust und wartungsarm im Betrieb ist. „Insgesamt ein gelungenes Musterbeispiel für angewandte Forschung auf hohem wissenschaftlichen Niveau. “, so Projektleiter Prof. Kurtz. Der Physiker ist inzwischen im Ruhestand und hat das Projekt weitergegeben an Prof. Dr. Sebastian Kraft, den Direktor des Instituts für Optoelektronik. Prof. Kurtz arbeitet aber ehrenamtlich weiter am Vorhaben mit. Auf den Doktoranden Albert Töws, der inzwischen bei Leonardo arbeitet, folgte inzwischen der Doktorand Jan Lütge für das Folgeprojekt.
Das mit dem Neusser Unternehmen LEONARDO Germany entwickelte Gerät ist in seiner Art das weltweit leistungsfähigste System, da sind sich die Erfinder sicher. Gleichzeitig ist es auch preisgünstiger als die Konkurrenzgeräte, deren Stückpreis bei ca. 1 Mio. Euro liegt. Zu den Interessenten gehören nicht nur Großflughäfen auf der ganzen Welt, sondern auch Forschungsinstitute.
Dezember 2020