Das internationale Mekka der Fotografie

Heute in das Institut für Medien- und Phototechnik integriert, war die Staatliche Höhere Fachschule für Photographie bis 1971 eine eigenständige Instanz, die in Deutschland in dieser Form bis dahin einzigartig war.

Gebäude mit vielen internationalen Flaggen behangen Bereits im ersten Jahr des Bestehens waren mehr als ein Viertel der Studierenden ausländischer Herkunft. (Bild: TH Köln)

Aus allen Himmelsrichtungen

Schon bei der Eröffnung der Staatlichen Höheren Fachschule für Photographie Köln im Jahre 1954 bemerkte J. Voorwald, der Präsident des internationalen Photo- und Kinohändlerbundes „Die Schule wird zu einem internationalen Mekka“ und diese Aussage sollte sich in Windeseile bestätigen. Bereits im ersten Jahr des Bestehens lockte die Schule 86 Studenten an, davon waren bereits mehr als ein Viertel ausländischer Herkunft. Aus Amerika, Indien, Norwegen, Griechenland, der Schweiz, aus Indonesien, Belgien, Holland und der Türkei zog es wissbegierige junge Menschen und ihre Liebe zur Fotografie in die Domstadt.

Der neue Standort Köln

An der heutigen TH Köln in das Institut für Medien- und Phototechnik (IMP) integriert, war die Staatliche Höhere Fachschule für Photographie bis 1971 eine eigenständige Instanz, die in Deutschland in dieser Form bis dahin einzigartig war. Sie trat in die Fußstapfen der 1919 gegründeten Staatlichen Photofachschule Dresden. Dies zeichnete sich auch dadurch ab, dass mit Professor Dr. August Klughardt ein ehemaliger Direktor der Dresdner Schule der erste Leiter der Staatlichen Höheren Fachschule für Photographie in Köln wurde.

Prof. Dr. Klughardt hinter seinem Schreibtisch eines typischen 50er Jahre Büros. Prof. Dr. August Klughardt war der erste Leiter der Staatlichen Höheren Fachschule für Photographie in Köln (Bild: TH Köln)

Bevor das Erbe aus Dresden in die Rheinmetropole getragen werden konnte, mussten noch die Weichen für diese Idee gestellt werden. Als die deutsche Fotoindustrie nach dem 2. Weltkrieg 1950 wieder auf ihren hohen Stellenwert im Welthandel zusteuerte, war es vor allem Dr. h. c. Bruno Uhl zu verdanken, dass ein neuer Standort im Westen gesucht werden sollte. Im Duell zwischen Köln und Frankfurt am Main war die Domstadt als Ausrichter der bis heute stattfindenden photokina, Heimat der Deutschen Gesellschaft für Photographie e.V. und ihrer Nähe zum ursprünglichen Agfa-Unternehmen in Leverkusen bestens geeignet. Ausschlaggebend für die Wahl Kölns waren jedoch letztlich weniger ideelle Gründe als vielmehr die günstigeren Konditionen, die hier dem Vorhaben eingeräumt wurden.

Neben Prof. Dr. Klughardt – „der alte Barbarossa“, wie ihn seine Studenten nannten - waren auch seine Nachfolger Dr.-Ing. Leo Busch und Professor Fritz Dohle maßgeblich am Erfolg der Einrichtung beteiligt.

Eine Schule für alle Gebiete der Fotografie

Dass die Staatliche Höhere Fachschule für Photographie aber in Abgrenzung zur Dresdner Schule durchaus eigene Wege ging und sich somit auch gegenüber anderen Schulen im Bereich der Fotografie von einer möglichen Konkurrenz unterschied, verdeutlicht das von Dr. Bruno Uhl ausgerufene Credo „daß eine Ausbildungsstätte auf allen Gebieten der Photographie zur Heranbildung von Nachwuchskräften für die ganze Welt geschaffen werden müsse“. Während sich also der direkte Vorgänger ausschließlich mit dem Fotofachhandel auseinandersetzte, sollte die neue Schule das Handwerk sowie den Handel in seinem Repertoire haben.

Vom Projekt in die handfeste Wirklichkeit

„Die Höhere Fachschule für Photographie ist kein Projekt mehr, sondern handfeste Wirklichkeit geworden“ war das Resümee des Fachblattes Photo-Technik und -Wirtschaft nach dem Bau des stattlichen Gebäudes am Hohenstaufenring 48 – 54.

Eine Skizze des Gebäudes auf der Titelseite einer englischensprachigen Broschüre Titelseite der englischsprachigen Broschüre der Staatlich Höheren Fachschule für Photographie Köln 1954 (Bild: TH Köln)

Und den Studenten der ersten Stunde tat sich die Erkenntnis auf, dass, nach der Übereinkunft von Stadt, Land und Industrie, die Fördermittel für Erstausstattung und Unterhalt für ihre Ausbildung gut angelegt worden waren.

Das Gebäude bot auf 5600 m² Hörsäle für Physik und Chemie, moderne Dunkelkammern mit dazugehörigen Hellichträumen, chemische Prüf- und Messlaboratorien, Einrichtungen für Mikroskopie, ein großzügiges unterteilbares Atelier und alles andere, was das Herz der Fotografie begehrte.

Wer schaffen will, muss fröhlich sein

Neben der Theorie und der Arbeit in den Laboren blieb jedoch der Spaß nicht auf der Strecke, so gab Professor Klughardt die Marschroute „Wer schaffen will, muss fröhlich sein“ als geflügeltes Wort vor. Das „Kellerfest“ war geboren, was nicht nur bei Studenten, sondern auch bei Sekt spendierenden Professoren dankbar angenommen wurde. Ein Absolvent des ersten Studienjahres erzählte, dass Tänze mit der Finnin Aila Partanen „als höchster Genuss auf Erden“ empfunden wurden. Diese Aussage weist auf die starke Frauenquote hin, denn 43 von 96 Absolventen waren weiblich. Man kann sie aber auch als weiteres Zeichen für die mühelose Integration internationaler Schülerinnen und Schüler an der Höheren Fachschule für Photographie verstehen.

Viele namhafte Absolventen sind aus dieser Vorgängerinstitution der Technischen Hochschule Köln hervorgegangen wie zum Beispiel Inge van der Ropp, Hans Rotterdam, Gottfried Jäger, René Mächler, Nathaniel Gutierrez, um nur wenige zu nennen.

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Dr. Bruno Uhl (*1895 in Frankfurt/Main , †1990) war einer der größten Fürsprecher für die Gründung der Staatlich Höheren Fachschule für Photographie Köln. Durch seine Kontakte als Direktor der damaligen Agfa in Köln, Vorsitzender des Verbandes für Photographische Industrie und Ehrenpräsident Deutschen Gesellschaft für Photographie wurde dieses Projekt in dieser Form erst ermöglicht.

Prof. August Klughardt (*1887 in Dessau, †1970 in Bad Reichenhall). Nach dem Studium der Optik und Physik promovierte er an der Universität Jena über „Einige Erscheinungen, die bei der Beugung des Lichtes durch Gitter auftreten“. Seine wissenschaftliche Arbeit führte ihn anschließend zu den Firmen Busch, Rodenstock und Ernemann. Mit 35 Jahren habilitierte er sich an der Technischen Hochschulen Dresden, wo er am Institut für Farbenkunde Forschungsaufgaben wahrnahm. Gleichzeitig wirkte er als Lehrbeauftragter an der Deutschen Photohändler-Schule, zu deren Direktor er später berufen wurde. In gleicher Funktion baute er nach dem Kriege in Köln die Staatliche Höhere Fachschule für Photographie auf.

Dr.-Ing. Leo Busch (*1898 in Recklinghausen, †1979 in Köln) studierte an der Technischen Hochschule Berlin Chemie. Nach seiner Promotion trat er 1925 in die Kodak AG ein, wo er zunächst in der photographischen Beratung und der Patenabteilung tätig war. Später diente er dem Stuttgarter Unternehmen als Prokurist. Nach dem Kriege kehrte Busch an die TH Berlin zurück, um die Leitung der Prüf- und Versuchsanstalt für Kinotechnik zu übernehmen. 1954 wechselte er zur neugegründeten Staatlichen Höheren Fachschule für Photographie nach Köln, an deren Auf- und Ausbau er als Stellvertreter und späterer Nachfolger Prof. Klughardts einen entscheidenden Anteil hatte. Im Bestand des Hochschularchivs befindet sich eine Diasammlung von seinen Studienfahrten aus der Zeit zwischen 1939 und 1970.

Inge von der Ropp (*1919 in Berlin, †1989 in Köln) war eine der bedeutendsten Architektur-Fotografinnen der 1960er bis 1980er Jahre. Sie absolvierte eine Fotografenlehre an den Kölner Werkschulen und studierte 1954 – 1955 an der Staatlichen Höheren Fachschule für Photographie (HFP) in Köln bei Pan Walther. 1956 schloss sie mit der Fotografen-Meisterprüfung und als Diplom-Foto-Ingenieurin ab.

Hans Rotterdam (*1899 in Gelsenkirchen, †1978 in Gelsenkirchen) war ein ehemaliger Mitarbeiter des Presseamtes der Stadt Gelsenkirchen. Nachdem er zunächst eine Ausbildung zum Bäcker (1914-1931) machte, arbeitete Hans Rotterdam von 1931-1946 als selbständiger Bäckermeister. Der gebürtige Gelsenkirchener Hans Rotterdam wurde ab dem 25. 2. 1948 als Lichtbildner bei der Stadt Gelsenkirchen angestellt. Der erste Stadtfilm behandelt die Jahre 1951/1952 und wurde ohne Ton und in schwarz-weiß gedreht. Hans Rotterdam kann als Erfinder der Stadtfilme angesehen werden. Zur Weiterbildung und Vertiefung seiner Kenntnisse und Fertigkeiten auf dem Gebiet der Fotografie und des Films besuchte Hans Rotterdam 1954/1955 die Staatliche Höhere Fachschule für Photographie in Köln. Bei dieser Gelegenheit sind zahlreiche Fotos von Köln entstanden.

Gottfried Jäger (*1937 in Burg) ist ein deutscher Fotograf, Fototheoretiker und ehemaliger Hochschullehrer. Seine Lehre im Fotografenhandwerk schloss er 1957 in Bielefeld ab. Anschließend studierte er Fotoingenieurwesen an der Staatlichen Höheren Fachschule für Photographie in Köln. 1960 nahm Jäger eine Stelle als Technischer Lehrer für Fotografie an der Werkkunstschule Bielefeld an und baute das Lehrgebiet hier als künstlerisches Grundlagenfach aus. Dies führte 1972 zur Gründung des Studienschwerpunkts Foto-/Film-Design an der Fachhochschule Bielefeld, der heutigen Studienrichtung Fotografie und Medien. Im gleichen Jahr wurde Jäger zum Professor für Fotografie/Film an der Fachhochschule Bielefeld mit den Lehrgebieten Künstlerische Grundlagen der Fotografie, Fotografik und Generative Bildsysteme ernannt; 1984 gründete er den Forschungsschwerpunkt (FSP) Fotografie und Medien mit den jährlichen Bielefelder Fotosymposien. 1998–2002 war Jäger Visiting Professor am Royal Institute of Technology (RMIT) Melbourne. 2002 wurde er in Bielefeld emeritiert.

René Mächler (*1936 in Zürich, †2008 in Rheinfelden) war ein Fotograf und Mitbegründer der „Konkreten Fotografie“. Berufslehre als Chemielaborant an der ETH in Zürich 1952-1955. Reisen und Volontariate in Skandinavien 1955-1957. Erste Fotogramme 1956. Laborant bei Agfa in Zürich und Ciba in Basel. Studium an der Staatlichen Höheren Fachschule für Photographie in Köln 1958-1960. Wissenschaftsfotograf am Gerichtlich-Medizinischen Institut der Universität Basel 1960-1996. Mitgründer der Galerie Bild in Baden 1988. Korrespondierendes Mitglied der Deutschen Fotografischen Akademie ab 1996.

Nathaniel Gutierrez (*1936 in Manila, †1974) war einer er ersten offiziellen Fotografen der Cultural Center oft he Philippines (CCP). In den 50er Jahren studierte er Bauingenieurwesen an der FEATI University bis ihn sein Großonkel, Besitzer von Botica de Santa Cruz und Vertreiber von Agfa-Photo auf den Philippinen überzeugte, sich der Fotografie zuzuwenden. Er verließ die Philippinen und erwarb 1961 mit einem Stipendium von Carl Duisberg einen Abschluss in Fotografie an der Staatlichen Höheren Fachschule für Photographie in Köln. Später arbeitete und leitete er das Fotolabor der Botica de Santa Cruz und absolvierte eine spezielle Ausbildung bei Agfa-Photo, um die Dunkelkammerverarbeitung zu beherrschen. 1969 erhielt er von der Art Association of the Philippines (AAP) einen Preis für sein Foto Lumpen Verkäufer.

Juli 2020

Katja Lievertz


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