Kontakt

Michael Hecker

Michael Hecker

Hochschulreferat Kommunikation und Marketing

  • Campus Südstadt
    Gustav-Heinemann-Ufer 54
    50968 Köln
  • Raum 194
  • Telefon+49 221-8275-3064

Florian Koch – Ein Jahr in der Antarktis

Florian Koch bei der Meereismessung (Bild: Sepp Kipfstuhl)

Ein Jahr in der Antarktis? Kälte, Dunkelheit, Einsamkeit, aber auch traumhafte Landschaften. Florian Koch, Absolvent des Studiengangs Landmaschinentechnik, hat den antarktischen Winter erlebt: Als Betriebsingenieur war er auf der Forschungsstation Neumayer III, die vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) betrieben wird.

Wenn Florian Koch von seinem Aufenthalt in der Antarktis erzählt, ist ihm die Begeisterung für seine Aufgabe und die Liebe zu diesem ganz außergewöhnlichen Kontinent in jedem Satz anzumerken.

Die Affinität zu Technik war Florian Koch nicht in die Wiege gelegt: Sein Vater ist Kunstmaler, die Mutter Krankenschwester. Doch in der landwirtschaftlich geprägten Gegend rund um seine Heimatstadt Wesel waren Traktoren und schwere Maschinen sehr präsent und faszinierten den Schüler Florian Koch. So machte er nach seinem Realschulabschluss eine Ausbildung zum Mechaniker für Land- und Baumaschinen. „Reparatur und Wartung solcher Maschinen hat mir großen Spaß gemacht, aber ich wollte auch den nächsten Schritt gehen und selbst Maschinen entwickeln,“, schildert Florian Koch seine Motivation, nach dem Zivildienst sein Fachabitur nachzuholen. Im Jahr 2012 begann er das Studium an der TH Köln, die damals noch Fachhochschule hieß. Besonders gut in Erinnerung geblieben ist ihm die gute Betreuung und der große Zusammenhalt. „Die Tür stand immer offen, die Professoren hatten enge Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern und gaben uns wichtige Hinweise für unsere Berufswahl“, blickt er zurück: „Je weiter man im Studium gekommen ist, desto persönlicher wurde es. Und beim Praxissemester kam das Feedback, dass das Studium sehr gut auf die Arbeitswelt vorbereitet hat.“

Die erste Stelle führte ihn als Hydraulikingenieur in die Nähe seiner Heimat. Aus der anfänglich großen Herausforderung wurde bald Routine, und so wurde er hellhörig, als ihm seine Schwester von der Stellenausschreibung des Alfred-Wegener-Instituts erzählte, einem Helmholtz-Zentrum, das sich auf die Erforschung der Polargebiete spezialisiert hat. „Ich habe mich erst aus Jux beworben,“ sagt er. Eine Zeit lang hörte er nichts, und dann passierte vieles gleichzeitig: Sein damaliger Arbeitgeber machte ihm ein tolles Jobangebot in leitender Funktion, sein Haus war fertig renoviert – und das AWI wollte ihn für eine Überwinterung in der Antarktis einstellen. Was tun? Florian Koch entschied sich für das Abenteuer.

Natürlich wird niemand „einfach so“ ins ewige Eis geschickt: Zum Einstieg mussten alle Teilnehmenden der Expedition zahlreiche Trainings durchlaufen, mit denen die Eignung bei extremen Bedingungen geprüft wurde: So standen ein Gletschertraining und Abseilen in tiefe Spalten auf dem Programm oder Brandschutzübungen, in denen ein Schiffswrack gelöscht werden musste. In speziellen Fachkursen wurde Florian Koch auf seine Aufgabe als Ingenieur vorbereitet – so lernte er etwa, wie ein Pistenbully repariert wird. Kurz vor Weihnachten 2020 und damit mitten im antarktischen Sommer hieß es dann Abschied nehmen. Wegen coronabedingten Einschränkungen im Flugverkehr erfolgte der Transport der Mannschaft in die Antarktis komplett mit dem Forschungsschiff Polarstern. „Vier Wochen lang ging es durch Stürme und tropische Hitze, bis irgendwann der erste Eisberg auftauchte – eine bizarre Erfahrung“, erzählt Florian Koch.

Dann der erste Eindruck von der Antarktis: „Es fühlte sich wie ein Traum an!“ Viel Arbeit wartete auf die Neuankömmlinge: Sie wurden von ihren VorgängerInnen eingearbeitet, um die Neumayer-Station III sicher über den Winter zu bringen. Die Aufgaben von Florian Koch waren vielfältig: Als Betriebsingenieur war er für den Unterhalt des Gebäudes und des Fuhrparks mit über 20 Pistenraupen, 10 Motorschlitten und weiteren Spezialfahrzeugen zuständig. Regelmäßig musste die Station, die auf hydraulischen Stelzen auf Schnee und Eis steht, ausgeglichen werden, um ungleiches Absinken des Gebäudes zu verhindern; das überaus umfangreiche Ersatzteillager und die Brennstoffvorräte mussten ebenso kontrolliert und gepflegt werden wie das Flugfeld und das umgebende Gelände. Reparaturen und Wartungen fielen bei den extremen Bedingungen häufig an.

Draußen war [...] das Gefühl da, auf einem anderen Planeten oder auf dem Meer zu sein.

Mitte März 2021 verließen die MitarbeiterInnen aus dem Bauteam und die meisten WissenschaftlerInnen die Station. Nur zehn Personen sollten über den antarktischen Winter bleiben. In den folgenden Monaten machten dieser kleinen Gruppe nicht nur die Kälte und die Abgeschiedenheit zu schaffen. Nicht zu unterschätzen war die soziale Komponente, wenn man monatelang auf engstem Raum zusammenleben muss. Auch wenn nicht immer alles „Friede, Freude, Eierkuchen“ war, wie Florian Koch es ausdrückt, meisterten die ExpeditionsteilnehmerInnen auch diese Herausforderung. Immerhin konnten sie täglich telefonieren, so dass man sich gar nicht so weit weg vorkam. „Aber draußen war dann sofort das Gefühl da, auf einem anderen Planeten oder auf dem Meer zu sein. Die unglaubliche Weite ist sehr ergreifend“, sagt Florian Koch. Ob er Angst hatte? Nein, denn die Kälte ist berechenbar. Bis Mitte Juli war das Wetter kein Problem, aber dann wurde es richtig kalt. Die Maschinen und die Isolierungen kamen an ihre Grenzen, das Öl wurde zäh, Sensoren funktionierten nicht – Schwerstarbeit bei extremen Bedingungen. Trotzdem: „Ich habe mich verliebt in diesen Kontinent, mit Temperaturen bis 48,5 Grad unter Null, Dunkelheit und Morgenröte – es gab viele unvergessliche Momente.“

Mitte Februar 2022 ging es dann zurück in die Zivilisation: Sechs Stunden brauchte der Flieger nach Kapstadt. Nach wenigen Monaten Urlaub wartet nun das nächste Abenteuer: Florian Koch bekam einen Vertrag für eine Expedition in die Westantarktis. Hier wird der Eisverlust des Thwaites-Gletschers, der doppelt so groß ist wie Österreich, erforscht. So lassen sich Voraussagen treffen für den zu erwartenden Anstieg des Meeresspiegels. Und damit kehrt der Landmaschinentechniker vom Niederrhein, der sein Herz an die Antarktis verlor, Ende des Jahres wieder zurück auf den Kontinent, den die allermeisten Menschen wohl niemals betreten werden.

November 2022

Kontakt

Michael Hecker

Michael Hecker

Hochschulreferat Kommunikation und Marketing

  • Campus Südstadt
    Gustav-Heinemann-Ufer 54
    50968 Köln
  • Raum 194
  • Telefon+49 221-8275-3064


M
M