Verbundenheit statt Autorität – Transformative Führung fokussiert sich auf Potentialentfaltung

Führen und geführt werden: Die Promovierenden und Postdocs im Projekt PLan_CV verfügen über zahlreiche Erfahrungen mit beidem. Wie Führung gelingen kann, die Menschen, Institutionen und Unternehmen aufblühen lässt und Transformationen in all ihren Facetten erlaubt, war Mittelpunkt des dritten Fokus Workshops des Karriereentwicklungsprogramm Karriere hoch 3 (K3).

Der Referent Dr. Michael Stolle, Geschäftsführer des House of Competence am Karlsruher Institut für Technologie, führte in die Positive Führung ein, welche auf den Grundsätzen der Positiven Psychologie basiert. Einer der Grundgedanken dieses Konzepts: Dysfunktionale Überzeugungen, welche Führung vor allem mit Autorität, Druck und Problemfokussierung assoziieren, werden durch einen Führungsstil ersetzt, welcher auf Verbundenheit, kontinuierliche Unterstützung und Potentialentfaltung setzt. Führungskräfte sind dann nicht länger da, um Probleme zu lösen und Hindernisse zu beseitigen, sondern um das Unternehmen in seiner Entwicklung zu unterstützen und die Beschäftigten zu motivieren. Die konventionelle Konzentration auf Schwächen weicht einem neuen Stärkenfokus. Diese Verschiebung ist elementar für erfolgreiche Führung, wie unter anderem in zahlreichen Studien zum Pygmalion-Effekt belegt ist: Unsere Erwartungen und Überzeugungen hinsichtlich der Fähigkeiten einer anderen Person wirken sich unmittelbar auf die tatsächliche Leistung dieses Menschen aus.

Zudem erkennt die Positive Psychologie die große Bedeutung subjektiven Sinnerlebens an, welches stark mit Wohlbefinden korreliert. Nehmen wir uns auch im Arbeitskontext als zugehörig und unsere Arbeit als sinnhaft wahr, wachsen wir eher über uns hinaus, so eine Annahme der Positiven Führung. Erst wenn die universellen Grundbedürfnisse nach Autonomie, Verbundenheit und eigenem Kompetenzerleben erfüllt sind, kann persönliche Entwicklung stattfinden. Das fordert Führungskräfte heraus: Sie müssen ihren Beschäftigten Erfahrungen von Selbstwirksamkeit ermöglichen, sie durch Feedback unterstützen und sie mit Wärme, Empathie und Akzeptanz begleiten. Ein solcher Führungsstil ist besonders förderlich für Transformationsprozesse, indem er Mitarbeitende z. B. dazu motiviert, persönliches Wachstum anzustreben und sich aktiv einzubringen. Es wird deutlich, dass die Hinwendung zu den großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit auch die Einkehr braucht, den Blick nach innen, die Hinwendung zu unseren ganz persönlichen Stärken, Werten und Bedürfnissen. Wer andere führen will, muss zunächst lernen, sich selbst zu führen, fasst Michael Stolle diesen Umstand zusammen.

Dr. Stolle lud die K3 Teilnehmenden daher ein, Führungsmomente aus ihrem Arbeitsalltag zu identifizieren und auf Grundlage des VIA-Tests zu ergründen, welche ihrer persönlichen Stärken und Werte dabei bereits zum Tragen kommen und zukünftig bereichernd sein könnten. Schnell wurde klar, dass auch solche Stärken und Werte, die bisher vielleicht nicht als hilfreich für die eigene Führungspraxis wahrgenommen wurden, wertvoll sind, so etwa die Fähigkeit zu vergeben oder Demut. Der Workshoptag war geprägt von regen Diskussionen zu Erfahrungen von und Weiterentwicklungsmöglichkeiten hinsichtlich Führung der Teilnehmenden. In Gesprächen, Reflexionen und praktischen Übungen, wie etwa einer Geräuschmeditation oder einer Dankbarkeitsübung, wurde so ganz praktisch erfahrbar, dass Führen und Geführtwerden auch von Sinnerleben, Verbundenheit und Positivität geprägt sein können.

Juni 2025

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