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Unterirdisch statt Freileitung: über die Zukunft des Stromtransports

Symbolbild einer Landschaft  (Bild: Adobe Stock / Roland)

Der Ausbau der Windenergie in Deutschland wird vor allem im Norden betrieben, während sich große Verbraucher im Süden befinden. Daher müssen die Übertragungsnetze ausgebaut werden. Welche Herausforderungen damit verbunden sind, erläutert Prof. Dr. Christof Humpert vom Institut für Elektrische Energietechnik.

Prof. Humpert, was bedeutet die Energiewende für unser Stromnetz?

Bislang wurde die Energieversorgung in unserem Land so geregelt, dass es Großkraftwerke in der Nähe der Großverbraucher gab – etwa in den Industriezentren im Süden und im Ruhrgebiet. Diese werden nun teilweise von Windkraftanlagen an Land und auf See in Niedersachsen und Schleswig-Holstein abgelöst. Also muss verstärkt Energie in den Westen und Süden transportiert werden, was die bestehenden Netze ohne Ausbau überlasten wird. Zudem steigt generell der Bedarf an elektrischer Energie, weil mehr Elektroautos und Wärmepumpen im Einsatz sind und künftig Elektrolyseure Wasserstoff erzeugen sollen. Diese Entwicklungen erfordern ein leistungsstarkes Stromnetz, weshalb die bestehende Infrastruktur nun umstrukturiert werden muss.

Ein Teil dieser Umstrukturierung umfasst große Stromtrassen, die einmal quer durch das ganze Land führen. Was ist geplant?

Es gibt fünf Hauptprojekte: Stromkorridore mit einer Länge zwischen 300 und 700 Kilometern, etwa von Brunsbüttel in die Nähe von Stuttgart und von Magdeburg an die Isar. Diese Vorhaben sind äußerst komplex, mit umfangreichen Genehmigungsverfahren verbunden und werden vorwiegend unterirdisch ausgeführt. Daneben wird das Stromnetz durch viele kleine Vorhaben ertüchtigt. Kürzere ober- oder unterirdische Leitungen werden errichtet oder bestehende Routen verbessert, indem die Transportkapazität erhöht wird.

Sie sprachen gerade von unterirdischen Kabeln. Was sind die Vorteile dieser Technik im Gegensatz zu Freileitungen an Masten, wie sie bislang vorwiegend gebaut wurden?

Symbolbild unterirdischer Stromkabel Zukünftig werden große Teile des Ausbaus im Hochspannungsnetz als Erdkabel vorgenommen. (Symbolbild) (Bild: Adobe Stock / Countrypixel)

Aus technischer Sicht liegen die Vorteile tatsächlich klar bei den klassischen Freileitungen. Sie sind relativ einfach zu bauen und kostengünstiger. Die Wartung ist einfacher und Fehler lassen sich schnell finden und beheben. Zudem fließt durch sie Wechselstrom, also die gleiche Art von Strom, der auch aus unserer Steckdose kommt. Allerdings ist diese Art der Infrastruktur in Deutschland auf großen Strecken gesellschaftspolitisch nicht durchsetzbar. Der große Flächenbedarf, die Verschandelung der Landschaft und befürchtete gesundheitliche Beeinträchtigungen haben zu großem zivilgesellschaftlichem Protest geführt.

Also werden künftig große Teile des Ausbaus im Hochspannungsnetz als Erdkabel vorgenommen. Neben den bis zu dreimal höheren Kosten und der erschwerten Wartung gibt es vor allem ein Problem: Erdkabel mit Wechselstrom sind nicht für lange Strecken geeignet. Nach mehr als 70 Kilometern sind die Energieverluste so groß, dass sich der Transport nicht mehr lohnt. Daher setzt man bei langen Übertragungsstrecken auf Gleichstrom bzw. die Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ). Mit dieser Methode können große Energiemengen über lange Strecken unterirdisch transportiert werden. Der Nachteil: Am Anfang und am Ende der Strecke müssen große Konverterstationen errichtet werden, die den Wechselstrom in Gleichstrom und umgekehrt verwandeln. Dies ist ein Grund für weiter erhöhte Kosten.

Wann können wir mit der Fertigstellung der ersten Trassen rechnen?

Die Flaschenhälse dieser Projekte sind das Planfeststellungsverfahren, mit dem die Trasse definiert wird, Genehmigungsverfahren und die Entschädigung der Landbesitzer*innen. Der eigentliche Bau kann dann relativ schnell innerhalb weniger Jahre geschehen, weil an mehreren Stellen gleichzeitig gearbeitet werden kann. Unter der alten Bundesregierung ist eine ganze Reihe von Genehmigungen erteilt worden. Mittlerweile hängt es vor allem daran, dass Material und Fachkräfte fehlen. Trotzdem muss man festhalten, dass der Netzausbau durchaus vorangeht.

Was sind mögliche Weiterentwicklungen für die Zukunft der Stromübertragung?

Prof. Dr. Christof Humpert Prof. Dr. Christof Humpert (Bild: privat)

Wir werden sicher erleben, dass sich die eben beschriebenen HGÜ für lange Strecken als Punkt-zu-Punkt-Verbindungen etablieren und vorhandene Strecken ausgebaut werden. Auch eine Vernetzung von HGÜ-Leitungen ist in Planung. Zudem sind supraleitende Kabel, an denen in meinem Labor geforscht wird, eine wichtige Entwicklung. Dabei handelt es sich um flüssigstickstoffgekühlte Stromleitungen aus Materialien, die bei sehr niedrigen Temperaturen keinen elektrischen Widerstand mehr aufweisen. Damit kann der Strom ohne Verluste transportiert werden, was bis zu fünfmal mehr Leistung bei gleichbleibendem Kabelquerschnitt ermöglicht. Dies ist kein Thema für lange Strecken, da das Problem der Kühlung dort nicht gelöst ist. Aber für den innerstädtischen Bereich bietet dies großes Potential. Denn hier ist der Platz begrenzt, während die Nachfrage nach Strom stetig steigt, was eine kompaktere Infrastruktur in Zukunft notwendig macht.

Juni 2025

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