Ein Beitrag von

Carolin Brühl

Hochschulreferat Kommunikation und Marketing
Team Web-Kommunikation

In 16 Fellows um die Welt: Prof. Dr. Moti Gigi

Porträt von Prof. Dr. Moti Gigi (Bild: privat)

16 Wissenschaftler*innen aus 13 Ländern lehren und forschen dieses und nächstes Jahr als International Fellows an der TH Köln. Einer von ihnen ist Prof. Dr. Moti Gigi. In diesem Interview erzählt er, wie die Ereignisse nach dem 7. Oktober seinen Aufenthalt an der TH Köln geprägt haben, was Poesie und Essen mit kulturellem Austausch zu tun haben und wie ihn die Kontraste Kölns überzeugt haben.

Name: Prof. Dr. Moti Gigi

Heimathochschule: Sapir Academic College, Israel

Gastgebende Fakultät an der TH Köln: Fakultät für Informations- und Kommunikationswissenschaften

Fellowshiptitel: Politische Polarisierung in Deutschland und Israel

Dauer des Aufenthalts: 01.08. – 31.10.2025


Das International Fellowship hat mich interessiert, weil…

es den notwendigen Rahmen bot, um meine vom DAAD geförderte Forschungszusammenarbeit mit meinem Kollegen Lars Rinsdorf zu vertiefen. Nach 30 Jahren, in denen ich Deutschland in verschiedenen Kontexten besucht und hier gearbeitet habe, bot dieses Stipendium die Zeit und den Raum, um wirklich etwas Sinnvolles aufzubauen – einen gemeinsamen israelisch-deutschen Kurs und ein Forschungsprojekt, das sich mit der Medienpolarisierung zwischen Israel und Deutschland nach dem 7. Oktober befasst.

Konkret wollte ich während des Fellowships...

unseren internationalen MA-Studiengang gemeinsam entwickeln und unsere vergleichende Forschung zur Medienanalyse in beiden Ländern vorantreiben. Wir haben außerdem vorläufige Ergebnisse auf der Konferenz der European Association for Israeli Studies (EAIS) im September in Potsdam vorgestellt, was uns geholfen hat, sowohl unsere Forschungsfragen als auch unseren pädagogischen Ansatz zu verfeinern.

Während meiner Zeit in Deutschland wollte ich herausfinden, …

wie man einen echten Dialog über eines der polarisierendsten Ereignisse unserer Zeit schaffen kann. Durch unsere Forschung und Lehre habe ich untersucht, wie sich die Narrative der israelischen und deutschen Medien unterscheiden und überschneiden und wie Studierende aus beiden Ländern trotz – oder vielleicht gerade wegen – der Spannungen einen sinnvollen interkulturellen Lernprozess durchlaufen können. Meine Erfahrungen während meines Aufenthalts in Köln waren so prägend, dass ich darüber einen Artikel für Ynet (https://www.ynet.co.il/judaism/discourse/article/hjxidam2xg) geschrieben habe, in dem ich über die täglichen Begegnungen mit Erinnerung und Politik in den Straßen der Stadt reflektiere – von Stolpersteinen zum Gedenken an Holocaust-Opfer bis hin zu sich ständig verändernden Graffitis, die die aktuellen Spannungen zwischen Israel und Palästina zum Ausdruck bringen.

Internationalen Austausch finde ich…

nicht nur eine akademische Notwendigkeit, sondern eine moralische Verpflichtung, insbesondere in polarisierten Zeiten. Es geht darum, durch Wissenschaft Brücken zu bauen und gleichzeitig intellektuell ehrlich mit unseren Unterschieden umzugehen. Mein „Politics from Love”-Abend im September, an dem wir mit 14 deutschen Teilnehmer*innen bei Shakshuka und Wein über Bialik und Darwish diskutiert haben, war ein Beispiel dafür: Echter Austausch findet statt, wenn wir unser ganzes Selbst, einschließlich unserer Nationaldichter und unserer Küche, in das Gespräch einbringen.

Etwas, das an meiner Heimathochschule anders ist als an der TH Köln, ist…

der Kontext, in dem wir arbeiten. Ich komme vom Sapir Academic College im Süden Israels, an der Grenze zum Gazastreifen, das in den letzten zwei Jahren eine unglaublich schwierige Zeit durchgemacht hat. An der TH Köln habe ich eine institutionelle Offenheit für internationale Zusammenarbeit gefunden, selbst in komplexen Zeiten. Ich will nicht so tun, als wäre es keine Herausforderung, nicht fließend Deutsch zu sprechen – das ist es definitiv, und ich arbeite daran, meine Sprachkenntnisse zu verbessern –, aber die einladende Atmosphäre und die Tatsache, dass Zusammenarbeit auch ohne perfekte Deutschkenntnisse möglich ist, haben dieses Fellowship machbar und produktiv gemacht.

Mit zurück an meine Heimathochschule nehme ich, dass…

komplexe politische Themen vergleichend und kooperativ gelehrt werden können und sollten. Unsere Studierenden profitieren enorm davon, sich mit Kommiliton*innen auszutauschen, die unterschiedliche Perspektiven und Medienerfahrungen haben. Ich nehme auch praktische Modelle für die Gestaltung binationaler Kurse mit, die wir während des Fellowships verfeinert haben.

An der TH Köln gefällt mir, dass...

sie akademische Strenge mit echter Herzlichkeit verbindet. Man spürt, dass die Menschen hier mit ihrer Einrichtung und mit Köln selbst verbunden sind. Diese Verbundenheit – ich würde es eine Art Bürgerstolz nennen – schafft ein Umfeld, in dem sich internationale Gäste nicht nur als Besucher*innen, sondern als vorübergehende Mitglieder einer Gemeinschaft willkommen fühlen.

Was ich in Köln unbedingt erleben wollte, war...

der einzigartige Charakter der Stadt – und das habe ich auch getan! Vom Besuch von FC-Köln-Spielen und dem Erleben der gemeinschaftlichen Atmosphäre in den Kneipen während der Spiele über die Verbesserung meiner Deutschkenntnisse (in Vorbereitung auf unser nächstes Studierendentreffen im Februar 2026) bis hin zur Entdeckung der Kölsch-Bierkultur und dem Verständnis für den berühmten Liberalismus und die Karnevalstraditionen der Stadt. Was mich am meisten beeindruckt hat, ist die Kombination von Dingen, die man in einer Großstadt selten zusammen findet: wunderbares Essen aus aller Welt, eine lebendige Kneipenkultur, ein starkes Gemeinschaftsleben und dennoch – ein Gefühl von Ruhe und Stille. Diese Qualität des städtischen Lebens, bei der eine Großstadt eine fast dörfliche Ruhe bewahrt, ist etwas ganz Besonderes an Köln. Obwohl ich zum ersten Mal im Februar 2025 hier war, konnte ich in den drei Monaten meines Fellowships nicht nur die Höhepunkte, sondern auch den Rhythmus des Alltags erleben.


Über das Personalgewinnungskonzept „PLan_CV“

Das International-Fellows-Programm ist ein Baustein des Projekts PLan_CV („Professur-Laufbahn an Hochschulen für angewandte Wissenschaften neu denken: Collaboration und Vernetzung“). Es soll exzellentes Personal für Professuren an der TH Köln gewinnen und eine bessere Durchlässigkeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft erreichen. Das Projekt wird im Rahmen des Programms zur Förderung der Gewinnung und Qualifizierung professoralen Personals an Fachhochschulen mit 12,4 Millionen Euro vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt gefördert.

Dezember 2025

Ein Beitrag von

Carolin Brühl

Hochschulreferat Kommunikation und Marketing
Team Web-Kommunikation


M
M