Mehr Sicherheit für das Höchstspannungsnetz

Aufbau in Styroporbox  (Bild: Steven Franke / TH Köln)

Supraleitende Strombegrenzer haben die Fähigkeit, Kurzschlüsse im Höchstspannungsnetz zu stoppen und so die Netzinfrastruktur zu schützen. Allerdings kommt diese Technologie aus Kostengründen bisher nicht zum Einsatz. Im Forschungsprojekt Supra-Iso-420 im Labor für Hochspannungstechnik wurden jetzt die Eigenschaften verschiedener Isoliermaterialien untersucht.

Strombegrenzer könnten so künftig kompakter und damit günstiger konzipiert werden.

Supraleiter sind Materialien wie Yttrium-Barium-Kupferoxid, die bei Temperaturen zwischen -135 und -181 Grad Celsius Strom beinahe ohne Widerstand leiten. Durch einen Kurzschluss erhöht sich die Temperatur im Material, so dass dieses seine supraleitende Fähigkeit innerhalb weniger Millisekunden verliert, normalleitend wird und einen großen Widerstand aufbaut. Schäden können so verhindert werden, indem der Kurzschlussstrom auf einen ungefährlichen Wert reduziert bzw. limitiert wird.

Ein supraleitender Strombegrenzer besteht im Kern aus einem mehrere zehn Kilometer langen Band eines supraleitenden Materials, das in Spulen aufgewickelt wird und sich bei -200 Grad Celsius in flüssigem Stickstoff befindet. „Ein Isoliermaterial zwischen den einzelnen Wicklungen sorgt dafür, dass es innerhalb der Spulen zu keiner Stromübertragung kommt, aber auch nicht zwischen Spule und Außenhülle. Weil das Wissen über die Eigenschaften der Isoliermaterialien in Kombination mit flüssigem Stickstoff noch sehr begrenzt ist, müssen supraleitende Strombegrenzer aktuell noch überdimensioniert werden, was den Praxiseinsatz verhindert“, sagt Projektleiter Prof. Dr. Christof Humpert.


In dem auf ein halbes Jahr angesetzten Forschungsprojekt Supra-Iso-420 prüften Humpert und sein Team unterschiedliche Isolierpapiere und -folien mit einer Stärke zwischen 40 Mikrometern und einem Millimeter. Dabei untersuchten sie zum einen die Spannungsfestigkeit und damit die Frage, bei welcher Spannung das Material versagt. Zum anderen interessierten sie sich für die unerwünschten Verluste, die innerhalb des Strombegrenzers aufgrund der Isolierung entstehen.

„Wir haben verschiedene Isoliermaterialien identifiziert, die für den Aufbau eines Prototyps in Frage kämen, darunter auch solche, die kommerziell noch nicht verfügbar sind. Zudem ist ein digitales 3D-Modell eines Strombegrenzers entstanden, an dem man einzelne Parameter variieren kann und die Auswirkung auf das gesamte Bauteil sieht“, so Humpert. In Folgeprojekten soll zunächst in einer Machbarkeitsstudie geprüft werden, ob sich Strombegrenzer wirtschaftlich einsetzen lassen und im Folgenden ein Demonstrator entstehen.

Energiewende bringt Risiken für das Stromnetz

Im Zuge der Energiewende speisen zunehmend dezentrale Erzeuger Strom in das rund 37.000 Kilometer lange Höchstspannungsnetz in Deutschland ein. Im Fehlerfall sorgt dies für Kurzschlüsse mit sehr hohen Stromstärken, die bisher noch durch keine Technologie abgeschaltet werden können. Supraleitende Strombegrenzer werden im Mittel- und Hochspannungsbereich bis zu 220 Kilovolt bereits unter realen Bedingungen eingesetzt. Auch bei höheren Spannungen wären Strombegrenzer attraktiv, da sie – einmal eingebaut – das Netz effektiv schützen, dabei kaum Spannungsverluste bringen und nur wenige Kosten verursachen. Mit den Forschungsergebnissen des Labors für Hochspannungstechnik könnten supraleitende Strombegrenzer künftig auch für 420 Kilovolt eingesetzt werden.

„Supra-Iso-420“ wurde über das Programm progres.nrw-Research des NRW-Wirtschaftsministeriums gefördert. progres.nrw-Research unterstützt Hochschulen dabei, ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse auf die Umsetzbarkeit hin zu prüfen, Verwertungsmöglichkeiten in den Bereichen Energie und Klimaschutz zu untersuchen und so Innovationspotenziale zu identifizieren.

Mai 2021

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