Dipl.- Ing. Inge Coenders (1930 - 1914)
Erste Lehrende an der Staatlichen Ingenieurschule für Maschinenwesen Köln

64+1
Ende 1959 bekommen 64 Männer an der Staatlichen Ingenieurschule für Maschinenwesen Nikolaus-August-Otto Ingenieurschule Köln – die erste Kollegin in der Lehre, die Diplom Ingenieurin Inge Coenders.
Die Ingenieurschule wurde nach dem Ende des zweiten Weltkrieges 1946 wieder eröffnet und ist die Vorgängereinrichtung der heutigen Fakultäten für Anlagen, Energie- und Maschinensysteme und für Informations-, Medien- und Elektrotechnik.
Inge Coenders, die neue Kollegin und erste Frau im Dozentenkollegium lehrte ab dem Wintersemester 1959/60 die Fächer Werkstoffkunde und Umformtechnik. Laut dem damaligen Direktor Dr.-Ing habil Hermann Schöpke, hat sie sich außerdem „mit großem Interesse dem metallographischen Laboratorium gewidmet"[1].
Ihre Lehrtätigkeit in einem reinen Männerkollegium und ausschließlich von jungen Männern umgeben, hat Inge Coenders laut Angaben der Familie weder besondere Bedeutung beigemessen noch sich in irgendeiner Weise als Pionierin verstanden, was sie natürlich allein durch ihre Stelle als erste Lehrende in dieser Einrichtung war.
Anfangs, vom 1. Oktober 1960 bis zum 30. September 1963, lehrte Inge Coenders stundenweise mit sechs Unterrichtsstunden die Woche. Sie war nicht angestellt, sondern freiberuflich als Dozentin tätig. Parallel dazu unterrichtete sie ebenfalls mit sechs Wochenstunden an der Gewerblichen Berufsschule Ib in Köln. 1964 wechselte sie dann doch noch in ein Angestelltenverhältnis als nicht vollbeschäftigte Lehrkraft, da sie zunehmend Stunden übernehmen sollte. Zuvor hatte sie eine feste Anstellung als Baurätin und Dozentin abgelehnt, wie es im Schreiben der Personalakte von Februar 1964 zu lesen ist, mit der Begründung verheiratet zu sein.
In der Ingenieurschule genoss sie nicht nur bei den Studierenden, sondern auch bei den Kollegen aufgrund ihrer Fachkenntnisse und ihres „verbindlichen Auftretens“ ein sehr hohes Ansehen[2].
Zum Leidwesen aller verließ Inge Coenders die Ingenieurschule zum April 1966.
Nach der Geburt ihrer Tochter Ellen im Januar 1966 kehrte sie nicht mehr zurück in den Dienst, sondern kündigte zum 31. März 1966. Der Grund war allerdings nicht die Geburt ihres dritten Kindes, sondern die Versetzung ihres Mannes. Im Jahr 1965 war Albert Coenders an das Oberbergamt nach Dortmund versetzt worden, wohin die Familie 1966 umzog.
Inge Coenders hat sich scheinbar sehr selbstverständlich und selbstbewusst in diesem mänlich dominiertem Arbeitsfeld bewegt und viel Hochachtung für ihre Arbeit und Persönlichkeit erfahren.
[1] Personalakte [2] Personalakte

Ihr Personalbogen und der handschriftliche Lebenslauf zeugen von einer gradlinigen, direkten Person, die es sich erlaubt, selbstbewusst den Personalbogen auf eine weibliche Lehrende anzupassen, indem sie Ehefrau jeweils durch Ehemann ersetzt. Der Bogen sah damals noch nicht vor, dass es auch weibliches Lehrpersonal geben könnte (s.u.).
Ihr Werdegang
Inge Coenders wurde am 29. Juni 1930 als Tochter des Berg- und Vermessungsrates Otto Rellensmann und seiner Frau Emma Rellensmann, geborene Piepenbring, in Breslau geboren. Die Familie zog 1936 in den Harz nach Clausthal. Ihr Vater hatte einen Ruf als Professor für Markscheidewesen an die dortige Bergakademie erhalten.
In der Grundschule noch in einer Mädchenschule unterrichtet, machte Inge Coenders im Jahre 1949 – jetzt an einer Oberschule für Jungen, der Robert-Koch-Schule Clausthal – ihr Abitur mit der Note „Befriedigend“, wie sie selbst in ihrem Personalbogen vermerkt.
Vom Sommersemester 1949 bis zum Sommersemester 1953 studiert sie an der
Bergakademie Clausthal Metallkunde und besteht dort im November 1953 die Diplom Hauptprüfung, jetzt mit dem Prädikat „Sehr Gut“.
Während ihres Studiums hatte sie bereits 14 Monate Praktika absolviert, u.a. bei Buderus in Wetzlar, bei Leitz in Wetzlar und im Peiner Walzwerk. Ihr Interesse an der Metallkunde hatte möglicherweise der Vater geweckt, der ja selbst an der Bergakademie lehrte.
Mit der Wahl ihres Studiums der Metallkunde bewegte sich Inge Coenders in einem Themenbereich und Studiengang, in dem Frauen bis dahin wenig bis kaum vertreten waren. Laut Berichten der Familie hatte Inge Coenders während ihrer Studienzeit nur sehr wenige Kommilitoninnen. Mit Zulassung der britischen Besatzungsmacht studierten ab 1946 an der Bergakademie Clausthal fünf Frauen von insgesamt zweihundert Studierenden.
1949, als Inge Coenders ihr Studium begann, werden es nicht sehr viel mehr gewesen sein, doch durch diese Umstände ließ sie sich offensichtlich weder entmutigen noch daran hindern, diesen Weg einzuschlagen.
Im Juli 1954 heiratet sie den Bergassessor Albert Coenders, den sie während des Studiums in Clausthal kenngelernt hatte. Bereits Ende 1953 waren sie gemeinsam nach Wesseling-Berzdorf gezogen, wo sie im Elternhaus von Albert Coenders wohnten. Dort in Brühl wurden auch ihre Kinder Christine 1958, Martin 1960 und Ellen 1966 geboren.
Ihre erste berufliche Station war von Januar 1954 bis Februar 1958 eine Anstellung als Assistentin in der Versuchsanstalt der Felten & Guilleaume Carlswerk AG in Köln-Mülheim.
Die Firma Felten & Guilleaume boten Inge Coenders sogar an, ihr eigenes Labor zu gründen und mit ihnen als Auftraggeber zu arbeiten. Diese Aufgabe hätte sie nur in Zusammenarbeit mit ihrem Mann bewältigen können, sie entschieden sich dagegen, da Albert Coenders eine andere Karriere vor Augen hatte.
Dann folgten die Jahre an der Ingenieur- und Berufsschule.
Nachdem Inge Coenders 1966 die Ingenieurschule aufgrund ihres Umzugs verlassen hatte, findet sie einen neuen Wirkungskreis an einem Gymnasium in Dortmund. Dort suchte der Schuldirektor dringend nach Lehrpersonal und spricht Inge Coenders an, die daraufhin an der Schule als Lehrerin tätig wird.
Von 1971 bis zu ihrer Pensionierung im Jahre 1995 unterrichtete sie Physik und Chemie am Gymnasium an der Schweizer Allee.

Inge Coenders war keine Aktivistin für Gleichstellung der Geschlechter oder hat sich in besonderer Weise für die Rechte von Frauen eingesetzt und dennoch hat sie mit ihrem Werdegang Wege beschritten, die für Frauen bis dahin weder selbstverständlich waren noch häufig vorkamen.
Was Inge Coenders laut ihrer Kinder immer wichtig war, auch später im Schulbetrieb, war es, niemanden zurückzulassen und lieber eine halbe Note besser zu geben, sollte die schlechtere Note bedeuten, nicht zu bestehen oder sitzenzubleiben. Wege zu eröffnen schien ihr wichtig zu sein, nicht Menschen zu behindern.
Inge Coenders verstarb 2014 in Soest, wo sie die letzten Jahre ihres Lebens in einem Seniorenheim in der Nähe ihrer Tochter Christine wohnte.
Auf Grundlage von Gesprächen mit ihren Kindern sowie der Personalakte konnten wir diese Informationen zu Inge Coenders zusammentragen.