Vis-à-Vis – ältestes Kölner Automobil wird aufwändig restauriert

Der Vis-à-Vis-Motorwagen Typ A ist nach gegenwärtigem Kenntnisstand das älteste noch erhaltene in Köln gefertigte Automobil. Das bedeutende Zeugnis der Kölner Stadtgeschichte soll als eines der Highlights in der Dauerausstellung am neuen Standort in der Minoritenstraße des Kölnischen Stadtmuseums zu sehen sein. Zuvor muss der Motorwagen jedoch aufwändig restauriert werden.

Der 1902 in Köln-Sülz hergestellte Wagen, bei dem sich die Personen gegenübersitzen, fuhr einst mit sechs PS bis zu 25 km/h. Bevor die Besucherinnen und Besucher das besondere Objekt bestaunen können, wird Philip Mandrys, Restaurator und Alumnus der TH Köln, im Auftrag des Fördervereins „Freunde des Kölnischen Stadtmuseums e. V.“ die Restaurierungsarbeiten durchführen. Prof. Dr. Frank Herrmann vom Institut für Fahrzeugtechnik und Prof. Dr. Friederike Waentig vom Institut für Restaurierung- und Konservierungswissenschaft begleiten den Prozess.

Erstmals wurden nun der hölzerne Aufbau des Oldtimers abmontiert sowie Fahrwerk und -antrieb sichtbar gemacht. An der vorderen Rückbank konnte bereits die ursprüngliche Lackschicht freigelegt und restauriert werden. „Die besondere Herausforderung der konservatorischen und restauratorischen Bearbeitung liegt darin, das handwerkliche und gestalterische Können der frühen Kölner Automobilhersteller aufzuzeigen und dabei den historischen Kontext des Motorwagens zu bewahren. Die erhaltenen historischen Fotografien sowie die im Vorfeld durchgeführten naturwissenschaftlichen Untersuchungen und Recherchen bilden die Grundlage für eine auf Fakten basierende fachkundige Bearbeitung“, erläutert Philip Mandrys. „Wichtig ist es, den Wagen in einem gewissen Maße in seine Ursprünglichkeit zurückzuführen, ohne dabei seine Geschichte und Authentizität zu negieren.“

Im Zuge des Projekts ist zudem die Idee gereift, einen allgemeinen Kriterienkatalog und Handlungsempfehlungen für Restauratorinnen und Restauratoren sowie Museen zu entwickeln. „Die TH Köln stellt als größte deutsche Hochschule für angewandte Wissenschaften eine wichtige Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Kultur und Politik dar. Hieraus erwachsen mannigfaltige Aufgaben in Forschung, Lehre und Wissenstransfer“, ergänzt Prof. Dr. Frank Herrmann. „Umso bedeutender wird dieses Wirken im Falle des Vis-à-Vis-Motorwagens in der Stadt, in der mit der Erfindung des Otto-Motors im Jahre 1876 der Startschuss für eine neue Form von Mobilität gegeben wurde.“

Förderverein sucht finanzielle Unterstützung für Restaurierung

Der Förderverein unterstützt die Restaurierung finanziell und warb um weitere Spendengelder: „Dieses Fahrzeug unterstreicht die kultur- und industriegeschichtliche Bedeutung Kölns als Automobil- und Innovationsstandort. Mit dem Erhalt dieses historisch bedeutenden und optisch ungewöhnlichen Objektes möchten wir als Freundeskreis unseren Beitrag dazu leisten, dass dieses wichtige Kapitel nicht in Vergessenheit gerät. Wir hoffen, dass wir noch mehr Menschen für diesen wundervollen Wagen begeistern können und dass diese die Restaurierung mit Spenden unterstützen“, sagt Alexander Krahé, Mitglied des Vorstands. Rund 60.000 Euro sind insgesamt notwendig. Weitere Informationen unter: https://www.freunde-ksm.de/

2011 hat das Kölnische Stadtmuseum das einzigartige Automobil mit Mitteln des Kulturdezernats der Stadt Köln für seine Sammlung erworben. „Es war ein richtiger Glücksgriff, denn unser Vis-à-Vis ist das einzige bekannte Exemplar, das im Original erhalten ist. Es ist somit ein einmaliges Zeugnis für die Pionierzeit der Automobilentwicklung in Köln um 1900 – einer Zeit, in der rund 16 Automarken hier ansässig waren“, sagt die stellvertretende Direktorin des Museums Silvia Rückert. Von der Kölner Motorwagenfabrik GmbH in Sülz aus gelangte das Automobil zu einer Familie in Süddeutschland und von dort über ein Auktionshaus zurück nach Köln. Wie viele Exemplare des Vis-à-Vis damals gebaut wurden, ist nicht bekannt. Ab Herbst 2022 wird das Automobil in der Abteilung „Was bewegt uns“ zu sehen sein.

November 2021

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