Nachgefragt bei Prof. Dr. Christine Horz

Prof. Dr. Christine Horz (Bild: privat)

Fakultät für Informations- und Kommunikationswissenschaften, Professur für Transkulturelle Medienkommunikation


Studium Lehramt an der Justus-Liebig-Universität Gießen sowie Medienwissenschaften, Sozialwissenschaften und Kultursemiotik an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig

Promotion „Fernsehproduktionen von Einwanderern. Eine Studie am Beispiel iranischer Sendungen im Offenen Kanal“ an der Universität Erfurt

Berufliche Stationen (u. a.)

  • Wissenschaftliche Mitarbeiterin (Post-Doc) und Projektkoordinatorin der Lehr-Lernredaktion der Ruhr-Universität Bochum

  • Medienpolitische Beraterin zu Medien, Migration & Diversität, Medienpartizipation und digitaler Transformation der Öffentlich-Rechtlichen

  • Vertretungsprofessorin für Kommunikationswissenschaft an der Universität Greifswald

Als Kind wollte ich Verhaltensforscherin werden und war eine treue Zuschauerin der Zielgruppensendungen für „Gastarbeiter“ im WDR – auch wenn ich die Sprachen nicht verstehen konnte. Auch wenn mein Lebenslauf einige Haken geschlagen hat – das Grundinteresse an den Themen meiner Professur war wohl schon lange vorhanden.

Das Beste an meinem Studium: Durch die vielen Reisen in meinen Nebenjob weitete sich mein Horizont. Ich habe unterschiedliche Gesellschaftssysteme und kulturelle Phänomene kennen gelernt und konnte selbst erfahren, das Medien uns nur einen kleinen Ausschnitt der gesellschaftlichen Wirklichkeit anderer Länder vermitteln. Deshalb habe ich das Reisen immer als Bestandteil meines Studiums verstanden und bin dankbar für die Erfahrungen.

Die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien sehe ich nur dann rosig, wenn die Digitalisierung, die Zuschauerpartizipation – auch bei strategischen Entscheidungen – und nicht zuletzt die Diversität in den Redaktionen und Entscheidungsebenen konsequent und nachhaltig vorangetrieben wird. Nicht zuletzt wird es den Öffentlich-Rechtlichen wie ARD und ZDF nur gelingen neue, vielfältige Zielgruppen zu erreichen, wenn auch die Geschichten, die sie erzählen die kulturelle Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln.

Mein fachliches Steckenpferd ist, wissenschaftlich zu ergründen, wie die Mehrheitsgesellschaft durch die Medien mit Minderheiten kommuniziert,  wie diese mit der Mehrheitsgesellschaft kommunizieren und wie Minderheiten untereinander medial kommunizieren – und wie Diversität und Partizipationsmöglichkeiten in etablierten Medien erweitert werden können. Die Frage, warum es im Einwanderungsland Deutschland erst wenig kulturelle Vielfalt in Medien und Journalismus gibt, beschäftigt mich.  Mein zweites Steckenpferd betrifft die Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen. Eine Herausforderung sehe ich darin, Bürgerbeteiligung im Gegensatz zu den kommerziellen Plattformen wirklich social zu gestalten.

Ich möchte einen Schwerpunkt setzen in der Vermittlung aktueller Forschungsergebnisse in die Lehre und deren praxisnaher Aufbereitung. Insbesondere die Kombination aus beiden Welten in Lehrforschungsprojekten finde ich reizvoll für alle Beteiligten.

Ich würde gerne herausfinden, ob und inwieweit sich Gemeinwohlorientierung in digitalen Medien – als Gegenmodell zu Hate Speech und Fake News – stärker verankern ließe.

Der beste Ort für gute Ideen ist mein Kopf – und unterwegs sein.

Das letzte gute Buch, das ich gelesen habe, ist The hate u give von Angie Thomas. Es ist eigentlich ein  ugendroman und eine Coming-of-age-Story. Die Autorin beschreibt, wie ihre Protagonistin Starr Carter, ein schwarzes Mädchen aus einem überwiegend von Schwarzen bewohnten Stadtviertel, das auf eine „weiße“ Schule geht, zur Aktivistin gegen Rassismus und Polizeigewalt wird. Auslöser ist der Tod ihres besten Freundes Khalil, der bei einer Fahrzeugkontrolle durch Polizisten erschossen wird. Ein hochaktuelles Thema im Kontext der Black Lives Matter Proteste.

Dezember 2020

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