Ein Jahr im ewigen Eis: Studentin geht als Elektroingenieurin in die Antarktis
Für viele Studierende bedeutet ein Auslandsaufenthalt: ab in den Süden! Lea Buse aus dem Masterstudiengang Medientechnologie ist da keine Ausnahme und geht dabei noch weiter als die Meisten – auf die Polarforschungsstation Neumayer III in der Antarktis. Dort wird sie ab November ein Jahr lang als Elektroingenieurin arbeiten. Im Interview spricht sie über ihr anstehendes Abenteuer.
Lea, wie bist du auf die Idee gekommen, in die Antarktis zu gehen?
Zu Beginn meines Elektrotechnik-Bachelors an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg habe ich über Freunde zum ersten Mal vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) gehört, das im Nordosten des Ekström-Schelfeises die Neumayer-Station III betreibt, 2.158 Kilometer vom geographischen Südpol entfernt. Ich habe vom Forschungsschiff Polarstern und von der Arbeit des AWI in polaren Regionen erfahren – und davon, dass jährlich ein neues Team aus neun Wissenschaftler*innen und Techniker*innen auf die Station geht, um dort ein Jahr lang zu forschen, zu arbeiten und sie instand zu halten. Das hat mich sofort sehr fasziniert und seitdem nicht mehr losgelassen. Während meines Masterstudiengangs Medientechnologie an der TH Köln habe ich deshalb als studentische Hilfskraft beim AWI gearbeitet und mich schließlich für das sogenannte Überwinterungsteam beworben – und das hat zum Glück auch geklappt!
Was werden deine Aufgaben auf der Station sein?
Das Team besteht aus vier Wissenschaftler*innen, einem Arzt, einem Koch und drei Techniker*innen. Zum wissenschaftlichen Team gehören zwei Geophysiker*innen, eine Meteorologin und eine Luftchemikerin. Das Technikteam setzt sich aus einem Betriebsingenieur, einer Elektroingenieurin und einem ITler beziehungsweise Funker zusammen. Ich gehöre als Elektroingenieurin zum technischen Personal. Wir sind unter anderem dafür zuständig, die vier Blockheizkraftwerke der Station, die Kläranlage, die Brandmeldeanlage sowie verschiedene Fahrzeuge wie Arctic Trucks, Motorschlitten oder Pistenbullys am Laufen zu halten. Eine besondere Aufgabe wird das Anheben der Station sein: Die Neumayer III steht nämlich auf etwa 200 Meter dickem Schelfeis und ruht auf 16 hydraulisch beweglichen Stelzen. Weil durch ständigen Schneefall jährlich mehrere Meter Schnee hinzukommen, würde die Station ohne Maßnahmen allmählich unter der Oberfläche versinken. Deshalb werden wir in der Sommersaison mit Unterstützung des Sommerteams jede einzelne Stütze anheben und Schnee darunter schütten – so wird die gesamte Station Stück für Stück mit der Schneedecke angehoben. Zudem werden wir einmal während unseres Aufenthalts zum Nordanleger aufbrechen und Lebensmittel sowie Bauteile abholen, die von der Polarstern gebracht werden – das wird sicher eine spannende Aktion.
Bildergalerie

Lea Buse aus dem Masterstudiengang Medientechnologie wird ab November ein Jahr lang als Elektroingenieurin auf der Polarforschungsstation Neumayer III in der Antarktis arbeiten. (Bild: Lasse Urban)

Bei einem Gletschertraining in den Alpen haben Lea Buse und das Überwinterungsteam die Ausrüstung und ähnliche Bedingungen wie in der Antarktis kennengelernt. (Bild: Lasse Urban)

Eine besondere Herausforderung: Stürmische Wetterbedingungen. Dann drohen Whiteouts – heftige Schneeverwehungen, bei denen man kaum noch etwas sieht außer Weiß und man den Horizont nicht mehr vom Boden unterscheiden kann. (Bild: Lasse Urban)

Die Polarforschungsstation Neumayer III des Alfred-Wegener-Instituts (AWI), 2.158 Kilometer vom geographischen Südpol entfernt. (Bild: Alfred-Wegener-Institut/Stefan Christmann)

Die Neumayer III steht auf etwa 200 Meter dickem Schelfeis und ruht auf 16 hydraulisch beweglichen Stelzen. In der Sommersaison muss jede einzelne Stütze angehoben und mit Schnee unterfüttert werden, damit die Station nicht allmählich unter der Oberfläche versinkt. (Bild: Alfred-Wegener-Institut/Thomas Steuer)
Bei Temperaturen, die teilweise um die -50 Grad Celsius betragen können, wird das bestimmt eine Herausforderung…
…das stimmt. Auf die Wetterbedingungen bin ich auch schon sehr gespannt. Das kälteste, was ich bisher erlebt habe, waren um die -20 Grad Celsius in Kanada. Die Kälte in der Antarktis ist aber anders, weil es dort extrem trocken ist. Stürmische Wetterbedingungen werden wohl eher zur Herausforderung, weil dann Whiteouts drohen – heftige Schneeverwehungen, bei denen man kaum noch etwas sieht außer Weiß und man den Horizont nicht mehr vom Boden unterscheiden kann. In solchen Situationen muss man sich mit GPS-Geräten orientieren und bewegen. Da gehe ich aber relativ gelassen dran, weil ich durch das Tauchen – ich tauche hobbymäßig und habe beim AWI eine Ausbildung zur Forschungstaucherin absolviert – schwierige Sichtverhältnisse kenne, bei denen man die Hand manchmal nicht vor den Augen erkennen kann. Die meisten Arbeiten werden allerdings in der Station stattfinden, wo ganz normale Zimmertemperatur herrscht. Und für die Arbeiten draußen sind wir gut ausgerüstet und werden entsprechend geschult.
Wie läuft die Vorbereitung ab?
Die Vorbereitung läuft von Anfang Juli bis Ende Oktober. Das ganze Team wohnt in dieser Zeit in einem Mehrparteienhaus in Bremerhaven in kleineren Wohngemeinschaften, sodass wir neben offiziellen Schulungen und Kursen auch abends viel zusammensitzen und gemeinsam kochen. Teambuilding ist generell ein sehr wichtiger Aspekt – deshalb gibt es beispielsweise auch Kurse in Konfliktmanagement. Darüber hinaus waren wir bereits bei einem Gletschertraining in den Alpen, um die Ausrüstung und ähnliche Bedingungen wie in der Antarktis kennenzulernen. In den nächsten Wochen wird dann die berufsbezogene Vorbereitung intensiviert. Das bedeutet, dass ich beispielsweise die technischen Systeme, mögliche Fehlerquellen sowie Ansprechpersonen bei den Herstellern kennenlerne und an einem Brandschutzlehrgang teilnehme. Auch ein Kettensägenkurs steht noch an. Die Kettensäge nutzen wir in der Antarktis, um bei Bedarf Schnee und Eis zu verarbeiten.
Wie kommt ihr eigentlich zur Neumayer-Station III?
Die Anreise wird auch schon ein kleines Abenteuer. Das AWI kooperiert mit dem Norwegischen Polarinstitut, das die Forschungsstation Troll in der Antarktis betreibt. Deshalb fliegen wir zunächst nach Oslo und von dort gemeinsam mit den norwegischen Kolleg*innen über Südafrika zur Troll Station, da diese eine Landebahn für größere Flugzeuge hat. Unser Team steigt dann in kleinere Maschinen um, die auf Kufen an der Neumayer-Station III landen können. Voraussichtlich wird die Anreise je nach Wetterbedingungen drei bis sechs Tage dauern, sodass wir etwa Mitte November vor Ort sind.
Für ein Jahr bist du dann im ewigen Eis – und danach?
Während meiner Zeit in der Antarktis bin ich für zwei Semester beurlaubt. Nach meiner Rückkehr werde ich erstmal meine Masterarbeit schreiben und das Studium an der TH Köln abschließen. Ich habe mich in meinem Medientechnologie-Master auf Bildtechnik spezialisiert. Ich könnte mir perspektivisch gut vorstellen, in der Entwicklung von Messtechnik zu arbeiten – aber das wird sich zeigen. Bis zu meinem Abschluss ist ja noch ein bisschen Zeit. Klar ist aber, dass ich gerne in der Polar- und Meeresforschung bleiben und auch im Bereich Forschungstauchen mehr Erfahrungen sammeln möchte.
August 2025