Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften

TH Köln
Campus Südstadt
Ubierring 48a, 50678 Köln

Auswirkungen der Sparpolitik in der Sozialen Arbeit

Am 20. Juni veranstaltete die Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften einen Dies academicus zum Thema „Sparhaushalte in der Sozialen Arbeit. Entwicklungen und Herausforderungen“. Sie reagierte damit auf politische Vorschläge zur Kürzung von Budgetmitteln im Sozialbereich, die bereits für den Haushalt 2024 teilweise wirksam wurden und auch in den aktuellen Haushaltsdebatten zu befürchten sind.

Auf die Eröffnung des Dies academicus durch die Dekanin Prof.in Dr. Andrea Platte folgte ein Fachvortrag durch Prof. Dr. Stefan Sell von der Hochschule Koblenz. Sell nahm zunächst Bezug auf eine tags zuvor veröffentliche Umfrage der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW), wonach knapp zwei Drittel der Einrichtungen und Dienste der Wohlfahrtsverbände bereits eingeschränkt oder eingestellt werden müssen. Der Ökonom Sell betonte, dass man im Diskurs um die Einsparungen zu Lasten der Sozialen Arbeit den vermeintlichen finanz- und steuerpolitischen Notwendigkeiten stärker entgegentreten müsse. Die Einsparpotentiale im Sozialbereich wären gar nicht so hoch, als dass sie sich finanzpolitisch lohnen würden. Dennoch hat er auch eine insgesamt bedenkliche Haushaltslage für die Kommunen, Länder und den Bund skizziert.

Prof. Dr. Sell im Gespräch mit einer Teilnehmerin Prof. Dr. Sell im Gespräch mit einer Teilnehmerin (Bild: Dirk Osterkamp)

Im Anschluss an den Vortrag hatten die Teilnehmenden des Dies Gelegenheit, mit Studierenden des Bachelorstudiengangs Soziale Arbeit ins Gespräch zu kommen, die ihre Rechercheergebnisse über die Kürzungen in einzelnen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit (Migrationsberatung, politische Bildung, Freiwilligendienste, Kinder- und Jugendhilfe, Sucht- und Gesundheitsdienste) auf wissenschaftlichen Postern festgehalten hatten. Die Poster sind bis Mitte Juli noch in der Bildungswerkstatt ausgestellt und können gerne besichtigt werden!

Abgerundet wurde der Vormittag durch vertiefte Diskussionen in handlungsfeldbezogenen Arbeitsgruppen. Laura Einhorn (TH Köln) und Christian Basten (DBSH) moderierten die Arbeitsgruppe zu Arbeitskämpfen und kollektiver Interessenvertretung. Über die Einsparungen im Bereich der politischen Bildung diskutierten die Teilnehmenden mit Prof.in Dr. Birgit Jagusch (TH Köln) und Charlotte Schwalb (TH Köln). Prof.in Dr. Katrin Schneiders (Hochschule Koblenz) leitete die Arbeitsgruppe zu den Einsparungen im Bereich der Inklusion und Eingliederungshilfe. Mit den Einsparungen in der Migrationsberatung befasste sich die Arbeitsgruppe von Prof.in Dr. Schahrzad Farrokhzad (TH Köln) und Peter Scholz (Jugendmigrationsdienst). Prof. Dr. Andreas Thimmel (TH Köln) diskutierte mit den Teilnehmenden seiner AG über die Einsparungen in der Jugendarbeit.

Studierende präsentieren ihre wissenschaftlichen Poster zu den Kürzungen in der Sozialen Arbeit Studierende präsentieren ihre wissenschaftlichen Poster zu den Kürzungen in der Sozialen Arbeit (Bild: Dirk Osterkamp)

Unter dem Motto „TH goes public“ veranstaltete die Fakultät am Nachmittag eine öffentliche Lehrveranstaltung auf dem Severinskirchplatz in der Kölner Südstadt zu den Sparmaßnahmen in der Sozialen Arbeit. Eingerahmt von den wissenschaftlichen Postern der Studierenden des Bachelorstudiengangs Soziale Arbeit wurde das Thema aus vier Perspektiven beleuchtet. Für die Wissenschaft sprachen Prof.in Dr. Sigrid Leitner und Prof. Dr. Ragnar Hoenig über die Argumentationsfigur der „würdigen und nicht würdigen Armen“ als Rechtfertigung für Leistungskürzungen.

Öffentliche Lehrveranstaltung auf dem Severinskirchplatz in Köln Öffentliche Lehrveranstaltung auf dem Severinskirchplatz in Köln (Bild: Dirk Osterkamp)

Aus Sicht der Wohlfahrtsverbände als wichtige Arbeitgeber der Sozialen Arbeit berichtete Christian Woltering, der Geschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Landesverband NRW über die Auswirkungen der Einsparungen. Den Blickwinkel der Arbeitnehmer*innen vertraten Christian Basten (DBSH) und Simon Walker (komba gewerkschaft nrw). Aus der Perspektive von Menschen mit Armutserfahrung verdeutlichten Ann-Kathrin Bodendorf und Benjamin Bertram von #ichbinarmutsbetroffen die Auswirkungen der Einsparungen auf die Lebenslagen von Menschen, die von Armut bedroht oder betroffen sind.

Verteter*innen von #ichbinarmutsbetroffen verdeutlichen die Auswirkungen der Sparpolitik auf ihre Lebenslagen Verteter*innen von #ichbinarmutsbetroffen verdeutlichen die Auswirkungen der Sparpolitik auf ihre Lebenslagen (Bild: Dirk Osterkamp)

Abschließend fasste die Dekanin Prof.in Dr. Andrea Platte den Tag zusammen. Auf dem Severinskirchplatz hatten sich Passant*innen mit Fahrrädern, Kinderwägen, Rollatoren und Einkäufen zum Zuhören eingefunden. Die Intention der Fakultät, mit diesem wichtigen Thema in die Stadtgesellschaft hinein zu wirken, kann als gelungen bezeichnet werden.

Juli 2024

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