TabulaRasa: Der Einfluss löschbarer Schreibtechnologien auf die Manuskriptkultur

Das interdisziplinäre Projekt erforscht die Rolle der Überschreibbarkeit in Manuskriptkulturen und konzentriert sich auf die Verwendung von Ton- und Wachstafeln im Alten Nahen Osten, in der Klassischen Welt sowie im mittelalterlichen bis frühneuzeitlichen Europa.
Einen Gedanken niederschreiben oder eine Idee visualisieren – Notizen sind schnell gemacht und schnell wieder entsorgt. Das war bereits in der Antike und im Mittelalter üblich: Auf Wachs- oder Tontafeln wurden Dinge notiert, lesen und schreiben geübt und gelernt und später wieder gelöscht. Aus transkultureller Perspektive ergeben sich interessante Parallelen ephemerer Schriftlichkeit zu modernen digitalen Medien. Diese wiederverwendbaren Medien waren weit verbreitet und sind aufgrund ihrer vergänglichen Natur jedoch wenig erforscht.
Auf einen Blick
Kategorie | Beschreibung |
---|---|
Forschungsprojekt | TabulaRasa. Clay, wax, and the impact of erasable writing technologies on manuscript cultures |
Leitung | Dr. Michele Cammarosano (Project leader, University of Naples L`Orientale) |
Fakultät | Fakultät für Kulturwissenschaften |
Institut |
CICS - Cologne Institute of Conservation Sciences Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft |
Beteiligte | Prof. Dr. Ester S.B. Ferreira, Dr. Doris Oltrogge, Andreas Krupa M.A. (TH Köln), Prof. Dr. Alessandro Vergara, Prof Dr. Barbara Liguori, Vincenzo Morra (Università di Napoli, Federico II) |
Projektpartner | Prof. Dr. Janet Rethemeyer (Universität zu Köln) |
Fördermittelgeber | European Research Council (ERC) Mehr |
Laufzeit | 1.5.2025 bis 30.4.2030 |
Das Projekt TabulaRasa untersucht den Einfluss löschbarer Schreibtechnologien auf die Schriftkultur, die bis heute im Tablet weiterlebt. In einem interdisziplinären Forschungsverbund mit der @Università di Napoli L‘Orientale und der @University of Naples Federico II befasst sich das Cologne Institute of Conservation Sciences der TH Köln in einem ganzheitlichen Ansatz, zu dem das CICS experimentell-archäologische Versuche, kulturhistorische Recherchen und naturwissenschaftliche Analysen beitragen wird, insbesondere mit Wachstafeln. Kürzlich trafen sich Projektteilnehmer der Partnerinstitutionen in Neapel zum inoffiziellen Auftakt während des Workshops „Ephemeral Writings“ an der Università di Napoli L’Orientale.
Im Rahmen dieses Projektes wird sich das Team der TH Köln auf die Charakterisierung und Rekonstruktion der materiellen Aspekte von Wachstafeln konzentrieren. Ursprünglich aus dem südlichen Mesopotamien stammend, gehörten Wachstafeln in der griechisch-römischen Antike zu den wichtigsten Werkzeugen der Schriftkultur, die in großer Anzahl erhalten sind, unter anderem in den Vesuvstädten Pompeji und Herculaneum.
Die leicht transportierbaren Wachstafeln ermöglichen wiederholte Beschriftungen ohne Tinte auf einer in vielerlei Hinsicht beständigen Oberfläche – ideal für den Einsatz im Freien oder auf Reisen. Diese Technologie bestand fast vier Jahrtausende, durch verschiedene Kulturen und historische Epochen und wurde noch im 19. Jahrhundert in Europa verwendet.
Die Wachstafeln bestehen im Wesentlichen aus einem meistens hölzernen Träger und dem Wachsspiegel, der in der Regel in einer Vertiefung im Träger liegt. Es stellen sich die Fragen, wie die Materialien für die Tafeln ausgewählt und verarbeitet wurden. Neben der Bestimmung und Einordnung der verwendeten Holzarten sind die Werkzeugspuren an den Holztafeln von Interesse, da sie Zeugnis über die historische Technologie ablegen. Um die genaue Zusammensetzung der wiederbeschreibbaren Beschichtungen zu bestimmen, werden jene in ihrem Erscheinungsbild beschrieben und auf molekularer Ebene analysiert. Die Wachse wurden möglicherweise mit Fetten, Harzen und Farbpigmenten modifiziert. Die Ergebnisse der Untersuchungen werden mit schriftlichen Quellen der Zeit verglichen, die z.B. Aufschluss über verwendete Hölzer, Inhaltsstoffe und die Mischungsverhältnisse geben können. Die am Institut hergestellten Probekörper liefern weitere Erkenntnisse zur Produktion der Wachstafeln und helfen bei der Entwicklung von Untersuchungsprozessen für die geplante Serienuntersuchung an historischen Originalen
TabulaRasa wird vom Europäischen Forschungsrat (ERC) über die Förderlinie Consolidator Grant gefördert, die vielversprechende Wissenschaftler*innen unterstützt, deren eigene unabhängige Arbeitsgruppe sich in der Konsolidierungsphase befindet. Dabei handelt es sich um ein themenoffenes und kompetitives Ausschreibungsverfahren, bei dem die erfolgreichen Projekte von einem unabhängigen, wissenschaftlichen Gremium evaluiert werden. Projektleiter ist Michele Cammarosano von der Università di Napoli L‘Orientale, Abteilung für Asien, Afrika und den Mittelmeerraum. Die Projektlaufzeit beträgt fünf Jahre.