Vom Baum zum Brett - Experimental-archäologischer Workshop zur Holzgewinnung auf Gut Leidenhausen
Im Rahmen einer experimental-archäologischen Übung und auf Einladung der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Köln e.V. fällten Studierende der Studienrichtung Objekte aus Holz und Werkstoffen der Moderne eine Tanne, um anschließend Balken und Bretter aus dem frischen Holz zu gewinnen. Alle Arbeiten wurden per Hand und mit traditionellen Werkzeugen vergangener Jahrhunderte ausgeführt.
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Workshop zur Holzgewinnung mit alten Handwerkzeugen
Kategorie | Beschreibung |
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Projekt | Experimental-archäologisches Projekt zur Ausführung traditioneller Holzgewinnungstechniken |
Studienrichtung | Objekte aus Holz und Werkstoffen der Moderne (HOM) |
Beteiligte | Studierende des 1. und 3. Bachelorsemesters aus der Studienrichtung (HOM) |
Betreuung | Lisa Burkart M.A., Andreas Krupa, Dipl.-Rest. (FH) M.A. |
Partner*innen vor Ort | Dr. Joachim Bauer und Karin Merten, Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Köln e.V. Florian Engel, Amt für Landschaftsflächen und Grünpflege der Stadt Köln Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Köln e.V. |
Datum | 17.1.2022 bis 20.1.2022 |
Ort der Veranstaltung | Gut Leidenhausen, 51147 Köln |
Alle zwei Jahre macht sich eine Gruppe der Studienrichtung Objekte aus Holz und Werkstoffe der Moderne auf in den Wald, um zunächst einen Baum zu fällen, dessen Holz nach dem Entasten und dem Schneiden in kürzere Abschnitte zu Brettern und Balken weiter verarbeitet wird. All dies geschieht nach historisch-traditioneller Art mit großen und kleineren Handwerkzeugen.
Im folgenden werden ein paar Eindrücke des diesjährigen Workshops wiedergegeben, der mit freundlicher Unterstützung der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Köln e.V. und des Amts für Landschaftsflächen und Grünpflege der Stadt Köln auf Gut Leidenhausen hier in Köln stattfand.
Impressionen aus dem "Frischholzlabor"
Die Gruppe der Erst- und Drittsemester im Wintersemester 2021/22 des Bachelorstudiums posiert am Sägegestell. Das Sägegestell wurde im Vorfeld eigens für das Sägen mit der großen Rahmensäge gebaut. (Bild: TH Köln - CICS - Andreas Krupa)
Auf dem Sägegestell wird mit zwei unterschiedlichen Selbstbau-Rahmensägen und in unterschiedlichen Teams gesägt. Der aufgelegte Lärchenstamm wird in ein Mittelbrett und zwei Halbrundhölzer aufgetrennt. (Bild: TH Köln - CICS - Lisa Burkart)
Beim Sägen mit der großen Rahmensäge ziehen die sogenannten "upper dogs" das Sägeblatt zurück in die Ausgangsposition. Eine anstrengende Arbeit, die zusätzliche Anforderungen stellt, wenn zwei Personen unterschiedlicher Körpergröße ein Team bilden. (Bild: TH Köln - CICS - Lisa Burkart)
Auch die Forstwirte vom Kölner Grünflächenamt wollten das Sägen mit der großen Rahmensäge einmal ausprobieren. Während des Workshops ergaben sich interessante Gespräche mit den Forstwirten, die Holz eher aus der Perspektive eines Rohstoffes betrachten. (Bild: TH Köln - CICS - Andreas Krupa)
Das Balkenhauen beginnt mit dem Einschlagen von Kerben in die Flanke des Rundholzes, die eine Balkenseite werden soll. Die Studentin steht auf dem Stamm und schlägt mit der langstieligen Axt unter sich zwischen die leicht ausgestellten Beine. (Bild: TH Köln - CICS - Lisa Burkart)
Eine Studierende glättet mit dem Breitbeil schlagend die letzte Seite eines kleinen Balkens. Im Hintergrund am Ende des Balkens ist ein Abschnitt zu sehen, der noch die "Schwarte", also das Rundholz mit der Baumrinde zeigt. (Bild: TH Köln - CICS - Lisa Burkart)
Ziele der Übung
Holz ist der Werkstoff vieler historischer Möbel und Hausratgegenstände wie auch des Haus- und Schiffsbaus. Weitere Holzhandwerke sind z.B. die Drechselei, die Böttcherei/Küferei und viele mehr. Vor der Verwendung in den Holzhandwerken steht die Gewinnung des Rohstoffs und die Weiterverarbeitung zu Halbzeugen, wie z.B. Bohlen, Bretter, Balken und Kanthölzer. Alle diese Prozesse hinterlassen Spuren, die häufig noch am fertigen Konstruktionsbauteil nachweisbar sind. So findet man z.B. bei Möbelrückwänden häufig noch Sägespuren und in Dachwerkskonstruktionen die Spuren des Behauens von Balken.
Für die Studierenden ergeben sich beim Arbeiten mit den althergebrachten Werkzeugen enorme Lerneffekte. Mit dem Vortreiben eines Breitbeils beim Herstellen von Balken beispielsweise erzeugen Sie glatte Schnittflächen, die an der Messerschneide - also dem Ende des Schnitts - abreißen. Hier bleiben charakteristische Faserausrisse, die wiederum auf der Breite des Schnitts die Klingenform und -größe sowie die Schlagrichtung nachzeichnen. Sägeschnitte von Hand oder mithilfe einer Maschine hinterlassen ebenso typische Spuren, wobei hier sogar die Sägerichtungen und die Frische des eingeschlagenen Holzes nachvollziehbar sind. Das Wissen um die charakteristischen Spuren kann nun auf Beobachtungen an den Restaurierungsobjekten übertragen werden und erweitert auf diese Weise das "Instrumentarium" der Voruntersuchung der Konstruktionen.
Alle Teilnehmer*innen an den wiederkehrenden merken schon nach kurzer Zeit, dass die Holzgewinnung eine körperlich anstrengende Tätigkeit ist. Der Respekt vor den Leistungen der Handwerker*innen vergangener Jahrhunderte steigt. Darüber hinaus erfahren die Studierenden, dass mit den Handwerkzeugen trotz aller Limits sehr präzise gearbeitet werden kann. Die Rahmensäge läuft auch bei uns Ungeübten überraschend gerade durch den Stamm, wenn sie gerade aufgespannt ist und gleichmäßig bedient wird. Die experimentalen Erfahrungen reichen weiter bis hin zum sprichwörtlichen "Handwerkerstolz", einem Gefühl der Befriedigung mit der geleisteten Arbeit, in welches sich nicht selten auch das Wissen um kleine Schwächen des Ergebnisses mischt. Was ist möglich in dem jeweiligen Prozess und was nicht? Die Antwort auf diese Frage fließt erneut in die Beurteilung der Leistungen unserer Vorfahren ein.
Verlauf des Workshops
Noch am Montag, dem ersten Workshoptag, fiel der für uns vom Kölner Grünflächenamt zur Verfügung gestellte Baum: eine Tanne. Dabei wurde zunächst die Fallrichtung bestimmt und der Baum mit Sicherungsseilen in ebendiese Richtung abgespannt. Nun wurde der Stamm auf der Fallseite mithilfe einer Schrotsäge ca. ein Drittel eingesägt und anschließend mithilfe langstieliger Äxte der Schnitt zum Fallkerb erweitert. Der Stamm steht zu dieser Zeit sicher und stabil, da ja zwei Drittel der Querschnittsfläche des Stamms noch nicht durchtrennt sind. Der Baum kommt erst durch den zweiten Sägeschnitt, der etwas höher an der dem Fallkerb gegenüberliegenden Seite angesetzt wird, zu Fall.
Nach dem Entasten mit Äxten, Beilen und Gerteln wurde der Stamm in mehrere kürzere Abschnitte ("Blöcke") aufgetrennt. Das Werkzeug hierfür ist wieder die Schrotsäge, deren Zähne in beiden Richtungen schneiden und die daher von zwei Personen zu bedienen ist. Der ca. 50 cm dicke Erdstamm wurde für das Aufsägen längs der Faserrichtung zum Sägegestell transportiert, während die dünneren Blöcke für das Hauen von Balken weiterverwendet wurden.
Sägen mit der Klobsäge
Das Hieven des Erdstamms auf das Sägegestell übernahm aus Sicherheitsgründen ein Forstamtsmitarbeiter mit einem PS-starken Rückefahrzeug. Unsere vorherigen Versuche den nur etwa 150 cm langen, aber durch und durch nassen Erdstamm mit vier Personen und der Hilfe von Schlaufen anzuheben, schlugen fehl!
Nun wurden mehrere Sägeschnitte auf beiden Enden des Stamms mit dem Lot abgependelt und markiert, und anschließend die korrespondierenden Markierungen mithilfe einer Schlagschnur verbunden. Zum Sägen benutzte die Gruppe zwei selbst gebaute Rahmensägen. Die Rahmen wurden in den Dimensionen auf ein älteres, gebrauchtes und ein noch neues Gattersägeblatt abgestimmt. Die Sägeblätter haben Reißzähne, d.h. die Sägezähne arbeiten nur in eine Richtung. Zusätzlich musste die Zahngeometrie an das Arbeiten ohne Maschinenkraft angepasst werden: die Schneiden der Zähne wurden in einen Winkel von ca. 90° zur Sägelinie gesetzt und die Schränkung erhöht.
Nach dem Spannen des Sägeblatts konnte die Arbeit beginnen. Es zeigte sich, dass für ein zügiges Arbeiten die größere der beiden Rahmensägen mit dem neueren Blatt genommen werden musste und dass sowohl oben auf dem Sägegestell, als auch unten besser zwei Personen die kraftraubende Arbeit verrichten. Die Säger auf dem Gestell ("top sawyer" oder "topdog") ziehen die Säge lediglich zurück, während die unten stehenden ("bottom sawyer" oder "underdog"!) beim Ziehen der Säge den Schnitt vollziehen.
Hauen von Balken
Beim Hauen von Balken muss zunächst der Balkenquerschnitt mit den oben bereits genannten Hilfsmitteln auf beiden Seiten des Rundholzes angezeichnet werden. Dabei ist es wichtig auf die Rechtwinkligkeit des markierten Rechtecks zu achten. Auch hier werden die korrespondierenden Bezugspunkte mit der Schlagschnur verbunden und so die Ebene der Balkenflanke auf der Stammoberfläche markiert.
Nun werden in einem Abstand von etwa 50 cm Kerben in die noch runde Flanke des Holzes geschlagen. Die Handwerker*in steht dabei breitbeinig auf der oberen Seite des Rundholzes und peilt über die Markierung der Balkenseite senkrecht nach unten. Durch kräftige Axthiebe werden die Kerben zwischen den Füßen soweit ausgehoben, dass sich beim Peilen über die Balkenkante eine gerade Tallinie in der Kerbe zeigt. Das Kerbenschlagen muss rechtzeitig beendet werden, da zu tiefe Schnitte auf dem fertigen Balken sichtbar bleiben.
Sind alle Kerben geschlagen, dann wird die "Schwarte" - also der überflüssige Teil des Rundholzes, der die Balkenseite bedeckt - mit einer Axt oder dem Breitbeil der Faser entlang von Kerbe zu Kerbe weggehauen. Die Schläge hinterlassen eine unregelmäßige, faserige Oberfläche, die anschließend mit dem Breitbeil noch geglättet werden muss. Dabei geht es beim Glätten nicht nur um das ebenmäßige Erscheinungsbild des Balkens, sondern auch um eine glatte Schnittfäche, an der beispielsweise Regenwasser ablaufen kann (Verwendung beim Hausbau) und an der sich nur möglichst geringe Schmutzablagerungen absetzen.
Die geschilderte Vorgehensweise wir an allen vier Seiten wiederholt und somit entsteht ein Balken. Während des Workshops zeigte sich, dass die einzelnen Tätigkeiten nach mehreren Versuchen immer besser gelangen. Die Lernkurve war steil!
Fazit und Danksagung
Die Resonanz auf den Workshop seitens der Teilnehmer*innen war auch dieses Mal wieder sehr positiv. Mitten in der gedämpften Corona-Stimmung haben die Studierenden und Lehrenden die frische Luft, die Gruppenaktivität und die Arbeitserfolge sehr genossen. Und ganz wichtig: Alle Sicherheitskonzepte haben funktioniert, sodass es keine Verletzungen gab!
Auf Gut Leidenhausen hatten wir eine phantastische Unterstützung. Unser Dank gilt Dr. Joachim Bauer und Karin Merten von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V., die uns über die vier Tage mit wertvoller, organisatorischer Hilfe begleiteten. Dr. Bauer stand uns in Personalunion auch für das Amt für Landschaftsflächen und Grünpflege der Stadt Köln zu Seite. Ein herzlicher Dank geht auch an das Forstamt auf dem Gut. Forstwirt Florian Engel und seine Kollegen haben uns auf die Finger geschaut, wenn es Lücken in den Überlegungen zur Sicherheit unsererseits gab. Das Forstamtteam hat darüber hinaus die Fällstelle vorbereitet und mit velen Hilfestellungen während des Workshops zu dessen Erfolg beigetragen.
Wir freuen uns sehr, wenn wir in Zukunft den Workshop noch einmal auf Gut Leidenhausen wiederholen können!