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Prof. Dr. Regina Urbanek

Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft (CICS)

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Theresa Neuhoff

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Neue Erkenntnisse zur romanischen Bildertür von St. Maria im Kapitol

Das internationale und interdisziplinäre Forschungskolloquium fand zwischen dem 21.10. und dem 23.10.2021 am Cologne Institute of Conservation Sciences in der Kölner Südstadt statt. Es hatten sich 170 Personen europaweit und aus den USA für eine virtuelle Teilnahme registriert, etwa 20 Teilnehmer*innen nahmen gemeinsam mit den Referent*innen in Präsenz teil.

Einführung

Prof. Dr. Klaus Becker, Vizepräsident der Technische Hochschule Köln für Forschung und Transfer, sprach das erste Grußwort. Er reflektierte über die Unterschiede von Inter- und Transdisziplinarität und die besondere Notwendigkeit der Vernetzung der Disziplinen für die Forschung. Der Pfarrer der Gemeinde St. Maria im Kapitol, Matthias Schnegg, drückte seine Freude und Hochachtung über das Engagement für die intensive Erforschung der Kapitolstüren aus. Den Fokus seiner Betrachtungen legte er auf die Bedeutung eines reflektierten Geschichtsbewusstseins für die Menschen jeder Generation.

Auf einen Blick

Kategorie Beschreibung
Forschungsprojekt Neue Erkenntnisse zur romanischen Bildertür von St. Maria im Kapitol 
Leitung Prof. Dr. Regina Urbanek 
Fakultät Fakultät für Kulturwissenschaften 
Institut CICS - Cologne Institute of Conservation Sciences
Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft 
Beteiligte Theresa Neuhoff MA, Sarah Grimberg MA 
Fördermittelgeber Tagungsförderung durch die Fritz-Thyssen-Stiftung 
Laufzeit offen 

Jüngste Forschung und Objektgeschichte

Der erste, etwas kürzere Vortrag, sollte allen Teilnehmer*innen einen Einstieg in die Thematik erleichtern und die Präsentation der jüngsten Forschungsergebnisse vorbereiten. Dazu stellte Regina Urbanek wesentliche historische Grunddaten zum Bau des ehemaligen Damenstiftes im 11. Jahrhundert vor und gab einen kurzen Überblick über die jüngere Objekt- und Forschungsgeschichte mit ihren kontroversen Positionen.

Theresa Neuhoff ging in ihrem Vortrag einerseits auf die Objektgeschichte während des Zweiten Weltkrieges ein. Durch ihre aufwendigen Recherchen konnte der Verbleib an den unterschiedlichsten Orten in dieser Zeitspanne geklärt werden. Andererseits präsentierte sie den Stand ihrer Erforschung zu den Umständen der Entstehung einer Dokumentation der Farbfassung durch Agnes Schulz im Jahr 1944 im Kloster Marienstatt.

Die Ergebnisse der umfassenden kunsttechnologischen Untersuchung insbesondere der beiden romanischen Farbfassungen hatten den Anstoß für das Kolloquium gegeben. Regina Urbanek präsentierte umfänglich die neuen technologischen und farblichen Aspekte. Sie endete mit der These, die beiden Farbversionen sowie eine Umbauphase wären nicht wie bislang postuliert in einem Zeitabstand von 16 Jahren ausgeführt worden. Vielmehr müsse bei der Zweitfassung auch auf aufgrund der vielfältigen Parallelen zur zeitgenössischen Skulpturenfassung von einer Entstehung in der Mitte des 12. Jahrhunderts ausgegangen werden. Elisabeth Jägers gab einen Überblick über die verwendeten Farb- und Bindemittel. Ein Fokus lag auf den neuen Funden, deren Nachweise und die Bedeutung für den Stand der kunsttechnologischen Forschung der behandelten Zeit.

Schwerpunkt „Farbe“

Die Sektion des Nachmittags stand unter dem Themenschwerpunkt „Farbe“. Harald Wolter-von dem Knesebeck beschäftigte sich insbesondere mit dem Vergleich der Zweitfassung mit der Buchmalerei des späten 11. Und 12. Jahrhunderts, um die vorgestellte Späterdatierung zu prüfen und zu diskutieren. Tatsächlich konnten Parallelen im Kolorit mit der Buchmalerei des 12. Jahrhunderts beobachtet werden. Er resümierte, dass ein Epochenwechsel zwischen den beiden Fassungen unverkennbar, die neu vorgeschlagene Datierung überzeugend wäre.

Susanne Wittekind fragte in ihrem Beitrag nach der Wirkung und der Aussage der entstehungszeitlichen Farbfassung im Kontext der komplexen räumlichen Staffelung der aufgebrachten Zierelemente. Sie verglich die räumliche Gliederung mit jener der Türen in Rom und Hildesheim und beschrieb die über die vordere Bildebene ragenden Füße und Schemel sowie die scheinbar aus dem Bild herauskippenden Liegenden der Reliefs als besonderes Merkmal dieser plastischen Ausgestaltung.

Entsprechend des Vortragstitels hinterfragte Doris Oltrogge das Vorgehen, die Bewertung der Qualität einer Farbfassung fast gänzlich auf materielle Argumente zu reduzieren. In der Forschung war bisher die Erstfassung gegenüber der Zweitfassung stark abgewertet worden. Zentrales Argument war die Verwendung von billigen Farbmitteln, während das Lapislazuli der Zweitfassung zu den teuersten Pigmenten zählte. Anhand von Quellenschriften und Beispielen der Buchmalerei entwickelte Oltrogge die Vielschichtigkeit der Denkweisen, welche der Bewertung von Farbe und Fassung in der jeweiligen Zeitstufe zugrunde liegen. Hier entschied weniger der Material- bzw. Marktwert als vielmehr die Gegenüberstellung von „reinen“ Farben und Farbmischungen, das zur Herstellung benötigten handwerklichen Können u.v.m.

Schwerpunkt „Stil“

Das Thema des Freitagvormittags war der „Stil“. Manuela Beer eröffnete mit Überlegungen, wie und ob die skulpturalen Elemente der Reliefs innerhalb der Kölner Skulpturenproduktion des 11. Jahrhunderts verortet werden könnten. Im Vergleich mit dem erhaltenen marginalen Bestand, der zwar in den Raum Köln lokalisiert wird, in sich jedoch sehr heterogen ist, lässt sich kein ein eindeutiger Werkzusammenhang feststellen. Auch eine Präzisierung der Entstehungszeit ist aufgrund der gleichen Problematik nicht möglich.

Ursula Prinz widmete sich den Ornamenten der durchbrochen geschnitzten Flechtwerkbretter, ein Themengebiet, das bisher noch nicht behandelt worden war. Sie lieferte erstmals eine vollständige Analyse der Ornamenttypen und konnte deutliche insulare Einflüsse belegen sowie die Übernahme von Motiven aus der karolingischen Buchmalerei.

Schwerpunkt „Ikonologie und Bau“

n der zweiten Sektion mit dem Schwerpunkt „Ikonologie und Bau“, stellte Ulrich Knapp anhand umfangreichen Archivmaterials den heutigen Kenntnisstand zur Baugeschichte von St. Maria im Kapitol im 11. Jahrhundert und zum Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg vor. Seine Forschung bestätigte den Eingang der Nordkonche als geplanten Aufstellungsort der Tür. Ob diese Positionierung bereits von Beginn an vorgesehen war muss offenbleiben, da der Trikonchos erst nach einer Planänderung infolge eines Absackens der Bodenplatte im Ostteil erbaut wurde.

Klaus Gereon Beuckers legte die Datierung der Reliefs im Sinn eines terminus ante dar. Er verwies, wie bereits in früheren Forschungen, auf die zahlreichen Szenen mit der Darstellung des Herodes. Alle verweisen auf ihn als den weltlichen, negativ zu bewertenden Herrscher gegenüber dem, anhand der Passion Christi dargestellten Herrscherideal. Seiner Ansicht nach nehmen diese Darstellungen Bezug auf die extremen Spannungen zwischen Kaisertum und Kirche, die jedoch 1049 beigelegt wurden und dessen Thematisierung deshalb obsolet wurde.

Tina Bawden beleuchtete anhand vieler, meist angelsächsischer romanischer Türen die Funktion und Aussage der Beschläge im Hinblick auf die Schwellenfunktion.

Schwerpunkt „Kölner Kontext“

Die dritte Sektion des Freitags beschäftigte sich mit dem Kölner Kontext. Joachim Oepen stellte nicht nur die Erzbischöfe und die rheinische Kulturlandschaft des 12. Jahrhunderts vor, er widmete sich darüber hinaus der Kölner Bürgerschaft als mögliche Stifter. Sein Beitrag endete mit der Frage der Eingänge und der Nutzung der Kirche durch Klerus und Bürgerschaft.

Johanna Beutner behandelte in ihrem Vortrag die Frage, inwiefern es sich bei St. Maria im Kapitol im Vergleich mit anderen städtischen Frauenkonventen um einen Sonderfall handelte. Tatsächlich konnte sie als Besonderheit unter anderem den Status eines bischöflichen Eigenklosters und die ungewöhnliche Architektur des Trikonchos herausarbeiten. Die Stellung des Stifts innerhalb der liturgischen Topografie der Stadt ist darüber hinaus als einzigartig zu bezeichnen.

Schwerpunkt „European Context“

Die Sektion „European Context“ am Samstagmorgen wurde durch drei Fachkolleginnen aus dem Ausland bestritten. Katherine Werwie stellte ihren Ausführungen die textliche Überlieferung zur Tür des salomonischen Tempels voran, bevor sie auf das theologische Verständnis der Tür im frühen Christentum einging. Ausgehend von den Türen von Santa Sabina in Rom stellte sie detaillierte Vergleiche mit den Türen in Split, Carsoli und Le Puy an und arbeitete so die Stellung der Kapitolstür im europäischen Kontext heraus.

Zana Matulic Bilac stellte ihre umfangreichen Erkenntnisse zur Konstruktion der Türe von Split, geschaffen durch den Bildhauer und Maler Andrija Buvina vor, welche sie im Rahmen der Konservierung und Restaurierung der Türe gewinnen konnte.

Kaja Kollandsrud widmete sich in ihrem Beitrag der Frage, welche Wirkästhetik mittelalterlicher Kunstwerken die Künstler anstrebten. Dieser Studie legte sie sowohl schriftliche Quellen zugrunde als auch rekonstruierte Situationen von Skulpturen, Tafelmalerei und Retabel. Dazu betrachtete sie die Werke und ihre Wirkung u.a. mit wechselnden Lichtbedingungen an ihrem ursprünglichen Standort.

Ausblick

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die vorgeschlagene Neudatierung der Zweitfassung in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts allgemeine Zustimmung fand. Die epigrafische Analyse der Tituli durch Helga Giersiepen wird noch erfolgen.

Im Anschluss an die letzte Sektion fand eine Exkursion nach St. Maria im Kapitol mit fast allen Referent*innen statt. Das Werk selbst konnte aus nächster Nähe in Augenschein genommen und die Thesen der Tagung unmittelbar vor dem Objekt aufgegriffen und diskutiert werden. Abschließend wurde die geplante Publikation der Tagung thematisiert und ein erster Zeitplan verabredet.

Alle Beiträge der Tagung werden in einem Tagungsband publiziert. Über die Aufsätze hinaus wird ein Katalogteil zur Bildertür erstellt, in dem alle technologischen Befunde detailliert dargestellt sind. Es besteht die Absicht, eine englische Übersetzung aller Beiträge zu publizieren, damit auch internationalen Fachkolleg*innen der Zugang zu den Befunden erleichtert wird.

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